22.12.2023

Das schlechteste Weihnachten ist ja, wenn 4. Advent und Heiligabend auf einen Tag fallen. Und zwar aus allen Gründen. Zum Beispiel fühle ich mich um eine ganze Woche Besinnlichkeit betrogen. Wie ich gerade feststellte, brannte das dritte Kerzchen am Adventskranz bis dato noch gar nicht, was auf einen Mangel an Besinnlichkeit hindeutet. Wenn ich am Sonntag dann das vierte Kerzchen anzünde, muss ich sofort in die Küche verschwinden, von wo aus ich immerhin den Adventskranz sehen kann, und eine Weihnachtsgans zubereiten, vermutlich auch einen Schweinebraten, ich habe die finale Kochlogistik noch nicht festgelegt, das hat noch Zeit, ich nehme aber auch sehr gerne Tipps an, fühlen Sie sich ermutigt. Außerdem bedeutet der Zusammenfall von 4. Advent und Heiligabend, dass letzterer auf einen Sonntag fällt, mit zwei anschließenden Feiertagen, an denen die Supermärkte geschlossen sind, was zu kriegsähnlichen Zuständen – ah nein, das kann man 2023 nicht guten Gewissens flapsig schreiben – zu anstrengenden Situationen im Supermarkt führt, weil „der Deutsche“ ja denkte, er könnte verhungern, wenn man drei Tage nicht einkaufen kann. Ich subsumiere mich unter dem generischen Maskulinum, ich war heute in so einer absurd hohen Anzahl von Supermärkten, dass es wirklich nur so zu erklären sein kann, dass meine Familie Angst hat, zu verhungern, und zwar alle.

Der Plan war nämlich, dass wir einfach heute alles kaufen, was man braucht, damit morgen dann all die armen Leute in der Schlange stehen können, die heute noch arbeiten müssen. Was noch fehlte: Essen für Oma und uns Heiligabend, Teil unserer Leitkultur ist es eigentlich, an Weihnachten mit der gesamten Familie Weihnachtsgans zu essen, nur haben meine Schwestern und ich uns so vermehrt, dass ich das irgendwann ablehnte, denn es ist nicht möglich, eine Gans für so viele Leute zu machen, dann kaufte ich irgendwann zwei Gänse, das war dann logistisch total schwierig, weil so eine Gans ja einen halben Tag im Ofen ist, und dann verweigerte ich das. Dann war meine Mutter traurig, also gibt es dieses Jahr an Heiligabend Gans statt Fondue, was eigentlich Teil unserer Leitkultur war, aber gut, jetzt Gans. Dazu gibt es immer Knödel, Rotkohl und Apfelmus, die letzten beiden macht dieses Jahr meine Mutter, Gans und Knödel mussten heute noch beschafft werden. Am 1. Weihnachtstag reist dann die gesamte Familie an und möchte schon wieder essen, das haben wir dieses Jahr so gelöst, dass ich einen Schweinebraten mit Knödeln mache, meine Mutter einen Sauerbraten, dazu wieder Apfelmus und Rotkohl, Sauerbraten hatten wir letzte Woche schon besorgt, meine Mutter legt den selber ein, was für ein Aufwand, Schweinebraten für 100 Leute musste auch noch besorgt werden. Die eigentlich ganz gute Fleischbilanz des Jahres 2023 haben wir vermutlich alleine mit den nächsten Tagen schon wieder gerissen, ich habe heute ganze Kofferräume Fleisch transportiert, naja, Dienstag vegane Linsensuppe.

Ich verfing mich dann in einem Denkfehler, den ich bei meiner Mutter jahrzehntelang beobachtet und für lustig befunden hatte. In meinem Elternhaus waren finanzielle Mittel nicht knapp, allerdings war meine Mutter eine passionierte Schnäppchenjägerin, die alle Prospekte las und gerne mal für Angebote an einem Samstag fünf verschiedene Supermärkte mit dem Auto anfuhr. Ich habe das nicht geerbt, nur heute war ich kurz aus dem Tritt. Wie Sie oben lesen konnten, ist in unserer Leitkultur der Knödel stark verankert, und wir sind unterm Strich Viele, allein mein Kind isst pro Mahlzeit mindestens sechs Knödel, und früher gab es immer Knödel für 99 Cent im Angebot, die Zeiten sind vorbei, jetzt kosten sie das Doppelte. Im Discounter sollte es die Knödel für 1,19 geben, also fuhr ich um 9 Uhr heute morgen los, Knödel kaufen. Waren ausverkauft. Also fuhren Herr H und ich in die Metro, Knödel und Gans kaufen, Knödel ausverkauft. Also fuhren wir zum nahegelegenen Edeka, Knödel kaufen, Knödel ausverkauft. An dieser Stelle möchte ich sagen, dass wir natürlich in jedem Laden irgendwelche Dinge kauften, ich habe irgendwann aufgehört, zu rechnen. Dann fuhren wir an einem weiteren Aldi vorbei, auch keine Knödel, aber immerhin viele andere Dinge, die uns noch eingefallen waren, 5 Euro Gutschein vergessen, einzulösen, dann endeten wir im Rewe, da gab es Knödel in der Großpackung für 4 Euro, okay, dann halt die.

