07.03.2023

Ich bin so ein Lauch!

Und ich kann das einfach so selbstbewusst sagen, weil ich einen 14jährigen Teenager hier wohnen habe, der mich terminologisch immer voll auf dem Laufenden hält. Im Gegenzug bringe ich ihm bei, wie er Wörter richtig benutzt. Das ist doch fair. Neulich habe ich irgendetwas verargumentiert, wo unsere Meinungen deutlich auseinander gingen, und da sagte er: „Klassisches Boomerargument. Ist ja klar, du Boomer.“ Ich setzte dann zu einem definitorischen Monolog an, denn während es mich eigentlich nicht weiter beschäftigt, wenn mein Kind mich beleidigen möchte, so unangenehm ist es mir, wenn er mit vermeintlichen Schimpfwörtern um sich wirft, die er allerdings falsch benutzt. Ich habe auf dem Gebiet in den Jahren davor sehr gute pädagogische Erfolge gefeiert, zum Beispiel, als er aus dem Kindergarten kam und mir mit Daumen und Zeigefinger so ein Loch hinhielt. Mit nichts konnte ich ihn mehr treffen, als mit aufrichtigem Interesse. Was genau das Loch bedeutete, konnte er leider mit drei gar nicht sagen, und dann überlegten wir etwas länger, wie klug es wohl ist, mit Beleidigungen um sich zu werfen, von denen man nicht weiß, was sie bedeuten, vielleicht bedeuten sie ja etwas ganz Tolles, dann wäre der Sinn ja total verfehlt, das Allerschlimmste, was man einer anderen Person sagen kann, wenn man ganz sauer ist, ist „Doofmann“, und das war seitdem sein Schimpfwort der Wahl, zumindest, wenn ich zuhörte. Jedenfalls sprachen wir also heute über die Nachkriegsgeneration, suchten gemeinsam im Internet, welche Jahrgänge mit Boomergeneration gemeint sind, ordneten meine Schwestern also den Boomern zu, kamen von dort auf den Fachkräftemangel, den seine Generation erleben wird (was eventuell praktischer sein wird, als die Lehrerschwemme und die Taxifahrer-Geisteswissenschaftler meiner Nachboomergeneration), und irgendwann war das dann auch gelernt. Ich werde also vermutlich nicht mehr Boomer genannt, nur deshalb, weil das heutzutage unter Teenagern so ein gutklingendes Schimpfwort ist, für meine Schwestern, die ollen Boomerinnen, kann ich nicht garantieren.

Aber eigentlich wollte ich ja erzählen, dass ich ein Lauch bin, aber ich hatte mich kurz verfranst. Jedenfalls sind inzwischen Flur (bis auf die Decke, die macht Herr H morgen abend) und Küche fast komplett gestrichen, und zwar von mir, alleine, und jetzt ist es so, dass ich – wenn ich irgendwo sitze – nur noch wieder aufstehen kann, wenn ich mich an irgendetwas hochziehen kann, wobei das natürlich auch schon wieder sehr schwierig ist, weil ich ja meine Arme gar nicht mehr hochkriege. Lustigerweise habe ich noch sehr gute Körpererinnerung an die Zeiten, als ich noch Sportlerin war. Und heute streiche ich eine Küchendecke und muss danach eine Woche liegen. Auch schade.

4 Gedanken zu „07.03.2023“

  1. Ich überlege herum, ob ich hier im nachcoronären Zustand im Arbeitszimmer eine Wand streiche und finde schon den Gedanken anstrengend.

  2. Wo schon die genaue Bedeutung von Worten Thema ist, muss ich eben aufklären, warum verfranzt mit Z geschrieben wird und nichts mit Fransen zu tun hat.
    Es stammt aus der Fliegersprache des Ersten Weltkriegs. Franz war eine Bezeichnung für den für die Navigation zuständigen Copiloten. Ist man die falsche Route geflogen, so hatte man sich verfranzt, da der Franz versagt hatte.

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