04.01.2024

Willkommen zurück im Heizungs-Blog. Heute morgen kurzer Termin bei Vaillant, nächsten Donnerstag langer Termin bei Vaillant, aber es nimmt alles sehr gute Formen an, viele Fragen sind schon wieder sachkundig beantwortet, Termin beim Anwalt ist nächsten Dienstag, alles wird gut. Und jetzt langweilt mich das Thema (wobei es vielleicht noch mal spannend ist, wir haben heute beschlossen, dass wir voraussichtlich nicht das Gartenhaus sanieren, sondern abreißen und neu bauen, was dann zu der Frage, die beide Szenarien schwierig gestaltet, führt, nämlich wie löst man das, dass der Garten nicht mit Gerät und Autos anfahrbar ist, sondern ausschließlich über unser Haus erreichbar? Aber das muss ein anderer Mensch für uns lösen, es gibt bestimmt Leute, die das beruflich machen.

Viel interessanter finde ich gerade meine Nebenbeschäftigung über die Weihnachtszeit und die Tage danach. Und gleich, wenn ich hier fertig geschrieben habe. Seit vielen Jahren haben wir die komische Tradition, dass wir über Weihnachten so melancholisch „mit früher“ werden, und irgendwann wollen wir dann alte Fernsehereignisse wiederholen. Ich erinnere mich an ein Jahr, an dem wir Ona in einem Strudel von Traumschifffolgen verloren hatten, das arme Kind konnte nicht mehr aufhören, und wir guckten sieben Folgen hintereinander. Nur mit dem alten Kapitän, die neuen findet er doof, und wir ja sowieso. Letztes Jahre erinnere ich mich an „Ich heirate eine Familie“, eine Superserie, schon allein, weil der Mann im Keller ein Büro hat und da Architekt spielt, das erinnerte mich noch viel mehr an meine Kindheit. Dieses Jahr setzte ich etwas später ein, da wir erst alle Harry Potters und dann noch einen repräsentativen Ausschnitt von „Wer stiehlt mir die Show“, der einzigen neuzeitlichen deutschen Fernsehunterhaltung, die ich wirklich ganz phantastisch finde, gucken mussten. Doch dann kam mein großer Moment und ich guckte Folge 1 von „Die Schwarzwaldklinik“.

1986 habe ich das mit meinen Eltern auf der Couch geguckt, jede Woche eine Folge, wie so Steinzeitmenschen, und ich erinnere mich an viel Gemütlichkeit und dieses vollkommene Gefühl der Andersartigkeit dieser Welt, so in den Bergen mit Schwarzwaldhäusern und einem Möbiliar, das weiter entfernt von den Corbusier-Sofas und Metallmöbeln meiner Eltern nicht sein konnte. Eiche rustikal, okay, aber so viel davon, dass ich schon als Kind im Kopf nicht überein kriegte, wie das Haus von Professor Brinkmann von außen so riesig sein konnte, und alle Räume innen drin waren winzig und dunkel mit Eiche und Polster und getönten Fenstern mit Minisprossen, aus denen man faktisch überhaupt nicht rausgucken konnte, was ja völlig absurd ist, wenn man auf Wiesen und Berge guckt und nicht auf so ein Stück Rheinland wie wir.

