14.06.2022

Alles sehr anstrengend. Meine Tage sind derzeit so, dass ich einen Teil meiner Aufmerksamkeit dem Allerschrecklichsten widmen muss, und einen anderen Teil dem Allerbesten, und das macht mich in Summe absolut wahnsinnig. Das Allerschrecklichste konnte ich zum Glück in sehr kompetente Hände legen, und Sie wissen ja, wessen Hände die allerkompetentesten sind. Ich versuche, mich derweil auf die schönen Dinge zu konzentrieren, und in dieser Gesamtsituation passieren mir Dinge, die ich so nicht erwartet hätte. Heute habe ich zum Beispiel noch nicht Zeitung gelesen, das ist faktisch Urlaub und vor allem Arbeitsverweigerung, mich zu einem Töpferkurs angemeldet (nein, das ist kein versteckter Hilferuf, eventuell aber ein Zeichen für einen milden Nervenzusammenbruch), einen In-App-Kauf getätigt für 100 Diamanten, das ist etwas, wovon ich dem Kind seit Jahren erzähle, dass das nur von Gaunern erfunden wurde, um uns unser Geld abzunehmen, und dann habe ich Poke Bowls gemacht.

Jonathan hat seit ein paar Wochen totales Self-Improvement begonnen, Gespräche mit anderen Müttern ergaben, dass das normal sei, also soll er machen. Er hat ja schon immer viel Sport gemacht, aber jetzt gibt es zusätzlich Hanteln, so ein Liegestützgerät, mit dem die Liegestützen verschiedene Muskelpartien trainieren, ein Waldlaufregime und eine selbstverordnete Süßigkeitensperre. Oh Entschuldigung, ich bin kurz eingeschlafen. Jedenfalls ist jetzt von heute auf morgen die Rollenverteilung gekippt, und nachdem ich 13 Jahre lang gesagt habe: „Iss doch erst den Salat auf, dann gibt es noch ein prima Fischstäbchen“, sage ich jetzt Sätze wie „du musst noch über 20 cm wachsen, wo soll das Material denn herkommen, aus dem Eisbergsalat nämlich nicht.“

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Bowl-Tag

So war heute also Bowl-Tag, weil das Kindelein krank ist, im Bett liegt und etwas essen wollte, was es wieder so fit macht, dass wir ihn spätestens am Donnerstag irgendwo hinfahren können, wo die Konfifahrt ist, die er morgen sicherlich nicht antreten kann, und in seiner Orientierungsphase probiert er halt auch mal Kirche, was ich gerne ermögliche, aber nicht zwingend ermutige, dafür ist meine Seite der Familie zuständig, die ja zur Hälfte aus Kirchenbeamt*innen und zur Hälfte aus Militär besteht. Also gab es Sushi-Reis mit zuviel Essig, nein, nicht alle Rezeptideen auf YouTube sind super, Avocado, Granatapfelkerne, Mango, rohen Rotkohl mit Essig, Edamame, Wakame, Frühlingszwiebeln, und oben drüber Sesam, Wasabi-Erdnüsse, Cashews und Tahini-Dressing mit geröstetem Sesamöl. Und jetzt bin ich voll und muss schlafen.

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(Und nein: Ich bügele meine Servietten für mich selbst nicht mehr, und mein Besteck poliere ich auch nicht. Noch nicht mal fürs Internet.)
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