Learning by blogging

1) Nicht alle Babies sind niedlich. Ich möchte sagen, dass mein vollumfänglich geliebtes Kind anfangs ein wenig nach Alien aussah (sorry Ona, hab dich lieb! Du siehst voll super aus, cool und alles! Super Frisur!). Mit den Jahren gab sich das, und mit 3 war er an einem Punkt angekommen, dass ich mir gestern nicht vorstellen konnte, dass es jemals ein niedlicheres Kind gegeben haben könnte. Langsam wachse ich aus dem Alter ja raus, aber als es neulich noch so war, dass alle Akademiker ringsum ihr drittes Kind per Postkarte präsentierten, habe ich mich im Einzelfall schon mal gefragt, aus welchen Gründen man sich wohl für das abgebildete Foto entschieden haben könnte. Jetzt weiß ich das. Hormone bewirken, dass man denkt, das sei ein gutes Foto. Mit 3 sind die Hormone wieder weg, und dann wählt man nur noch die Bilder aus, wo das Kind wirklich niedlich drauf ist. War in meinem Fall ja kein großes Problem. Zum Beispiel dieses:

2) Ich musste mit einer Lebenseinstellung aufräumen, die mich bis ins mittlere Alter begleitet hat: Ich ging zeitlebens davon aus, dass ich ein near-identic memory habe, dass ich mir einfach unfassbar gut Sachen merken kann. Ich kann noch immer alle Hanni und Nanni Platten mitsprechen, ich kann die Telefonnummer von Willy Tanner auswendig, und natürlich 10 Staffeln Friends. Ich kann bis ins letzte Detail Gespräche von vor 10 Jahren wiedergeben, und ich ging immer ganz selbstverständlich davon aus, dass alles, was ich bewusst tue und erlebe, gespeichert bleibt. Wenn man übrigens 10 Staffeln Friends auswendig kann und dann in die USA zieht, ist das super, denn nur die Wenigsten erkennen Zitate wieder und alle denken, man sei unfassbar witzig. Ist man halt nicht, man kann nur gut Sachen behalten. So kam es also, dass ich gestern ein paar Blogeinträge von 2011 und 2012 las, und, naja, ich sags mal so… ich bin hier nicht angetreten, um mir Sachen auszudenken, und deshalb habe ich das auch sicherlich nie getan, das Leben ist ja bekloppt genug, aber das ist alles passiert? Das ist ja verrückt. Ich war einst auf dem 40. Geburtstag vom berühmten Künstler Eric ehem. Prieditis eingeladen, und dessen jetzt Frau sagte nach 2 Bier zu mir: Das kann ja gar nicht sein, was dir immer passiert. Ich habe damals geantwortet, dass das ja wohl allen passiert, ich mache mir nur die Mühe und schreibe es auf. Umso toller, wenn man Jahre später dann plötzlich liest, was man mal einst so erlebt hat. Nicht, dass Sie jetzt denken „och wie schade, jetzt wird sie sich ja nie mehr erinnern können, was sie in der Zwischenzeit erlebt hat“, faktisch habe ich aber in der gesamten Zwischenzeit durchgehend 80 Stunden Wochen gearbeitet mit maximal 2 Wochen frei im Jahr, und folglich habe ich überhaupt gar nix erlebt, was noch irgendwie pangalaktisch wichtig gewesen wäre, wenn überhaupt vielleicht der folgerichtige Schlaganfall, aber den habe ich ja sogar noch geteilt. Das muss also wieder anders werden, und da sind Sie jetzt Teil von. Ich möchte wieder Dinge aufschreiben, die mir passieren, und um das tun zu können, muss ich einfach auch wieder Dinge machen, die nicht über einen NDA zur Verschwiegenheit verdammt sind. Das mag sich anfühlen wie Midlife Crisis – ja, tut es – für viele Menschen ist das einfach normal, denke ich. (Ich hab übrigens die allerabgefahrensten Dinge beruflich erlebt. Wirklich. Und mit echt abgefahrenen Leuten. Diktatoren und so. Aber die nehme ich mit ins Grab.)

Was wollte ich sagen? Ach ja, eventuell, und das gab Frau N. gerade zu bedenken, hatte ich ja überhaupt nie ein gutes Gedächtnis (und ja, ich konnte nie erzwungen auswendig lernen, zum Beispiel), ich habe nur einfach komplett vergessen, wenn ich mal was wusste und dachte dann, das ist neu. Also ganz üblich. Auf den Gedanken kam ich übrigens, als ich gestern las, dass ich Stellung zum Tod von Whitney Houston genommen hatte. Vor nicht allzu langer Zeit passierte nämlich Folgendes: Kompagnon: „Das ist schon länger her als der Tod von Whitney Houston.“ – „WHITNEY HOUSTON IST TOT??“ – „Ja, und die Tochter auch.“ – „DIE HATTE NE TOCHTER???“ Wusste ich alles. War nur weg. In meinem merkmüden Hirn verloren gegangen.

3) Ich werde nie mehr Cliffhanger benutzen. Wenn man die nicht auflöst, kommt man hinterher aus dem Grübeln nicht mehr raus. So schrieb ich nämlich einst:

„haette ich nicht gerade einen 19-stunden-tag hinter mir, haette ich jetzt viel zu erzaehlen. demnaechst.

nur ein kleines appetithaeppchen:

studentin: „that’s impossible! you cannot really do that!“
herzbruch: „oops, i just did.“

fortsetzung folgt.

Fucking Fortsetzung folgte nicht. Ich weiß nicht, what I just did. Frau N. weiß nicht mehr, what I just did. Niemand weiß mehr, what I just did. Daher möchte ich Sie um Mitarbeit bitten. Solche Vorfälle können in Zukunft nicht mehr passieren. Und ich kann mir ja offensichtlich nix merken, das habe ich ja gerade sehr gut hergeleitet. Bis an mein Lebensende werde ich mich fragen, what I just did. Bitte erinnern Sie mich, wenn Info fehlt. Danke.
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