Zwischenzeitlich fiel Herrn H. ein, dass wir noch einen Weihnachtsbaum kaufen müssten. Ich war natürlich vorbereitet und sagte: „Ich lasse mir doch nicht von Friedrich Merz diktieren, wie ich Weihnachten zu feiern habe“, was Herr H. unerwartet schnell konterte mit „Ich lasse mir doch nicht von Friedrich Merz diktieren, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben keinen Weihnachtsbaum haben kann, nur um mich von ihm zu distanzieren“, und naja, da fiel mir dann auch kein guter Konter mehr zu ein. Also fuhren wir in den Baumarkt, wo wir letztes Jahr einen Baum mit Ballen gekauft hatten, der sogar im Garten irgendwo versteckt angewachsen war, den jetzt aber niemand mehr ausbuddeln wollte, wir wurden ausgelacht, den letzten Baum hätte man am Dienstag verkauft, also fuhren wir in die Baumschule unseres Vertrauens, dort gab es Bäume mit Ballen, aber nur abgestochene, also kauften wir wieder so einen toten Inklusionsbaum, den keiner mehr haben wollte und einigten uns mit dem Juniorchef darauf, dass wir Ende Februar eine im Topf gewachsene Nordmanntanne kaufen, die dann einfach immer zwischen Garten und Wohnzimmer hin und hergetragen werden kann.

Und jetzt gehe ich schlafen, Herr H baut die Leitkultur auf, der Hund wird sehr traurig sein, weil das Körbchen an einem anderen Ort stehen muss (mein Sessel bleibt, wo er ist!), und dann habe ich schon so keinen Bock mehr auf Weihnachten, dass ich hoffe, dass ich morgen nur schöne Sachen oder alternativ nix machen muss.

Wenn Sie noch eine Meinung dazu haben, wann ein guter Zeitpunkt ist, den Schweinebraten, der Montag und Dienstag gegessen werden wird, zu machen, höre ich die gerne. Sonntag mache ich die Gans, aber der Schweinebraten ist ja auf dem Herd, so gesehen wäre das eine Möglichkeit, oder alternativ morgen, das wäre entspannter, aber bis Dienstag natürlich irgendwie lang, oder Montag morgens, nein, streichen Sie das, nicht Montag.

8 Gedanken zu „22.12.2023“

  1. Möchten Sie ein Rezept für Kartoffelknödel? Warnung: Wenn man die einmal selbst gemacht hat, schmecken gekaufte fertige Knödel nicht mehr …

    Wünsche fröhliche Küchenmomente!

    • Auch wenn Frau Herzbruch es nicht möchte, ich hätte es gern. (Ich habe letztes Jahr Seidenknödel bei chefkoch gefunden, das war ok, aber ich bin optimierwillig).

  2. Ich habe gestern Nacht zwischen 0 und 1 Uhr unsere Weihnachtslogistik aufgestellt. Diese betrifft aber nur 6 Personen, die nicht gleichzeitig bei uns sind (besser isses) und keinen 14,5 Teeni, sondern nur 14,5 Teenie, da ist es nicht ganz so schlimm mit den Mengen. Und Knödel mag ich nicht, daher gibt es niemanden, der sie ansonsten machen würde. Aber Sie sind eine Highperformerin und nicht so ein Schlumpf wie ich, insofern werden Sie von Gans bis Schwein mit oder ohne Plan alles perfekt hinbekommen, da bin ich sicher. Ich wünsche Ihnen gelungene und friedliche Feiertage, mindestens ein schönes Geschenk (nicht vom Kater) und danke Ihnen von Herzen für Ihr Engagement hier.

  3. Wieso ist der Schweinebraten auf dem Herd? Anbraten ja, aber dann Backofen (und der Herd ist frei für Knödel und Co).

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