23.11.2023

Frau N bat mich soeben am Telefon, ja, wir telefonierten, für alle Beteiligten eine Zumutung, so wird sie es später sicherlich darstellen, dass ich ihr eine Sprachnachricht mit meiner niederländischen Lieblingsweisheit schicke, nämlich „Nee heb je, ja kun je krijgen“, ein wichtiger Satz, der gut dabei helfen kann, mal was zu tun, statt nix zu tun. „Nein“ hat man ja schon, „Ja“ kann man noch kriegen, also lohnt es sich üblicherweise, noch mal was zu versuchen, ich schweife ab. Jedenfalls bin ich in der letzten Woche ein völlig neuer Mensch geworden, und das, obwohl ich Veränderung grundsätzlich nicht schätze.

Auslöser ist eine gewisse Politik- und Weltverdrossenheit, Ukraine, Israel, Ampel, alles schlimm, möchte ich alles nicht mehr sehen, also nahm ich etwas mehr Abstand von medialer Berichterstattung, und damit brachen etwa 90% meines Tagesschemas weg. Und da ich im Moment meine Arbeit sehr gut im Griff habe, so etwa, dass ich nie gestresst und nie verzweifelt bin, räumte ich die letzten Dinge in der Wohnung in den Pausen von A nach B, so lange, bis ich alles schön und praktisch zugleich fand, und dann war mir langweilig. Ich habe sogar schon die neue Krippe aufgebaut, uns fehlte eine Krippe, die nicht hässlich und kitschig ist, sondern in mein eigentlich dekofreies Konzept gut passt und dennoch weihnachtlich aussieht, und dann fanden Herr H. und ich eine, die uns beiden so gut gefiel, dass wir sie kauften, dann packte ich alles aus, und jetzt ist der 23. November und ich habe schon eine Krippe im Wohnzimmer, wie so ein Weihnachts-Overachiever. Zwei Kerzen der Deko drumrum dürfen schon angemacht werden, die restlichen werden aufgespart bis zur Adventszeit, daher gibt es heute nur ein sehr trauriges Foto.

Ah, aus einem mir nicht erklärlichen Grund kann ich jetzt kein Bild einbinden, ich werde es also auf irgendeinem anderen Medium hochladen, 2023, das Jahr der unbegrenzten Möglichkeiten. Dann halt so.

Ich finde es erstaunlich, wie ich funktioniere, je blöder die Gesamtlage da draußen, desto schöner mache ich es mir zuhause. Im Prinzip gut nachvollziehbar, und ich hoffe, dass jede*r eine Art findet, es sich schön zu machen. Für uns funktioniert das gut, wir gucken Handball, ich gucke neuerdings Fernsehshows mit Joko und Klaas und finde die lustig, das hätte ich auch nie erwartet, aber gut. Ich hoffe nur, dass es draußen nicht noch weiter bergab geht, sonst habe ich bald so lustige nackte Wichtel im Garten und gucke Mario Barth. Das darf nicht passieren, auch hier hat die Politik eine gewisse Verantwortung.

3 Gedanken zu „23.11.2023“

  1. Ja, diese Reaktion beobachte ich an mir auch: Das da draußen kann man nicht beeinflussen, also konzentriert man sich auf das eigene Umfeld, weil man dort die Dinge unter Kontrolle hat. Eine Art seelischer Schutzmechanismus. Im DDR-Kontext läuft das unter dem Stichwort „Nischengesellschaft“.

  2. oh, Frau Herzbruch, Sie haben sich die Krippe, um die ich seit ca vier Jahren drumrum schleiche, gegönnt, wie schön! Mir wird das Herz sehr warm, wenn ich sie sehe, Muss bei meinen Kirchgängen auch immer an Sie denken, wg. Weinzwang. Neulich sangen wir den St Nicolas von Britten mit so richtig lauten englischen Chorälen mit Gemeinde und pompöser Orgel, zack, geweint. Im Konzert bissi unpraktisch, ging dann aber auch wieder.
    Ich wünsche Ihnen eine friedliche Adventszeit und viele Geschenke zu Weihnachten, nicht nur vom Kater.

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