Mit 47 guckt man 2024 die Schwarzwaldklinik und kommt aus dem Staunen nicht mehr raus. Ich kann gar nicht viele Szenen und Handlungsstränge wiedergeben, jeder einzelne ist so unfassbar weit entfernt von unserer heutigen Lebensrealität, dafür gibt es gar keine Worte. Eine Szene jedoch habe ich in den letzten Tagen schon oft wiedergegeben, weil sie so schön absurd ist. Stellen Sie sich vor: Ein gut gekleidetes Ehepaar, vermutlich in den 40ern, sehen aber viel älter aus, weil damals immer alle viel älter aussahen, steht im Wohnzimmer, das Telefon schellt. Der Hausarzt ist dran und erklärt, er habe den Sohn (etwa 11), der nach der Schule mit Bauchschmerzen bei ihm vorbeigekommen sei, in die Schwarzwaldklinik einliefern lassen, bei Professor Brinkmann sei er in guten Händen. Dazu sei gesagt, dass es sowieso nur drei Ärzte in der ganzen Schwarzwaldklinik gibt, und drei Schwestern, und wenn Professor Brinkmann heiratet, dann kommen auch nur diese Ärzte und Schwestern, allerdings in Berufskleidung, in die Kirche und zur anschließenden Feier, sonst natürlich niemand. Aber gut, es ist halt alles sehr familiär im Schwarzwald. Wo war ich? Ach so, ich gendere noch kurz korrekt: Ärzte UND eine Anästhesistin, Schwestern UND ein Pfleger. Jedenfalls sagt also der Hausarzt, der Sohn sei ins Krankenhaus eingeliefert worden, aber in guten Händen, und die Mutter bedankt sich und teilt dem Vater mit: „Du, das war der Hausarzt, er hat den, was weiß ich, vielleicht Rainer, ins Krankenhaus eingeliefert. Er ist in der Schwarzwaldklinik mit Bauchschmerzen.“ Vater: „Ach, in der Schwarzwaldklinik? Ja, da ist er ja in guten Händen.“ Mutter: „Ich fahr jetzt los, ich hab einen beruflichen Termin in Freiburg. Denkst du bitte heute Abend daran, dass du Rainer noch einen Schlafanzug in die Klinik bringst?“ Vater: „Natürlich.“

Call me crazy, aber das ist in meiner Welt keine realistische Szene, und ich bin mir fast sicher, dass das auch 1986 nicht das Standardvorgehen war. Der Tag endete übrigens so, dass der Sohn ohne Diagnose (er hatte einen Freund ins Krankenhaus geschickt, damit er auf Klassenfahrt fahren kann) wieder entlassen wurde und vor der Tür stand, den Befund aus der Schwarzwaldklinik hatte er auf dem Heimweg natürlich schon beim Hausarzt abgegeben. Naja, und das ist nur eine von sehr vielen Begebenheiten, die buchtechnisch nicht ganz stimmig sind, aber ich erinnere mich, dass meine Eltern das mit Begeisterung geguckt haben, obwohl die ja auch erwachsen waren, wie kann es sein, dass die nicht gedacht haben, dass das alles totaler Quatsch ist?

Und dann dachte ich Folgendes: Wenn die Lebensrealität 1986 und 2024 so unfassbar weit voneinander abweichen (Frauenbild, Umgang miteinander, Beziehungen, ALLES), dass ich das heute gar nicht mehr nachvollziehen kann, und ich gleichsam ja auch weiß, dass mein 2009 geborener Sohn denkt, wir seien totale Hinterwäldler:innen von gestern, weil wir ja „gar keine Ahnung mehr haben, was die jungen Leute heute machen“, dann ist es doch total faszinierend, wie unfassbar schnell die Welt sich verändert, während wir einfach dabei sind. Und wenn meine Mutter mit dem Familienbild und Wertegerüst von Professor Brinkmann ausgestattet ist, dann ist es schon nachvollziehbar, dass sie bis heute noch den inhaltlich falschen Satz sagt: „Dein Mann hilft dir wirklich viel im Haushalt“, während mein Kind später wahrscheinlich gar nicht mehr weiß, was ein Haushalt ist, weil alles von unsichtbaren Drohnen erledigt wird. Ich schweife ab.

8 Gedanken zu „04.01.2024“

  1. Die Schwarzwaldklinik war schon 1986 für mich, damals 33 Jahre alt, absolut Schnee von gestern, ihre Rollenbilder extrem antiquiert, ein einziges Ärgernis – nicht dass ich oft Folgen von ihr gesehen hätte, für so eine Bewertung braucht man ja nicht viele Folgen gesehen zu haben. Dass „Lebensrealität 1986 und 2024 so unfassbar weit voneinander abweichen (Frauenbild, Umgang miteinander, Beziehungen, ALLES)“ stimmt so nicht ganz, denn die Schwarzwaldklinik war schon damals das Refugium der Gestrigen.

