Das Beste am Frühling ist ja der Donnerstag, Ihnen muss ich das nicht erklären, jeder liebt den Donnerstag im Frühling. Ich erinnere mich an die guten alten Unizeiten, als es nahezu unmöglich war, einen komfortablen Hörsaal im Sommersemester donnerstags um 10 zu buchen, jede*r wollte im Sommersemester donnerstags um 10 lehren. Von außen betrachtet sieht es ja im deutschen Hochschulsystem so aus, als wäre das wirkliche Ziel der beruflichen Laufbahn die Verbeamtung auf Lebenszeit, aber so ist es nicht. Das wirkliche Ziel einer universitären Karriere in Deutschland ist die Seniorität, die bei der Vergabe von Räumen im Semester Erstzugriff auf den Donnerstag im Sommersemester garantiert.
Jedenfalls habe ich heute schon früh am Schreibtisch gesessen, um hintenraus ganz entspannt bleiben zu können, und in der Sekunde, als ich eine ganze Reihe von Dingen schon abgearbeitet hatte, schellte das Telefon und eine Deadline fiel ersatzlos weg, weil auch kundenseitig in dieser Woche auf Entschleunigung gesetzt wird. Ich habe noch gar keine Idee, was ich mit dieser gewonnenen Lebenszeit machen soll, ich könnte ein Gedicht schreiben, oder vielleicht ein Buch lesen (nur zum Spaß, wie verrückt), ich könnte einfach wieder ein Ründchen schlafen gehen, das würde sich aber falsch anfühlen, dann könnte ich meine Freizeit ja nicht genießen, weil ich sie verschlafen würde, und dann steht irgendwann das Kind vor der Tür und ich wäre direkt schon wieder gestresst, oder – und das wäre eigentlich schön – ich könnte den neuen Asterix-Band, der seit Wochen auf meinem Nachttisch liegt, lesen. Dagegen sprechen aber zwei Dinge: 1) Sobald er gelesen ist, würde ich ihn in den Schrank stellen und hätte dann auf dem Nachttisch ein Problem, ich stelle nämlich momentan Gläser mit Getränken darauf ab, da ich noch keine gute Lösung für die Unterlage auf dem unbehandelten Vollholz-Nachttisch habe, also muss ich erst die Anschlusslösung finden, bevor ich lesen kann, nach dem Lesen einfach liegenlassen würde mich nicht gut abbilden, und 2) Auch nach diversen Wochen im neuen Schlafzimmer freue ich mich noch jeden einzelnen Abend wie verrückt, wenn ich ins Bett gehe. Aufgrund der neuen Ordnungsmöglichkeit ist das Schlafzimmer zu jedem Zeitpunkt komplett ordentlich und schön, es liegt überhaupt nichts rum, dann ziehe ich mich aus, klappe zwei Halter vom Foppapedretti aus, lege meine Kleidung darüber, rolle den Nachttisch, der tagsüber am Fußende des Bettes steht, zum Kopfende und schlüpfe dann ins Bett und freue mich, weil ich denke: „Und jetzt lese ich Zeitung und vielleicht Twitter und dann könnte ich den tollen neuen Asterix lesen, der auf dem Nachttisch liegt“, und wenn ich den jetzt lesen würde, hätte ich also 1) keine Unterlage für das Wasserglas und 2) eine Sache weniger, über die ich mich abends freue. Und wir haben Pandemie, Krieg, noch eine Pandemie und Regenwetter. Ich denke, der Asterix muss noch ein bisschen liegenbleiben.