Ich mache beruflich etwas, das immer dann floriert, wenn alles andere lahmliegt. Und vielleicht ist das auch gut so, ich selber floriere nämlich auch immer dann, wenn alles andere lahmliegt. Wenn man morgens aufwacht und als erstes sieht, dass Europas größtes AKW brennt, dann weiß man, dass bis zum nächsten Feierabend vielleicht noch etwas hin ist. Nur so ein Bauchgefühl. So habe ich also den Tag über Dinge gemacht, von denen ich nie gedacht hätte, sie zu machen. Wie so viele von uns.
Ich schreibe nichts über den Krieg. Ich lese auch nichts über den Krieg. Fast nichts. Seit Tag 1 mache ich mir Gedanken, aber nun ist es ja nun wirklich nicht so, als wüsste ich irgendetwas auf der Welt, das mich befähigen würde, über Putains Gemütszustand, Ziele oder nächste Schritte etwas zu sagen. Und ich möchte auch nicht wissen, was Sie sagen. Das ist nämlich vermutlich egal. Zum ersten Mal seit März 2020 befinde ich mich in einer Situation, in der ich bis ins Mark überrascht bin, und nein, das ist auch nix. Ich bin anders gepolt. Ich durchdenke Situationen so lange, bis ich alle Eventualitäten zusammengetragen habe, überlege alle möglichen nächsten Schritte und deren Konsequenzen drei Ebenen runter, und am Ende weiß ich vermeintlich, was wann wie warum passiert und was jetzt eigentlich das Schlauste wäre, und wenn zum Beispiel Pandemie ist und man auch noch im Herzen der Pandemie arbeitet, dann hat man viele ernüchternde Momente, weil ja sehr oft nicht das politisch umgesetzt wird, was eigentlich sinnvoll wäre, aber gut, dann bleibt ja immer noch der eigene Mikrokosmos, und da macht man einfach nach dem gleichen Modell die persönliche Subsumption, und zack, weiß man, was zu tun ist und alles ist wieder okay. Ich weiß jetzt gar nix. Ich kenne die Berichterstattung der öffentlich rechtlichen Medien und zweier Leitmedien, und das reicht, um zu wissen: Ich weiß nix, aber wenn ich was wüsste, wäre es auch egal.
Damit möchte ich übrigens nicht das Elend der letzten 2 Jahre kleinreden, keineswegs. Aber so im Nachhinein betrachtet, also aus der Perspektive von „Pandemie plus Krieg drei Sekunden vor Natobündnisfall“ weiß ich, dass ich eigentlich recht entspannt war in den letzten zwei Jahren, oder mindestens, seit wir, also die Menschen, die mir lieb sind, geimpft sind. Weil ich ja immer zusätzlich einfach machen konnte, wovon ich wusste, dass es sinnvoll ist, um mich und die Menschen, die mir lieb sind, zu schützen. Naja. Das ist jetzt halt anders.
Ja.
Das.
Ja, manchmal wünsche ich mir wieder „nur“ Coronanachrichten oder wie eben auf extra3 (aus der Konserve, original von Mittwoch) gesagt, eine soldie Pressekonferenz mit Lothar Wieler
.. genau das. Ich war 2001 reisenderweise sechs Wochen in der Ukraine und frage mich, wie es den Menschen geht, denen ich dort begegnet bin …. Corona ist zwischenzeitlich „alltäglich“ geworden…..
Diese elende Situation beschäftigt mich sehr, ich muss sogar Twitter auslassen, weil ich es nicht ertragen kann. Kenne ich so nicht von mir. Ich gehe mit den Dingen um, in dem ich alles lese, was ich finden kann.
Ich habe geweint, als ich auf einer Liste einer hiesigen Diakonie sah, dass Cremes für Wunde Babypopos gesammelt werden. Und ich bin wirklich grundsätzlich äußerst schlecht im Weinen.
Es macht mich wirklich fertig. Und das nur vom Zulesen.
eigentlich bin ich zupackend, war es jahrzehnte. nun versuche ich kindern und enkelkindern mut zu machen ohne beweise dafür zu haben, dass es nicht meine utopie ist, der ich folge.
es gibt alles gleichzeitig, wir helfen und freuen uns am gemeinsamen essen. wir erfahren unsere ohnmacht und können auch unsere kraft zum widerstand spüren. wir dürfen nicht aufgeben, wir, die noch unsere wohnungen haben. wir sollten unsere kraft und phantasie pflegen und helfen und unsere verzagtheit kleinhalten.
und ja, die pandemie war für uns nach der impfung alltag, den wir mit vorsicht gut leben konnten, es lag meist in unserer hand. nun diktiert jemand anderes die ereignisse.
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Das ist jetzt halt anders.
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Und dann kommt der nächste Hammer.
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