05.10.2023

Ich hätte ja gedacht, ich fiele in ein tiefes Loch, ist aber nicht so. Das letzte Möbelstück des Complete Wohnungs-Makeover ist geliefert und aufgebaut. Ziemlich genau zwei Jahre hat es gedauert, um die gesamte Einrichtung auf einen finalen Stand zu bringen. Jetzt muss ich die nächsten 30 Jahre nur noch wohnen, und ich habe das noch nie probiert, ich habe immer irgendwas in progress gehabt, aber jetzt gibt es keinen Progress mehr, nun ist alles final. Ein komisches Gefühl.

In unserem alten Haus waren die Nachbarn 94 und 97 Jahre alt, damals noch sehr fit, sie lebten noch in ihrem Haus alleine, und eine Frage, die ich gerne gestellt hätte, war: Gehen Sie noch zum Schlussverkauf? Oder ist man irgendwann der Meinung, man braucht jetzt keinen Pulli mehr, sind ja genug da? Sie trugen übrigens Anzug und Kostüm zuhause, mit Bügelstärke. Ich habe jetzt ungemerkt die gleiche Situation hergestellt und alles gekauft, was ich gerne hätte. Nur, dass ich 47 bin, das ist ja nun anders als 97.

Andererseits ist es auch sehr schön, denn einerseits muss ich jetzt zumindest für „Wohnen – Innen“ über nichts mehr nachdenken. Ich habe alle Möbel, auch in einer Qualität, dass ich die in 30 Jahren auch noch habe. Ich habe alle Töpfe, ich habe Bettwäsche, Geschirr, ja gut, ich habe auch Mann und Kind, also Geschirr wird man noch mal nachkaufen müssen, seit der Konfirmation und der Beerdigung meines Vaters habe ich auch 40 mal gutes Kaffeegeschirr und 40 Sektgläser, Bier trinkt hier niemand, vielleicht mal Feldschlösschen aus der Flasche oder Flens, Wein- und Sektgläser habe ich auch in schön, dann nur je sechs, aber das reicht, und ich habe ja die tollen Platinrandgläser aus dem Hochzeitsfundus meiner Eltern geerbt, allerdings nutze ich die nur zu Silvester mit Frau N, weil ich nicht möchte, dass sie jemals kaputt gehen. Die Waschmaschine habe ich auch erneuert und ein Modell gewählt, das hoffentlich wie bei meinen Eltern 30 Jahre hält, ähnlich habe ich das Auto ausgewählt.

Frau N war neulich ganz besorgt, ich hätte doch viel Spaß am Kaufen (true), was ich denn jetzt machen würde. Eigentlich ganz einfach: Man kann noch immer schöne Handseife kaufen, und Sekt, sowieso Essen und Getränke, Socken gehen hin und wieder kaputt, Gewürze kaufe ich mit großer Freude, da wir sie aber auch benutzen, kann ich das Hobby weiterverfolgen. Für die Möbel habe ich in den letzten beiden Jahren eine wirklich sehr große Summe ausgegeben, deutlich mehr als für das Auto. Da ich ja jetzt nie mehr etwas ausgeben muss und meine bisherige Altersvorsorge aus 354 Euro Rente plus abgeschmiertem Aktienportfolio besteht, werde ich jetzt einfach mal sparen. Daher habe ich mir selber folgende Herausforderung gestellt, ich spreche ja hervorragend auf Herausforderungen an.

Ich möchte jetzt ein Jahr gar nichts mehr kaufen. Also nichts außer Verbrauchsgegenständen. Ich habe den gesamten Tag darüber nachgedacht, ob es noch irgendetwas gibt, was ich vielleicht gerne noch hätte, dann könnte ich das noch schnell entscheiden, wie gerne ich das wirklich besitzen würde, um dann die Herausforderung anschließend anzunehmen. Mir ist nichts eingefallen. Mir ist vollkommen klar, was für eine priviligierte Situation das ist, aber irgendwie ist es ja auch ein bisschen creepy, ein Mensch ohne materiellen Wünsche zu sein. Das ist eigentlich gar nicht mein Naturell, aber naja, ich hab halt alles schon da, und zwar in so schön, wie ich es will (stimmt nicht, ich habe eine Panton Flower Pot Tischlampe als Fake gekauft, aber die bleibt jetzt, und bei irgendeinem Umzug ist der originale Lampenschirm der 70er-Panton Lampe meiner Eltern die Treppe runtergefallen und zerbrochen, den habe ich dann in Plastik nachgekauft, wenn ich den irgendwo noch mal finden würde, in orange, Glas, innen Perlmutt, würde ich ihn kaufen. Da die Wahrscheinlichkeit, genau den zu finden, ja sehr klein ist, müsste ich mir an der Stelle Marscherleichterung erteilen. Würde ich den morgen finden, würde ich zuschlagen. Ansonsten werde ich jetzt ein Jahr lang nichts (für mich oder diesen Haushalt) kaufen, was nicht ersetzt werden muss. Ich bin sehr gespannt.

2 Gedanken zu „05.10.2023“

  1. Es geht mir tatsächlich ähnlich: Ich horche seit einem Monat in mich hinein, was ich mir noch nachträglich selbst zum Geburtstag schenken könnte – und ich höre: nichts!
    Okay, neue Wandfarbe ins Home Office vielleicht, aber das fällt unter Maintenance.

  2. Ich hatte mir mal vorgenommen, ein Jahr lang keine Kleidung zu kaufen. Das hat so gut geklappt, dass mir erst ein paar Monate nach Ablauf des Jahres auffiel, dass ich ja eigentlich wieder könnte. Man kann sich das tatsächlich abtrainieren.

Kommentare sind geschlossen.

Consent Management Platform von Real Cookie Banner