21.12.22

Heute war ich in dem Supermarkt, in den ich mich im August schockverliebt hatte, um dann dort wiederum an der Kasse zu stehen und zu erfahren, dass meine Mutter sich in einem Autounfall komplett zerlegt hatte, was dann wiederum dazu führte, dass ich leichte Berührungsängste mit dem Ort hatte, aber da die Alternative hier vor Ort so schlecht ist, habe ich das Trauma überwunden und kaufe jetzt immer dort ein. Letzte Woche war ich erstmals mit meiner inzwischen wieder zu 80% hergestellten Mutter dort, übrigens, das war schön, wenngleich wirklich anstrengend.

Der Supermarkt ist in Familienhand, wunderschön, extrem gut sortiert und furchtbar teuer. In der Vergangenheit habe ich am Wochenende immer mehrere Supermärkte angefahren, Discounter 1, Discounter 2, Vollsortimenter für den Rest. Seit geraumer Zeit ist genau diese allerdings das, was in meinem Leben am knappsten ist, also bin ich auf einen Vollsortimenter als Single Solution umgestiegen, und just in dem Moment wurde ein wirklich sehr großer und eigentlich sehr gut sortierter Rewe in meiner Nähe neu gebaut, eigentlich hätte also alles sehr schön sein können. War es aber nicht, es war nämlich so, dass Rewe mich vor dem Bau nicht gefragt hat, ob es klug ist, dort so einen großen Markt hinzubauen, ich hätte nämlich gesagt, dass das überhaupt nicht klug ist, weil die anwohnende Klientel dort niemals einkaufen wird, aber nein, fragt ja keiner, also gibt es dort jetzt immer nur schimmeliges Obst und Gemüse. Ich kaufe viel Obst und Gemüse, dummerweise auch vorzugsweise das, was schnell schlecht wird, Himbeeren zum Beispiel. Ich liebe Himbeeren und esse zwei Packungen pro Tag. Immer. Es gibt immer sehr viele Himbeeren, allerdings keine, die nicht teils schimmelig sind. Wir können jetzt alle Obstsorten durchdeklinieren, die ich üblicherweise kaufe, alles immer schlecht. Wenn man einen sehr großen Supermarkt in ein Einzugsgebiet setzt, wo alle beim Discounter kaufen, naja, dann wird man seine Sachen also nicht los.

Der andere Supermarkt, den ich durch Internetrecherche fand, da er einen Architekturpreis gewonnen hatte, macht absolut alles richtig. Allerdings ist er 6 Kilometer entfernt, das nervt mich, wenngleich es natürlich nicht unmöglich ist, dort einzukaufen, ich bin motorisiert, wenn ich kein Obst brauche, kann ich ja laufen. Es gibt Einkaufswagen ohne Chip. Wie fantastisch ist das denn. Es gibt eine Einkaufswagen-Desinfektionsstraße, die man vor dem Einkauf benutzen darf, ich tue das nie, freue mich aber jedes einzelne Mal wie eine Königin, dass ich das könnte. Es gibt einen hervorragenden Bäcker, der nicht so ein Ketten-Bäcker ist, sondern einfach ein sehr sehr guter Bäcker. Ich tippe blind und habe jetzt drei mal Bäcker falsch geschrieben, immer gleich falsch, Bächer nämlich, ich führe das auf den ersten Sekt in 4 Wochen zurück, mit dem ich mich in den Urlaub geleite, Ende der Fastenzeit. Dann gibt es eine Obst- und Gemüseabteilung, die so großartig ist, dass ich beim ersten Besuch zu meinem Mann sagte: „Wenn die alle so aussähen, hätten wir das Problem mit Nitrat im Boden nicht mehr.“ Es gibt sogar einen Marktstand, hinter dem eine Frau steht und Gemüse in solche Papier-Spitztüten packt. Nicht zu vergessen die Milch-Tankstelle vom lokalen Milchbauern, und dann das lokale Fleisch. Das ist natürlich auch super, wir essen insgesamt weniger als früher, da aßen wir viel zuviel Fleisch, aber wenn, dann möchte ich ein glückliches Ratinger Rind essen, das kann man da kaufen. Es gibt eine Tortellini-Theke, in der es mindestens 10 Meter Tortellini gibt, mit Spargel oder Feige, völlig verrückt, und sehr praktisch, wenn man ein Kind hat, das dreimal am Tag irgendwas selber kochen möchte.

Der Nachteil des Ladens: Ellenlange Schlangen. Fleisch, Wurst, Käse, Bäcker, jede Schlange dauert etwa 20 Minuten. Und jetzt kommt der Teil mit dem schlimmen Ageism: Der Supermarkt ist recht teuer, in einem wohlhabenden Stadtteil und hat ein Sortiment, das zu 60+ in Burberry sehr laut spricht. 40 Sorten Fisch in Tomate und selbstgemachte Reibekuchen, keine Asia-Abteilung. Nun bin ich ja im Herzen Seniorin, das weiß ich seit Langem, aber die hohe Seniorendichte bedeutet leider auch, dass man nicht antizyklisch einkaufen kann, die Schlangen sind immer gleich lang. Was wollte ich erzählen?

Ach ja, richtig, dort stand ich heute in der Schlange, um meiner Mutter ein Stück Fleischwurst ohne zu kaufen, und vor mir stand eine Senioren, sicher über 50, in den gleichen Dr. Martens Stiefeletten, die ich trug, allerdings ohne Zebra. Dazu hatte ich eben eine Pointe im Kopf, die habe ich jetzt aber vergessen. Ich weiß nur: Wir werden alle gemeinsam alt. Das ist eigentlich ganz schön .

3 Gedanken zu „21.12.22“

  1. Ebent! Laut dem Patenonkel meines Mannes ist 60 das Eingangstor zum Greisenalter, wie er zum Entsetzen der Gesellschaft am 60. Geburtstags seiner Schwester vor versammelter Familie verkündete. Er kam mit heiler Haut davon, aber man hält es ihm immer noch (20 Jahre später) empört entgegen; 60! Pff!

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