Song to the siren

Eigentlich begann alles mit einem kleinen Projekt, von dem Frau N. gestern noch sagte: „Wenn das alles vorbei ist, verbloggen wir das. Dann fühlen sich die Leute gut, weil auch vermeintlich kompetente Menschen so irre sein können.“ Hinzu kam sehr viel Schlafmangel, aus sehr schönen und weniger schönen Gründen, und die Müdigkeit und Angespanntheit kulminierte gestern in einem Abschiedsbesuch von Kaufhof und Karstadt. Wie Sie vielleicht wissen, machen die beiden Häuser am Wehrhahn in den nächsten Wochen zu, was ich persönlich absoluten Irrsinn finde. Ob man beide nebeneinander brauchte, ist eventuell eine berechtigte Frage, keins davon braucht man keinesfalls. Als ich vor 12 Jahren hierher zog, gab es drei Kaufhöfe in Düsseldorf, gut, das war eventuell was viel. Der eine war sehr klein, ab vom Schuss und pisselig, folgerichtig wurde der irgendwann geschlossen. Die anderen beiden verteilen sich auf die Königsallee, da gehen die Touristen hin, und auf den Wehrhahn, der wenig vom Glamour Düsseldorfs versprüht, da gehen wir Düsseldorfer hin.

Ich bin bekanntlich ein durch und durch gewohnheitsgetriebener Mensch. Wenn ich Dinge so tue, wie ich sie immer tue, brauche ich keinerlei Hirnkapazität, und das ist sehr gut, da ich die vorhandene Hirnkapazität dann dort einsetzen kann, wo sie wirklich gebraucht wird. Und deshalb ist mein Leben jetzt leider viel schlechter als zuvor. Ich habe wirklich, wirklich keine Ahnung, wo Menschen Socken kaufen. Ich kaufe Socken im Kaufhof. Mein ganzes Leben schon. Und ich fahre dafür ja nun wirklich nicht auf die Königsallee, um da zwischen Ihnen, also den Non-Locals, Socken zu kaufen. Das geht nicht. Und vermutlich muss ich auch Jonathan aus der Schule nehmen, denn Schulzubehör kaufte ich in den letzten 6 Jahren auch dort. Auf der Kö gibt es bestimmt eine Champagnerbar (ist geraten jetzt, halte ich aber für höchstwahrscheinlich), aber kann ich da auch die Lateinhefte mit dem extrabreiten Rand kaufen? Und selbst, wenn ich das könnte, wo würde ich parken, wenn ich mit dem Auto unterwegs wäre? Am Wehrhahn parke ich ja üblicherweise so:

Das Parkhaus hat nämlich 8 Parkdecks, und alle Menschen denken, dass die Logik sei: Je tiefer, desto besser. Ich sage: 8 ist das beste Parkdeck, da denkt nämlich keiner dran, und man kann direkt mit dem Aufzug in die Sockenabteilung fahren. Jetzt, wo ich all diese Dinge weiß und mein Leben komplett darauf eingestellt habe, macht der Kaufhof zu, obwohl er immer rappelvoll ist. Ich denke, an mangelndem Zulauf kann es nicht liegen, antizipiere aber, dass in näherer Zukunft einfach ein mittelpreisiges Hotel und ein hochpreisiges Parkhaus dort stattfinden werden. Das bringt sicherlich die bessere Marge, und die Düsseldorfer können dann halt gucken, wo sie ihre Socken kaufen. Von den Mitarbeitern mal ganz abgesehen.

Alle Waren sind drastisch reduziert, die wenigen Mitarbeiter, die noch da sind, vermitteln einem aber nicht den Eindruck, als könne man beherzt zuschlagen. Die Stimmung ist sehr gedrückt. Für eine Tageszeitung musste ich vor vielen Jahren mal einem letzten Tag einer Hortenfiliale beiwohnen, und die Stimmung, das Unglück des Personals und die Ahnungslosigkeit, wo man jetzt Wolle kauft (meine Mutter) habe ich noch sehr genau gespeichert. Insgesamt bin ich mit 2 Shampoos, etwas DUB und einer abgestempelten Parkkarte wieder gegangen, nachdem ich mich schweren Herzens verabschiedet habe. Noch einmal werde ich nicht hinfahren. Es fühlt sich an wie Leichenfledderei, und ich möchte das Haus, in dem ich jede einzelne Socke und jedes einzelne Kleidungsstück für Jonathan gekauft habe, in anderer Erinnerung behalten. Ich würde übrigens zu jedem Zeitpunkt nach Neuss fahren, wenn ich Schulhefte brauche und die Köfiliale meiden möchte, aber wenn ich es richtig verstanden habe, sieht es da nicht anders aus. Eine Schande. Auf allen Ebenen.

