Adventskalender. Zweiundzwanzigstes Türchen

Wie das Kaninchen vor der Schlange sitzte ich nun also in meinem Sessel, habe vor 30 Minuten den Schlafanzug ausgezogen und geduscht, und jetzt? Ja, wissen Sie auch nicht. Neunormales Weihnachten in Pandemiezeiten ruft nach Besinnlichkeit, doch ich habe noch keine gute Strategie, wie ich die herstellen soll. Die Liebsten, mit denen man besinnlich sein könnte, hat man seit März täglich 24 Stunden um sich rum, das ruft eher nach mal-besinnlich-was-alleine-machen als nach trauter Dreisamkeit unterm Baum, und auch die Kernbeschäftigung der letzten 10 Jahre vor und an Weihnachten, nämlich ausreichend Essen für 11 Leute zu produzieren, fällt ja dieses Jahr weg, da ja alle außer Omma ausgeladen sind. Bis gerade habe ich noch im gleichen Sessel gesessen und gearbeitet, unten Schlafanzug, oben Kundenoutfit, aber damit muss jetzt auch mal Schluss sein, kommt auch gar keine Reaktion mehr auf Kundenseite, das ist also auch nicht der Weg. Podcast ist auch soweit fertig, also nein, aber ich hatte die Postproduction ja einfach eingestellt und würde es jetzt für die letzten beiden Folgen dabei belassen.

Und was mach ich jetzt? Ich hatte gerade schon einen kurzen Impetus, den Staubsauger in die Hand zu nehmen, konnte das allerdings zum Glück wieder runterringen. Soweit kommt es noch. Und nun, da ja auch keiner kommt, kann es ja einfach so aussehen wie immer. Gleich kommt der Hund aus dem See, dann wär eh alles für die Katz.

Vielleicht schiebe ich es nicht mehr länger auf und mache jetzt eine Liste mit den Dingen, die wir bis Silvester essen wollen, das ist mit meiner Familie ja sehr viel, da Mann und Kind zusammen für 5 essen. Wörtlich. Beide sind sehr dünn, das trägt zu meinem Wohlbefinden auch nicht bei. Um 20 Uhr gehe ich dann einkaufen, da werde ich sicherlich noch einmal meine Erwartungen an die Versorgung in den nächsten Tagen anpassen müssen, wer weiß, was die Irren überhaupt noch übriggelassen haben.

Und dann habe ich ja noch einen mittleren Familieneklat hervorgerufen, also eigentlich nicht ich, sondern der Rest. Bereits vor sechs Wochen hatte ich meine Schwestern, die sonst am 26.12. mit der gesamten Mischpoke anreisen, liebevoll ausgeladen, was auf großes Verständnis stieß. Vorgestern allerdings stellte sich heraus, dass dennoch alle der Reihe nach herkommen wollten, Mutter besuchen, dann Kaffee und Kuchen bei mir.

Ich sags mal so: Ich wüsste nicht, wieso 3 Feiern hintereinander mit jeweils 6 Leuten besser sein sollte als eine mit 18. Ich kürze ab: Meine Mutter bleibt mit uns in Vor-Novemberregen-Quarantäne, und der Rest freut sich darauf, dass bald ja geimpft wird und wir so schlau waren, nicht vorher noch irgendwelche sinnlosen Risiken mit 80Jährigen einzugehen. (Tochter meiner Schwester ist Kindergärtnerin, aber „wir sind ja alle vorsichtig“.)

Ich finde das auch alles kacke, keine Frage. Das ganze Jahr war kacke. Und in meinem Fall geht die Phase „war kacke“ schon noch ein paar Jahre zurück. Und die Tatsache, dass wir das Jahr nach neun Monaten kacke mit Aussicht auf mehr Kacke beenden stimmt mich noch weniger fröhlich, als ich eh schon bin. Aber jetzt müssen wir halt noch einmal durchkneifen. Und ganz ehrlich: Fressen kann man auch allein. Ich mach mir ne Gans. (Und jede, die jetzt sagt, die Kirche an Heiligabend sei ja immer so schön, das ist ja auch das einzige Mal im Jahr: PSST.)

Den Adventskalender-Podcast finden Sie unter herzregen.novemberregen.de oder durch Klick oben auf das Bild.
Adventskalender. Zweiundzwanzigstes Türchen

Consent Management Platform von Real Cookie Banner