28.02.2023

Ich habe gerade die Küche aufgeräumt, was für eine Zumutung. Leider kam Herr H. mit Migräne aus dem Büro und sitzt jetzt im dunklen Arbeitszimmer auf dem Sofa, also musste ich seine Aufgaben mit übernehmen. Was für eine Zumutung.

Über die Jahre hat es sich auf natürliche Weise so entwickelt, dass ich nie die Küche aufräume, dafür mache ich eine Menge anderer Dinge. Küche Aufräumen ist insofern undankbar, dass Kochen ja mit sehr viel Vorfreude behaftet ist, und da ich kein Mensch bin, der beim Kochen schon isst, ich trinke eher den Restwein, bin ich dann ganz begeistert, wenn das Essen fertig ist und gegessen wird, und in der Sekunde drauf möchte ich nur noch irgendwo sitzen oder liegen. Also mache ich das üblicherweise, und Herr H. räumt die Küche auf, außer heute, welch eine Zumutung. Dazu sei jetzt noch gesagt, dass mein ganzes Leben und jede einzelne Aktivität ja durch den Effizienzfilter muss, daher ist die Küche in dem Moment, wo gegessen werden kann, schon wieder tiptop aufgeräumt. Wenn ich koche.

Ansonsten habe ich heute festgestellt, dass ich mein Leben – die großen Linien betrachtet – wirklich ganz hervorragend geplant habe. Ich habe mir vor der Familiengründung viel Zeit genommen, um irgendwo in der Welt morgens verkatert in irgendwelchen Badewannen aufzuwachen und konnte, als ich dann mit 32 Mutter wurde, wirklich nicht von mir behaupten, dass ich noch irgendwas verpasst hätte. Da habe ich ja schon mal in irgendeinem Podcast sehr lange drüber gesprochen, aber eine Bucket List habe ich nicht, ich habe erlebt, was ich erleben wollte. Was das Bereisen angeht, wird es noch mal etwas schwieriger, da ich zwar beruflich wirklich ordentlich rumgekommen bin in der Welt, allerdings kenne ich ja immer nur Flughafen und Uni, das ist ein bisschen schade. Eine Idee davon, ob ich mich irgendwo wohl fühle, habe ich allerdings, und dann kann ich sagen: Alles gut. Durch das neuentdeckte Hobby Tauchen kamen in letzter Zeit noch mal Reiseziele dazu, die ich gerne sehen würde, ich nehme aber an, dass mein Ökoherz und mein Ökomann dazu führen werden, dass das nicht mehr stattfindet, denn – so sagt das Ökokind – die Malediven sind ja eh bald weg. Wie kam ich hier jetzt hin?

Ach ja, die gute zeitliche Abfolge. Dann mit 32 Mutter, mit 33 Professorin, dann einmal dieses „Alles ganz anstrengend“ durchgespielt, dann irgendwann 46, und jetzt ist beruflich momentan nix besonders anstrengend, also negativ anstrengend, wenn ich „leichte“ Sachen machen würde, könnte ich weniger tauchen, und das Kind ist groß und lässt mir Freiräume, die ich dann damit füllen kann, dass ich mit meiner Mutter exakt die gleichen Sachen machen muss. So ging ich heute zum Beispiel mit ihr in den neuen guten Supermarkt (wo ich sehr viel vorgeschnittenes Gemüse kaufte, zum Beispiel für das Abendessen heute Kürbis und Rosenkohl als Ofengemüse-Set, was insofern fair war, dass der Mann keinen Kürbis und das Kind keinen Rosenkohl mag, also wird niemand übervorteilt, und mit Dip drüber schmeckt ja alles), und da hat es ihr sehr gut gefallen, also bis zu dem Moment, als wir an der Kasse waren und sie keinen Stoffbeutel hatte und ich es albern fand, einen Stoffbeutel zu kaufen, wo ich doch IMMER 10 Stoffbeutel im Kofferraum habe und NIE einen davon mit in den Laden nehme, ich fahre mit dem Wagen zum Auto und packe da aus, nun gut, meine Mutter hätte es deutlich lieber gehabt, wenn wir ihre Einkäufe bereits an der Kasse in einen Stoffbeutel gepackt hätten, hinterher wird da irgendetwas am Kofferraum durcheinandergebracht, und das ganze endete dann damit, dass sie mich während des Bezahlvorgangs – ich hatte extra noch einen Karton gekauft, in den sie dann ihre 5 Teile legen konnte, ich musste allerdings ein paar meiner 100 Teile mit in den Karton legen und FAND DAS NICHT SCHLIMM (!!) – leicht vorwurfsvoll ansah und fragte: „Und, wie hast du dir das jetzt vorgestellt?“, und dann sagte ich „Ich habe mir nichts vorgestellt, du hast dir was vorgestellt, und das war Quatsch!“, und weil wir uns ja eigentlich mögen, war dann sofort alles wieder gut, allerdings sagte sie auf dem Heimweg (etwa 6 Minuten Fahrt) mehrmals, dass das jetzt ein sehr schönes Erlebnis in dem neuen Supermarkt war, bis auf den Stoffbeutel, der hätte gefehlt.

Jedenfalls kam ich dann nach Hause, irgendwann kam auch das Kind, das wegen Streiks S- statt U-Bahn fahren musste, und teilte mir mit, dass all seine Hosen zu kurz seien, er ging morgen zu Laden XY, neue Kleidung kaufen. Kurz vorm Nervenzusammenbruch hörte ich dann noch „mit Jakob“. Ich meine: Wie schön ist das denn? Meine Mutter kann nicht mehr alleine einkaufen, und mein Kind kann nicht mehr mit mir einkaufen. Die Welt ist gut zu mir.

2 Gedanken zu „28.02.2023“

  1. Ich dachte bis vor Kurzem ich sei faul.
    So habe ich im Chemieunterricht immer Lösungen für die faulen Schüler angeboten, die ganz schnell sind und keine Lust auf große Umwege haben, wie zum Beispiel bei der Erstellung von Reaktionsgleichungen.
    Bis mir im letzten Schuljahr ein Schuler gesagt hat : Frau croco, Sie sind nicht faul, Sie sind effizient.
    Seither weiß ich, dass das was ich tue oder eben nicht tue, einen sehr schönen Namen hat.
    Übrigens räumt Herr croco auch die Küche auf.

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