    • Die Schwarzwaldklinik war schon 1986 für mich, damals 33 Jahre alt, absolut Schnee von gestern, ihre Rollenbilder extrem antiquiert, ein einziges Ärgernis – nicht dass ich oft Folgen von ihr gesehen hätte, für so eine Bewertung braucht man ja nicht viele Folgen gesehen zu haben. Dass „Lebensrealität 1986 und 2024 so unfassbar weit voneinander abweichen (Frauenbild, Umgang miteinander, Beziehungen, ALLES)“ stimmt so nicht ganz, denn die Schwarzwaldklinik war schon damals das Refugium der Gestrigen. (Ich sollte vielleicht dazu sagen, dass mein Onkel zu dieser Zeit Leiter einer Uniklinik war und ich selbst einige Zeit dort arbeitete, so dass sich direkte Vergleiche anboten, was dann auch meinen negativen emotionalen Bezug zu dieser Serie erklärt.)

  2. Die Schwarzwaldklinik war schon 1986 für mich, damals 33 Jahre alt, absolut Schnee von gestern, ihre Rollenbilder extrem antiquiert, ein einziges Ärgernis – nicht dass ich oft Folgen von ihr gesehen hätte, für so eine Bewertung braucht man ja nicht viele Folgen gesehen zu haben. Dass „Lebensrealität 1986 und 2024 so unfassbar weit voneinander abweichen (Frauenbild, Umgang miteinander, Beziehungen, ALLES)“, stimmt so nicht ganz, denn die Schwarzwaldklinik war schon damals das Refugium der Gestrigen. (Ich sollte vielleicht dazu sagen, dass mein Onkel zu dieser Zeit Leiter einer Uniklinik war und ich selbst einige Zeit dort arbeitete, so dass sich direkte Vergleiche anboten, was dann auch meinen negativen emotionalen Bezug zu dieser Serie erklärt.)

  3. Sorry, da ist was schief gelaufen, bitte die ersten beiden Kommentare und das hier löschen, danke, danke!

  4. Na toll, jetzt habe ich den ganzen Tag die Titelmusik im Ohr… Ich habe das damals auch geschaut, keine Folge verpasst und unter Leben der „Reichen und Schönen“ abgelegt. Wenn ich das heute sehe, finde ich es auch ziemlich absurd, was für ein, zwei Folgen auch mal Spaß macht.

  5. Vor Abriss und Neubau des Gartenhauses unbedingt klären, ob da dann eine Baugenehmigung notwendig ist und ob die dann nicht neue Auflagen hat. Meine Eltern wollten auf ihrem Gartengrundstück eigentlich die alte Gartenlaube abreißen und eine neue hinstellen – hätten dafür aber eine neue Baugenehmigung benötigt und die nicht bekommen wegen der Schuppen drumrum (mit Abstand, aber nicht weit genug). So ist es dann doch ein Umbau geworden, der ohne Genehmigung ging.

  6. Oh ja Schwarzwaldklinik! Für mich war das im Westfernsehen ja ganz großes Kino. An die Folge mit Bauchschmerzen und Klassenfahrt (war am ende dann Blinddarm) kann ich mich sogar erinnern.
    Habe dann zu Beginn der 2000er im Mutterschutz ;-), die Wiederholungen geschaut und nicht die Faszination nicht mehr ganz nachvollziehen können. Einzig Evelyn Hamann als Haushälterin fand und finde ich nach wie vor großartig.

    Hinsichtlich Gartenhaus würde ich mich streckenwiese anschließen. Baurecht ist manchmal kompliziert.

  7. Me three hinsichtlich des Gartenhauses. Unser Haus darf nur stehen, wo es steht, weil es das schon seit 1920 tut. Bestandsschutz ist ein kostbares Gut — wenn er einmal weg ist, ist er weg …

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