14.10.23

Es gab Streit in meinem Haus, ich war darauf nicht vorbereitet. Im Moment sind wir eigentlich ständig sehr harmonisch, also alle, mit den altersangemessenen Aussetzern eines 14Jährigen. Wir halten das aus, wir halten durch.

Den ersten Streit hatte ich mit meiner Mutter, wobei das zuviel gesagt ist, es gab nämlich gar nichts, aber jetzt ist sie beleidigt. Eine Sache, die ich sehr betrauere, ist, dass mein Kind immer mit uns alleine konfrontiert sein wird, das arme Kind, ich hoffe, er hat später einen guten Job und einen guten Psychiater, den er an der Kasse vorbei bezahlen kann, die Schlangen werden lang sein, wenn die Generation Pandemie-und-Krieg erst mal selbständig ist. Jedenfalls hatte meine Mutter eine neue Grablaterne bestellt, dann schrieb sie mir: „Die Laterne ist da, aber sie ist zu schwer für Frauen“, erwischte mich dabei auf dem falschen Fuß, ich wies sie darauf hin, dass sie ja auch einen Mann fragen könne, meinen zum Beispiel, aber so läuft das ja nicht, so war es immer, dann wird so lange gejammert und gemotzt, bis ich sage (oder setzen Sie hier irgendeine der drei Töchter ein): „Soll ich meinen Mann fragen?“, der Tanz geht dann so weiter, dass ein halbstündiger Monolog zum Thema „Altsein ist so schlimm, ich falle allen zur Last“ kommt, dann fragt irgendjemand einen Mann, und meine Mutter kann die Geschichte „Ich musste ja nie jemanden um Hilfe bitten“ weiter aufrecht halten. Wir spielen das alle mit, ich war aber etwas gereizt und sagte dreimal lieb „du kannst ja meinen Mann mal fragen“, jetzt ist sie beleidigt. Da wir zu dritt sind, ist auch das natürlich alles gut eingespielt, Schwester 1 hat schon mit ihr geschimpft, als sie sich beschwerte, dann wird demnächst Schwester 2 mit ihr schimpfen, und dann wird alles sein, als wäre das nie passiert. Die eine Schwester fährt die Laterne jetzt zum Friedhof, aus freien Stücken ohne Fragen, so geht das Spiel nämlich richtig. Ich halte mich so lange in der Deckung, ich gebe meiner Mutter derzeit Marscherleichterung, ich denke, sie hat es momentan nicht leicht. Wir sprechen nicht darüber, wie seit 47 Jahren, mit sehr wenigen Ausnahmen, aber ich kann mir vorstellen, was der neue Krieg in ihr bewegt, in dem Land, das erschaffen wurde, damit niemand sich jemals mehr in einem Kohlenkeller verstecken muss, wie sie 42 bis 45. Ich möchte übrigens noch anmerken, dass ich momentan an allen Ecken Menschen hören, die sich beschweren, dass andere Menschen nichts zu dem Angriff sagen, wo sie doch sonst zu allem was zu sagen haben. Ich denke, es ist ja alles klar, für mich muss da niemand was sagen, der nicht übergeordnet qualifiziert ist. Man darf auch mal nichts sagen.

Der zweite Streit ist etwa 45 Minuten her. Wir haben den Herbst eingeleitet, ich habe ein Sonntagsessen gekocht, mit Knödeln, 12 Knödel für 3 Leute, ich hätte gerne zwei gegessen. Herr H und der Teenager haben sich dann komplett zerstritten, weil Herr H die 10 weiteren Knödel gerne hälftig aufgeteilt hätte, der Teenager träumte von einer 7:3 Verteilung, naja, trat von einem weiteren Knödel zurück, wir einigten uns darauf, dass wir nächstes Mal 750g Rotkohl als Sättigungsbeilage dazumachen, den hatte ich nämlich vergessen zu kaufen, und jetzt fühle ich mich für der Herbst bestens vorbereitet, essenstechnisch.

2 Gedanken zu „14.10.23“

  1. Ich habe da ganz klar meine Mutter vor Augen bzw. im Ohr, es ist nicht leicht. Für keinen von uns. Und ich bin Einzelkind, vereine also sozusagen die drei Töchter in mir. Puh.

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