28.05.23

Der neulich konfirmierte Teenager fragte mich soeben, was denn an Pfingsten gefeiert wird, und ich musste kurz nachdenken. Moerser Jazz Festival? Nein. Rock am Ring? Nein, das ist im Juni. Dann fiel mir kurz ein, dass Pfingsten von pentekoste kommt, Dinge, die man im Studium lernt und dann als Mutter wieder abrufen kann, und dann erklärte ich (nach einer kurzen und sehr groben Rechenoperation), dass das eventuel 50 Tage nach Ostern ist, für die Nachfrage, nach welchem Ostertag genau war die Rechenoperation nicht exakt genug, und die Frage nach dem Sinn, den 50. Tag zu feiern, parierte ich elegant mit „Möchtest du noch Erdbeeren haben“, und jetzt verlasse ich mich darauf, dass das Internet all seine religiösen Fragen beantwortet und lege das Thema beiseite.

Gestern war ich aus, und zwar jawl bei Jazzrausch, einer lustigen Kombination aus Bigband und Techno. Ich bin ja in solchen Angelegenheiten sehr einfach, ich amüsiere mich ja schnell und auch dann, wenn es ganz grauenhaft war, und so gab es keinen Grund, nicht mitzugehen, wenngleich die gesamte Technowelle an mir vorbeigeschwappt ist und ich auch nicht mehr plante, mich dem Thema in diesem Leben noch zu widmen. Ich bin ja Bigband-sozialisiert, da mein Vater in jungen Jahren Jazztrompete studiert hatte, also war ich frohen Mutes, dass ich schon irgendetwas gut finden werde. Aus meinen jungen Jahren und sehr vielen für Kinder langweiligen Jazz-Frühschoppen habe ich mir Strategien zurechtgelegt, die im Zweifelsfall das Leiden etwas verkürzen. Zum Beispiel: Einzelne Instrumente hören. Stellen Sie sich mal als interessiertes Laienpublikum vor eine Bigband in vollem Gange und versuchen Sie, das Tenorsaxophon zu hören. Bis Sie es haben, ist das Stück schon rum.

Jazzrausch war lustig, die Musik mochte ich sehr, einen kleinen Abzug gab es für die B-Note. Und jetzt ist etwas Lustiges passiert, das ich kurz einschieben möchte: Ich sitze im Sessel mit dem Laptop und schreibe diesen Text, neben mir steht ein IPad und beschallt mich mit einer amerikanischen Serie, im Gartenhaus sind Teenager und gröhlen sehr laut, und dann sagt Siri zu mir: „In der Ruhe liegt die Kraft.“ Langsam fühlt Siri mich. Aber zurück zur B-Note: Zwischen den einzelnen Stücken machte der Posaunist immer ein bisschen einstudierte Labershow, und die hat mich nicht ganz abgeholt. Wenn man zum Beispiel nach dem ersten Stück dem halbgefüllten Saal mit ein paar Senioren schon erzählt, dass man am allerliebsten in Düsseldorf spielt, weil da das allerbeste Publikum ist, naja, dann weiß man als Düsseldorferin halt, dass das gelogen ist. In Düsseldorf ist nie das beste Publikum, und das ist auch okay, wir leben damit. Daher glauben wir das aber auch nicht, wenn man es uns erzählt. Ich bin mir sicher, dass es Städte im Ruhrgebiet gibt, oder Köln, da stellt man sich auf die Bühne und sagt, dass man hier am allerliebsten spielt, und dann denken alle „ja klar, ist ja logisch, hier sind ja auch die besten Leute und die beste Stimmung“, aber in Düsseldorf klappt das nicht, wir haben ein sehr differenziertes Bild von uns selbst.

Noch mehr als die Musik unterhielt mich allerdings die Frau, die neben uns stand. Ich schätze, sie war Anfang 70, trug ein Outfit, das sie früher am Bankschalter auch gerne trug, enger Rock mit Blumen, schwarzes Shirt, schwarzer Blazer, oranger Kaschmirpulli um die Schultern gelegt, und dann mutierte sie zur Techno-Oma. Sie bewegte sich sehr rhythmisch, allerdings mit ein bisschen Rückensteife, wie das so ist, und irgendwann streckte sie den rechten Arm aus und machte etwas, was ich das Hyper-Hyper-Händchen nennen möchte. Hand ausstrecken und Handgelenk im Takt so um 90 Grad knicken. Ich guckte mir das 75 Minuten an und kam zu dem Entschluss, dass ihr Kind – wenn sie Mitte 20 Kinder bekommen hat, eventuell so alt ist wie ich, vielleicht etwas jünger, und wahrscheinlich fand dieses Kind Techno gut, die Eltern fanden es bestimmt sehr schlecht, dieses moderne Zeug, und dann haben sie eine Dokumentation im Fernsehen gesehen über dieses Techno, und dann sahen sie ganz viele junge Leute, die das Hyper-Hyper-Händchen machten, und dann haben sie sich das gemerkt, und dann gingen sie zu einem Bigband-Konzert, und leider war das Bigband-Techno, naja, aber so haben sich die Dinge ja gut gefügt.

Den Rest können Sie bei jawl lesen.

2 Gedanken zu „28.05.23“

  1. Antwort zu Pfingsten gewünscht?
    Gefeiert wird die „Ausgießung des Heiligen Geistes“ am 50. Tag nach Ostern, davon erzählt die Bibel im zweiten Kapitel der Apostelgeschichte.
    „Heiliger Geist“ klingt abstrakt. Ich sage gern: es ist Gottes Geist, der Mut zum Aufbruch macht und hilft, dass Menschen sich verstehen.
    Und das ist schon ein guter Grund zu feiern, finde ich!
    Also: Frohe Pfingsten!

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