Exkurs ÖPNV

Soeben habe ich mir ein 9-Euro Ticket gekauft. Und dazu möchte ich erst einmal folgendes fragen: Wie wollen wir das schreiben? Gibt es dazu eine Regel? Ich bin ja nicht so sprachnormativ unterwegs, möchte aber auch keinen Unmut von Leser*innen auf mich ziehen, erst Gendern, jetzt noch die Sache mit den Bindestrichen, das ist zuviel, ich lese das nie mehr, schlimm. Wo war ich?

Ach ja. Ich habe mir so ein Ticket gekauft, von dem ich nicht weiß, wie ich es schreiben soll, ich habe vermutlich die Berichterstattung dazu unaufmerksam gelesen, und von dem ich auch gar nicht weiß, ob ich es benutzen werde, aber ich finde das Angebot hervorragend und so niederschwellig, dass ich es keinesfalls nicht kaufen konnte.

Herr H ist ja unüberzeugter Nutzer des ÖPNV. Also im Herzen würde er natürlich immer nur noch Bahnfahren, oder besser eigentlich laufen, laufen ist die allerökologischste Fortbewegung, man sollte nichts Blähendes gegessen haben vorher, wir kennen das Problem ja von den Kühen. Da man aber selbst dann nicht überall hin laufen kann, wenn man 2,50m groß ist, fährt er derzeit wieder Bahn. Vor unserer Haustür quasi fährt eine S-Bahn in eine große Ruhrgebietsstadt, und dort, 8 Kilometer nach Ausstieg steht dann sein Büro. Um diese letzten 8 Kilometer weniger schlimm zu gestalten, kaufte Herr N sich so einen schicken Elektroroller, und da er derzeit dummerweise täglich im Büro auflaufen muss, musste man dieses Work-Life Balance Thema noch mal ganz neu definieren, was ich nämlich ja nicht für mich sehe, ist eine Rückkehr nach 2009, wo ich tagsüber zuhause sitze und abends der Papa nach Hause kommt, hungrig. Nun ist das zum Glück mit so einem 13Jährigen auch nicht mehr nötig, er versteht sehr wohl eine Dose Tomatensuppe zu öffnen, wie auch die irreführende Situation, wenn ein Elternteil im Wohnzimmer rumsitzt und gleichzeitig sehr konzentriert arbeitet… lange Rede, kurzer Sinn: Nach zwei Wochen Dauerpräsenz kommt Herr H unverschuldet auf eine Plan-Einhaltungsquote von 0 Prozent. Ja. 0. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Die Bahn, in die er steigt um dann am Zielort wieder auszusteigen, ist bislang genau 0 mal so gefahren, wie es geplant war. Genau genommen ist die Bahn, mit der er fahren wollen würde, sowieso gar kein einziges Mal gefahren, da ist nämlich ein Stellwerk kaputt und dann fährt halt wochenlang keine Bahn. Die alternative Variante, die er gut machen kann, weil er den Roller hat, führt über den Flughafen, und das hat sehr oft morgens hin gut geklappt, und kein einziges Mal, ich wiederhole, liebe Deutsche Bahn, kein einziges Mal ist der Regional „Express“, ja, „Express“ überhaupt auch nur in einem groben Zeitfenster von 60 Minuten rund um den geplanten Termin gefahren. Es war schon viel Gutes dabei, so argumentativ. Ich möchte offen sprechen. „Feuerwehreinsatz in Düsseldorf Unterrath“ kann schon mal dazu führen, dass in Essen ein Zug nicht fährt, okay. Aber „Zug fällt aus, deal with it“ darf man auch nicht überreizen. Wenn es jetzt wirklich gut läuft, dann wird das 9-Euro Ticket so ein Erfolg, also insgesamt, nicht zwingend für die Bahn, dass das Teil der Mobilitätswende sein könnte, und da verkneife ich mir die Gänsefüßchen jetzt mal, und dann sollte da auch was fahren. So hin und wieder.

4 Gedanken zu „Exkurs ÖPNV“

  1. Also in Wirklichkeit sind Sie und Frau N doch die gleiche Person, sie teilen sich ja sogar den Mann, geben Sie es zu!

  2. Da noch niemand die Frage beantwortet hat:

    Es schreibt sich 9-Euro-Ticket, alles durchgekoppelt. Also genauso wie Friedrich-Schiller-Oberschule.
    Im Grunde ist die Regel dafür im Deutschen einfach und logisch — wenn es sich um *ein* Ding handelt, gibt es dafür auch nur *ein* Substantiv. Hier geht es nicht um 9 Euro und ein davon völlig losgelöstes Ticket, sondern [ein Stück Papier, das 9 Euro kostet].

    (Liebe Unternehmen, das gilt auch für euch und eure Markenprodukte. Ein Gerät von Siemens ist ein Siemens-Gerät. Ein Siemens Gerät sind zwei unzusammenhängende Substantive um ein Deppenleerzeichen herum drapiert.)

  3. Meine Güte, ja, natürlich! (Das Unglaublichste, was ich in der Schule einst lernte, war übrigens, dass Zahlen bis einschließlich 12 ausgeschrieben werden müssen. Das erschloss sich mir alles überhaupt nicht. Dann lernte ich im Studium alles über das Duodezimalsystem (oder: warum wir nicht zweizehn sagen), und dann hatte ich das besser verstanden, muss aber abschließend sagen, dass das für mein weiteres Leben nicht mehr sehr wichtig war, und wenn ich etwas nicht weiß, frag ich eh auf Twitter oder hier, da sind so viele kluge Leute, die können alles erklären.)

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