Story of my life

Ein wiederkehrendes Element in meinem Leben ist ja, dass ich lange Zeit entweder hinter etwas her hechele, um es dann zu erreichen und festzustellen: Oh, doof (Jobs, Männer), oder dass ich monatelang in meinem Kopf irgendetwas plane oder es im Internet recherchiere, um es dann bis ins letzte Detail durchgedacht umzusetzen, dann eine Woche etwa total glücklich zu sein und dann geht alles kaputt oder ist schlecht. Warum das so ist, ist mir nicht klar. Vielleicht gibt es ja doch einen Gott und er ist mit meiner Kirchenperformance unzufrieden.

Neulich kaufte ich ja ein neues Wohnzimmer, Sie erinnern sich, es kam zur Sprache. Das hatte ich jahrelang durchdacht und geplant, aus verschiedenen Gründen aber nie exekutiert. Dann war alles endlich recherchiert, gefunden, gemessen, bestellt und aufgebaut, und zu guter Letzt wurde ich sogar ein Mensch, der einen Fernseher hat, und für vier Wochen konnte ich mir ein Leben ohne all dies nicht mehr vorstellen. Wie konnte ich jemals ein Mensch ohne Fernseher sein? Nun bin ich natürlich immer noch ein Mensch ohne Fernsehanschluss, das muss sich aber auch nicht ändern, da ich ausschließlich die ARD und ZDF Mediatheken nutze, und ein bisschen YouTube und ein bisschen Netflix, das aber sogar eher im Bett auf dem IPad, aber der Gewöhnungseffekt, wenn man einmal Karl Lauterbach gestochen scharf auf 65 Zoll gesehen hat, ist immens.

Am Wochenende hatte ich Besuch aus – sagen wir mal – der erweiterten Unterhaltungsbranche. Und zack, guckt man Dschungelcamp, es gibt da eine App, dann kann man für 5 Euro im Monat Dschungelcamp gucken. Das Kind war begeistert, es guckt sonst Bundespressekonferenz oder Tagesthemen oder, an Sonn- und Feiertagen, Harry Potter. Die App funktionierte aber nicht gut, alle paar Sekunden erschien ein Lügenbalken mitten auf dem Bild, dass die Internetverbindung verloren sei, sie war aber gar nicht verloren, um den Lügenbalken zu entfernen musste aber jedes Mal der Fernseher ausgemacht werden. Neustart Router, Neustart Fernseher, gleiches Problem. Nachdem der Besuch am Montag abgereist war, wurde die schlechte Lügenapp wieder ausrangiert und ich guckte eine politische Talkshow in einer der öffentlich rechtlichen Mediatheken. Zack. Lügenbalken. Dann guckte ich eine politische Talkshow in der anderen öffentlich rechtlichen Mediathek. Zack. Lügenbalken. Neustart, Lügenbalken. Ich war erschüttert. Andere Apps funktionierten noch, vom Laptop auf den Fernseher spiegeln auch, das schloss aber gleichzeitiges Gucken und Arbeiten aus. Also recherchierte ich, stellte dann fest, dass es wohl mit einem Update der Fernsehertechnik zu tun hat, dass ganz viele Menschen ARD, ZDF und RTL+ nicht mehr über die Apps gucken können und dass man nun hoffe, dass der Hersteller das schnell reparierte, und dann war ich sehr traurig, weil einfach für ein paar Wochen alles sehr sehr schön war, und jetzt hab ich da so ein Riesentrumm hängen und kann damit höchstens die Biene Maja gucken.

Das zweite Feld, das ich von langer Hand geplant und neugestaltet hatte, war ja meine Bettwäschesituation. Auch da: Lange überlegt, recherchiert, dann einem Hinweis gefolgt, schockverliebt, viele hübsche gemusterte Dinge gekauft und dabei gegen ein persönliches Lebensmotto verstoßen. Meine Eltern pflegten zu sagen: Wer billig kauft, kauft oft, und seit ich in der Situation bin, das entscheiden zu können, achte ich sehr auf Qualität und bin damit hervorragend zufrieden. Ich bin ja insgesamt nicht sehr offen für Abwechslung, also möchte ich nicht viel oder oft kaufen, dafür aber gerne so, dass ich vollumfänglich zufrieden bin. Bei der Bettwäsche war ich kurz abgelenkt von den hübschen Mustern und den guten Marketingfotos und kaufte günstig, dafür mehr, und soeben habe ich mein Bettlaken gewechselt, weil Schnitt oder Gummizug, ich weiß es nicht genau, von dem wirklich atemberaubend hübschen günstigen Laken so schlecht sind, dass ich jeden Morgen aufwache in einer Situation, die im besten Fall an ein Foto von Anne Geddes erinnert. Die schlafende Frau in einer Erbsenschote. Jede Nacht lösen sich die Verbindungen von Ecken und Laken, und dann rollt sich alles um mich rum, und morgens wache ich auf und das Bettlaken hat exakt die Form von mir (schlafend) eingenommen. Das macht mich äußerst unzufrieden. Also habe ich gerade ein einfarbiges hellblaues Laken aufgezogen, morgen wird alles da sein, wo es jetzt in diesem Moment ist, ich werde die beiden gemusterten Bettlaken vermutlich ein Jahr in der Bettlakenschublade liegen haben (weil: Sie sind ja so schön), dann werde ich sie irgendwo im Wohnzimmerregal hinter eine Schranktür legen (weil: Ich könnte ja Kissenbezüge daraus nähen), und nach einem weiteren Jahr werde ich entweder dieses Fach im Schrank für verloren erklären, oder ich werde sie zum Kaufhaus der Diakonie bringen, wobei sich das falsch anfühlt, weil sich dann andere Menschen immer ärgern müssten. Und das ist ja auch nicht in Ordnung. Andererseits: Ich hab ja noch zwei Jahre Zeit, einen Plan zu machen.

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