12.01.2024

Es zieht sich doch mehr, als es mir recht ist. Ich hatte ja ursprünglich geplant, dass ich etwa Mittwoch wieder genesen bin, das fand dann leider nicht statt, dann hatte ich den gleichen Plan für Donnerstag, das fand dann leider auch nicht statt, und dann war für heute eigentlich Komplettgenesung geplant, und guess what, fand auch nicht statt. Um 9 ging ich an den Schreibtisch, ich hatte wirklich sehr dringende Dinge zu besprechen, die ich dann gegen 12 Uhr besprochen hatte, dann ging ich duschen, legte mich aufs Sofa und seitdem liege ich dort und fahre Karussel, alles dreht sich, ständig, aber ich habe recherchiert, es ist das Innenohr, ich bin zudem wahnsinnig verschleimt und da löst sich heute viel, ich fahre jetzt also noch ein Ründchen weiter und morgen, ach egal. Wir halten fest: Grippe dauert, kann man leider nix machen, Grippeschutzimpfung hilft, Herr H springt weiterhin wie ein junges Fohlen um die Krankenstation rum, und wenn man älter ist, dauert Grippe vielleicht noch länger, Jonathan liegt ja erst seit Sonntag im Bett, fragte aber eben erstmals, was es heute zu essen gibt (nichts, außer dem, was es seit einer Woche gibt, Gemüsesuppe und Möhrengemüse, meiner Mutter sei Dank), der ist also bald übern Berg, ich brauche eventuell noch das Wochenende. Wenn ich es allerdings auch morgen oder übermorgen nicht schaffe, mal strukturiert ein paar Stunden zu arbeiten, habe ich dann anschließend erstmals seit Beginn meiner Selbständigkeit 2019 eine Deadline erst verschoben und dann gerissen, aber das ist völlig unkritisch, die 10 Rezipient:innen haben alle bereits mehrmals geschrieben, ich solle mich erst gut auskurieren. Brennt also nix an, langweilig ist mir trotzdem.

Zum Glück ist ja Handball EM, und zum ersten Spiel des heutigen Tages ließ ich mich wecken, Island gegen Serbien. An Island finde ich alles toll, es gibt bestimmt auch keine Allgemeine Sprachwissenschaftlerin auf der Welt, die Island nicht toll findet, Isländisch hat nämlich Quirky Case. Das ist lustig, und sogar für Menschen, die kasusmarkierende Sprachen sprechen wie Deutsch, kaum zu begreifen. Wie im Deutschen gibt es vier Fälle, allerdings mit viel mehr Endungen, zum Beispiel werden drei Genera in Singular und Plural unterschiedlich markiert. Ich wüsste gerne, wie Island sich der Genderfrage widmet, da ist die Aufgabe nämlich eine deutlich komplexere als bei uns, und auch hier sind ja bereits ganze Parteien gegründet worden, nur um den „Genderwahnsinn“ zu stoppen. Zusätzlich kompliziert wird es, wenn es Verben gibt, die Subjekte selegieren, die nicht im Nominativ stehen, das ist für so einen deutschen Kopf kaum zu fassen. Nahezu quirky. Wenn die Sätze dann noch im Passiv stehen, bin ich komplett raus, viel zu kompliziert, das kann sich keiner mehr merken. Recht früh im Linguistik-Studium hatte ich verstanden, dass ich nicht Chinesisch und nicht Isländisch lernen werde, ich sehe da keine Chance.

Elegante Überleitung zu meinem ewigen Hassverein, seit mehr als 20 Jahren verachte ich den Verein Deutsche Sprache, früher hieß es noch Verein zum Erhalt der Deutschen Sprache, aber eventuell wollte man ein bisschen weniger reaktionär wirken. Ich beschäftige mich aus guten Gründen nie mit dem Verein, es gibt meines Erachtens keinen Grund, aber an der ein oder anderen Stelle haben Sie in der Vergangenheit miterleben dürfen, wie ich reagiere, wenn mir jemand mit einem Argument kommt, das „der VDS sagt aber“ lautet, dann werde ich meist sehr schnell sehr böse. Lustigerweise habe ich eben mal geguckt, was Wikipedia inzwischen zum VDS sagt, aber lesen Sie selbst, hier kommen viele Linguist:innen zu Word, die eine relativ homogene Botschaft haben: Irrelevant, nationalistisch. Und in der Natur ihrer Selbstdefinition so weit von der Sprachwissenschaft weg, wie man nur sein kann. Linguist:innen lernen bereits im ersten Semester (wenn’s gut läuft), dass niemals die Aufgabe ist, etwas schön oder nicht schön zu finden, sondern Systeme zu erkennen und beschreiben. Ersteres ist die Aufgabe pensionierter Deutschlehrer – richtig gegendert.

Gut, wir wussten das also schon immer, jetzt wissen Sie es auch, ist doch schön. Dass Vorstandsmitglied Silke Schröder (natürlich Immobilienmaklerin, nicht Sprachwissenschaftlerin) zufällig auch auf dem Deportations-Meeting mit Martin Sellner war, nahm der Verein zur Kenntnis und distanzierte sich davon, etwa so folgenschwer, wie ich mich jetzt von meiner Grippe distanzieren möchte:

Wie gesagt, finde ich alles nur folgerichtig, erstaunt mich nicht, ich möchte Sie nur darum bitten, für die nächsten 20 Jahr Blog zu beherzigen, dass ich niemals mit Gegenargumenten vom VDS konfrontiert werden möchte. Aber es ist ja so: Wenn Sie diesen Text hier lesen, hätten Sie das ja auch nicht gemacht. Dafür Danke.

5 Gedanken zu „12.01.2024“

  1. Ich zitiere sie nur ungern, aber Frau Schröder selbst distanziert sich von gar nichts, sondern gibt die Schuld mal wieder der bösen „Lügenpresse“, das kennt man ja als Standard in rechtsdebilen Kreisen, und schreibt auf Linkedin: „Aus Gründen: Der deutsche Mainstreamjournalismus offenbart immer wieder neue Untiefen seines ohnehin bescheidenen Niveaus. Linksextreme Schreiberlinge schreiben mit staatlicher Förderung hirnlosen Quatsch voneinander ab. Vielleicht ist es Zeit für #Remigration von sogenannten Journalisten an Ausbildungsstätten, die ihnen ideologiebefreit die Grundlagen ihres Handwerks beibringen.“ Und sie meint damit die ZEIT. Man darf gespannt sein, ob sie weiter Vorstandsmitglied im VDS bleibt, aber irgendwie ist das ja auch schon wurscht und macht den Verein nicht besser oder schlechter als er ist.

    • Dieser tweet klingt als ob er von einem Bot geschrieben wurde. Kennen sie Goblin, das Tool? Da kann man auch Texte reinschreiben und sie sich höflicher, freundlicher, böser etc umschreiben lassen. So ungefähr stelle ich mir das vor, nur das die Option „rechtsextrem“ wäre.

  2. Ja, das hatte ich auch gesehen, aber es ist ja so lächerlich, dass mir da die Worte fehlen. Deportation von Leitmediumsjournalisten, auch eine interessante Idee. Ich denke, allein die Tatsache, dass der VDS sie nicht 5 Minuten nach dem Tweet öffentlichkeitswirksam rausgeworfen hat, spricht Bände, das kann man nämlich mit gar nichts mehr schönreden.

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