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Es ist nicht alles schlecht. Manchmal passieren selbst mit so einem pubertätsnahen Kind Dinge, die mich völlig unerwartet treffen. Zum Beispiel, dass er ins Gartenhaus geht, die Legokisten aus seiner und seines Vaters Kindheit holt und dann was baut. Also so wie heute.

Und als wäre das nicht schon erstaunlich genug – er hat seine komplette Kindheit durch nur zwei Dinge gespielt: Lego und Hottowiels, also Auto, da war auch nix zu machen, ich wollte hin und wieder anderen Input bieten (hahaha, ausgerechnet ich!) und kaufte, was immer die anderen Mütter um mich rum als ganz besonders super für die Kreativentwicklung oder was auch immer empfahlen, das wurde dann exakt einen Tag mit größter Inbrunst bespielt, und dann holte er die Legokiste – war es zudem so, dass digitale Videospiele dazu geführt hatten. Mein Mutterherz ist ganz warm.

Als verspätetes Weihnachtsgeschenk von der Familie von Herrn H, wir feiern seit ein paar Jahren nicht mehr zusammen, da ich mit meiner Familie feiere und seine Familie an den verfügbaren Tagen einfach gar nicht in Düsseldorf ist, und ich auch immer Einladungen freundlich und charmant ablehne mit dem gar nicht ironisch gemeinten Satz „das Beste an Trennung ist doch, dass man nicht mehr mit Schwiegers unterm Baum sitzen muss, haha“ – „haha, du bist immer so lustig“ – „ja, lustig, ne?“, und ohne mich finden sie aus unerklärlichen Gründen nicht zusammen, packte Ona heute noch ein Nachzüglergeschenk aus, welches er extrem super fand, ich sogar auch, ich gebe es zu: Ein ferngesteuerter Super Mario, der mit der Switch gelenkt wird und eine kleine Kamera vorne hat, damit man in der ganzen Wohnung alles angucken kann, wenn man auf dem Sofa sitzt. Das war etwa 10 Minuten extrem lustig, dann entschied das Kind, das Auto müsse einen Parcour haben, und zwar nicht den popeligen, der mitgeliefert wurde, sondern einen echten, und seitdem baut er Lego. Ich finde es hervorragend.

Und wie extrem super Marketing to kids doch ist. Ich zitiere aus der Produktbeschreibung: „Steuere ein Kart in bekannter Mario Kart-Manier ? aber in der echten Welt!“ Also verrückt, modernste Technik. Extrem gute Grafik, so eine echte Welt. Diese Verdrehung von digital und analog, das nicht mehr Erinnern daran, wie die echte Welt eigentlich aussieht und was sie bietet, das kenne ich auch von mir. Ich habe immer schon viel online gekauft, seit man online kaufte. Zu Beginn des Studiums war jeder private Trip nach England geprägt vom Suchen und kaufen englischsprachiger linguistischer Fachliteratur, die ich dann im Schrank stehen hatte, wo Andere nur Hadumod Bußmann stehen hatten. Dank diesem einen Onlinebuchhandel heute ja vollkommen undenkbar. Wenn ich ein englisches Standardwerk haben möchte, bestelle ich es, und morgen ist es da. Ich finde es ja sehr schön, dass ich noch weiß, wie anstrengend Vieles früher war, das lässt mich umso mehr genießen, wie einfach alles heute ist. Früher hatte ich kein Regal mit Schubladen, also musste ich meine Stimmflöte immer suchen, um die Gitarre zu stimmen. Heute weiß ich, wo meine Stimmflöte ist, und die Gitarre stimme ich mit meiner Handyapp. Aber ich wollte eigentlich erzählen, dass auch in meinem Kopf digital und analog manchmal sehr durcheinander gehen. So passiert es mir regelmäßig, dass ich irgendetwas plötzlich sehr zeitnah brauche, sagen wir mal einen gelben Textmarker, und dann gucke ich schnell, ob ich Textmarker für den gleichen Tag bestellen kann, das ist dann fast immer nicht der Fall, also bestelle ich Textmarker, die am Folgetag geliefert werden, und dann überbrücke ich im Kopf die Zeit, bis der Postbote klingelt und denke mir, dass es doch perfekt wäre, wenn man die einfach bestellen und dann in kürzester Zeit irgendwo abholen könnte. Zum Beispiel an so einem Ort, wo einfach ganz viel Bürobedarf versammelt ist, und jede*r kann sich dort abholen, was benötigt wird. So was muss es doch geben. Ohne Wartezeit, ohne Postboten, die trotz des an der Haustür vom Mitbewohner angebrachten Zettel, man möge bitte bei Lieferungen jeder Art, die eine Übergabe erfordern, eine Maske tragen, ohne die Angst, dass das Paket genau dann kommt, wenn man gerade unter der Dusche steht und es dann am nächsten Tag in dieser ganz schlimmen Postfiliale abgeholt werden muss, also ohne all diese komplizierten Sachen. So was wie ein Laden oder so.

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