Heute war also dann der erste Warntag, und für meinen Teil, also den Düsseldorfer Norden, kann ich sagen: Ich fühle mich ausreichend gewarnt. Glücklicherweise fiel mir noch rechtzeitig ein, meine Mutter zu erinnern, damit die nicht denkt, sie müsse sich im Bunker verstecken, und dann kam der Test, der ergab, dass ich ganze 3 Sirenen aus meiner Wohnung hören kann. Die Zombieapokalypse kann kommen. (Extrem gelungene Überleitung)

Wenn sie dann da ist, die Zombieapokalypse, werde ich ganz hervorragend riechen, ich habe nämlich heute vom Fachmann gelernt, wie man Parfum richtig appliziert. Little did I know. Grundsätzlich werde ich immer komplizierter, was Düfte betrifft, genaugenommen benutze ich 2, die es jeweils nur in einer einzigen Parfümerie in großem Umkreis zu kaufen gibt, praktischerweise ist das aber nicht die gleiche. Heute war also alles sehr anstrengend und fühlte sich zwischenzeitlich ein wenig an wie innere Zombieapokalypse, also beschloss ich irgendwann, den Griffel fallenzulassen und zu bewerkstelligen, dass ich so rieche, wie ich gerade riechen sollte: Nicht frischgewaschen und zitronig, nicht nach Frau und rosig, sondern wie jemand ganz Patentes, so ein Mensch, dessen Sillage schon vor der Person im Raum ist, wo man weiß: Obacht, jetzt kommt geballte Lebenserfahrung und Kompetenz. Das gab es nur in einer Parfümerie in der Stadt zu kaufen, und da ich dort so unfassbar gut beraten wurde, teile ich mit Ihnen, wo das ist und freue mich auf die Abmahnung: Ich war in der Parfümerie Nagelschmitz in Oberkassel. Da ich wusste, was ich möchte, brauchte ich keine Beratung (Beratung auch gerne mit Termin, damit man sich Zeit nehmen kann), und der ältere Herr im Anzug mit der sehr leisen, zurückgenommenen Art, erklärte mir, wie man (zumindest die sehr intensiven) Parfums richtig aufträgt: Man duscht, stellt sich nackt ins Bad, sprüht einmal über sich in die Luft und dreht sich dann für etwa 10 Sekunden unter dem Nebel. Für eine Abendveranstaltung ohne Essen kann man gerne auch zweimal sprühen und sich mit ausgebreiteten Armen drehen. Ich war erstaunt, das war mir nämlich neu. Aber ich kann das sehr gut brauchen, da mein inkompetentes Damenparfum ebenfalls sehr intensiv ist, und ich habe zwischenzeitlich die Lösung entwickelt, dass ich nur einen Finger ansprühe und dann einzelne Stellen antupfe. Die neue Variante vom Regentanz im Bad ist die deutlich überlegene, scheint mir. Darüberhinaus gab es noch eine Reihe von Ratschlägen, die ich mit allergrößtem Interesse annahm: Die zu parfümierenden Stellen, wenn man keinen Regentanz machen möchte, sind Armbeugen, Bauchdecke und Kniekehlen. Hals und Handgelenke kann man gerne mit so einem Quatschparfum aus dem Kaufhaus besprühen. Am Abend geht auch der Nacken noch, aber nur, wenn man nicht essen geht, sonst stört das eventuell den Geschmackssinn. Sprüher gab es als Geschenk dazu (oder, wie ich später sah, der war in der Marge reingerechnet, auf der Webseite des Herstellers kostete das Parfum nur 2/3 des Preises, aber ich wäre irgendwann gestorben, ohne zu wissen, wie man sich richtig parfümiert), denn man darf nie träufeln, man muss immer sprühen. Wenn das Parfum auf der Haut anders riecht als auf der Duftkarte, dann hat man was Falsches gegessen (ich hatte gestern Salat mit Obst, kein Grieche, das ist für den Parfumeur der Tod, der Grieche!), und – und das ist das Allerwichtigste – man trägt den Duft nur für sich. Einiges wusste ich schon, Vieles war neu. Nutzen Sie es!
Song to the siren

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