Ich bin zutiefst beleidigt. Zutiefst. Ich musste nämlich eine Muckisuppe kochen, das heißt bei uns so, seit das Kind mit 2 Jahren oder so damit gut beeindruckt werden konnte, dass Essen Muckis macht. Also Muckisuppe, Gemüsesuppe, bis heute sein Lieblingsessen, und Muckoli, also Brokkoli, aber da hatte ich leider überreizt und konnte nicht bewirken, dass er so für das Gemüse brennt, wie seine Eltern das tun. Zucchini, das Gemüse, das mich so langweilt, dass Sie sich bitte sparen müssen, jetzt ihre besten Zucchinirezepte in den Kommentaren zu verraten, ich bin nicht mehr bekehrbar und werde Zucchini natürlich immer essen, wenn sie auf meinem Teller landet, es gibt ja keinen Grund, Zucchini nicht zu essen, was nach nichts schmeckt, schmeckt ja nicht schlecht, also Zucchini habe ich einst geopfert und als großes Schreckgespenst aufgebaut, das Go-To-Gemüse, wenn ich nur Zeit für schwarze Pädagogik habe und eine Entscheidung herbeiführen muss. Anwendungsbeispiel: „Ich koche heute abend ein Curry mit Kürbis.“ „Oh nee, nicht mit Kürbis, Kürbis ist voll doof.“ „Okay, kein Problem, dann mache ich ein Curry mit Zucchini.“ „Kürbis ist okay.“ Das ist für mich fein, ich verhandele besser, seit ich die Zucchini geopfert habe, und mir fehlt nichts, ich finde ja jegliche Tätigkeit, die nötig ist, damit ich hinterher etwas ohne Textur und Geschmack auf dem Teller habe, ineffizient, und Effizienz, Sie wissen das, ist mein härtester Motor.
Heute wachte ich jedenfalls auf und verspürte ein Kratzen im Hals, so, wie man sich fühlt, wenn man theoretisch erkältet wird. Praktisch darf ich nicht erkältet werden, da ich Freitag erst im Norden der Republik Termine wahrnehmen erst muss, dann möchte, und dann ist Sonntag Wahl, und dann kommt Frau Klugscheißer und dann fliegen wir in Urlaub. Ja. Schon wieder. Richtig. Nach Italien, ich muss in Florenz Parfum kaufen und in Cinque Terre Fotos für Instagram machen. Ich steige aber natürlich nicht erkältet in ein Flugzeug, wer weiß, am Ende wird man plötzlich einfach rausgeworfen, weil man sich einmal zuviel geräuspert hat, also muss ich JETZT SOFORT wieder topfit sein. An notwendigen Maßnahmen habe ich – nach einem negativen Coronatest natürlich – die folgenden unternommen: 3 Tassen Minztee mit Honig getrunken, 6 Eukalyptus-Erkältungskapseln gegessen, 2 mal 200 mg ACC akut 200, sehr lange sehr heiß geduscht, und eben eine Muckisuppe gekocht. Gleich gehe ich sehr früh schlafen, und morgen werde ich wieder topfit sein, soweit der Plan. Ich bin mir sicher, dass Sie das alle miterleben wollen, wie ich in einer uralten Florenzer Apotheke das Parfum, das sonst importiert wird, vor Ort kaufe, auch dann, wenn es Patchouli ist und Sie das alle hassen. Es gibt ja noch kein Geruchsinternet, und eben waren meine Schwester, mein Schwager und meine Mutter gegenüber mit Jonathan im Biergarten und dann noch ein Stündchen bei uns im Garten, und bei der Verabschiedung fragte meine Schwester, die in meinem Windschatten saß, wonach ich denn röche. Patchouli. Und noch nicht mal das Parfum, sondern meine Duschseife. Ich habe ihr ein Stück geschenkt, dann war meine Mutter beleidigt, die kriegte dann ein Stück Lavendelseife, für die ich keine Verwendung hatte, und dann war alles wieder gut.
Ansonsten kann ich mitteilen, dass ich final das Interesse an der Wahl, an Politik, an allem verloren habe, und vielleicht ist das gut so. Ich bin eben sogar bei der Bundespressekonferenz kurz eingenickt, das war neu. Ich habe genug gesehen, habe mich genug aufgeregt, und jetzt ist die Zeit gekommen, mich mit anderen Themen zu beschäftigen. Bald ist zum Glück ja Herbst, dann kann ich vielleicht ein Hörbuch hören, Dan Brown oder irgendetwas, wobei es egal ist, wenn man 3/4 nicht mitkriegt, und dabei was stricken. Das ist auch schön. Sogar schöner als Armin Laschet.
Sonntag bin ich aus dem Norden wieder da, und dann bringe ich meinen Briefwahlzettel ins Wahllokal, und dann werde ich noch einmal sagen „an mir lag’s nicht“, und dann können alle machen, was sie wollen. Ich hatte es gestern kurz getwittert, was auf einige Zustimmung stieß, jedenfalls ist mir überhaupt nicht klar, wie es sein kann, dass die Grünen nicht die absolute Mehrheit bekommen werden, das ist mir unerklärlich. Und nun ist politische Einstellung durchaus etwas, was diskutiert werden kann, ich hatte aber in der Kommentarsektion keine Lust mehr, denn das einzige, was ich fragen würde, ist: Und Laschet kann das besser? Und Scholz kann das besser? Und ja. Scholz ist unwählbar. Das ist meine persönliche Meinung, und ich wohne noch nicht mal in Hamburg. Aber das neue Ich ist ja politisch inhärent desinteressiert, deshalb darf der auch Kanzler werden, und dann ist das für die Wirtschaft und die Braunkohle und die Warburg Bank super, mir ist das ja egal, ich bin dann ja jetzt so jemand, der das egal ist.
Und dann schuldete ich neulich noch meine Two Cents zu dem Interview von Romeo und Pauline mit Armin Laschet, was ich denn davon halte. Das kann ich sehr gerne sagen. Ich fand es super, und ich war sogar für einen kurzen Moment überrascht. Dass Ziemiak ein Pimmel ist, ups, das hatte ich bestimmt schon einmal irgendwo kommuniziert, und dass es auch nicht zwingend zu einem Themenwahlkampf mit Tiefgang führt, wenn man die Bild anheuert (was ist eigentlich mit der Bild, ab wann wird die eigentlich vom Verfassungsschutz beobachtet=), ist auch klar. Eine kleine repräsentative Studie zeigte jedoch neulich, dass ein niedliches Foto von meinem Hund als Kind mehr Likes kriegt als ein durchschnittlicher Armintweet von Tanit Koch, ich würde sagen, da ist die Welt also noch in Ordnung. Jedenfalls haben wohl alle, die in irgendeiner Form mit der Außendarstellung des Kandidaten zu tun haben, sehr gepennt, es ist nämlich so, dass sogar mein 12jähriger Sohn „schon lange“ Fan von Romeo und Pauline ist, weil die immer so hammerharte Fragen stellen, zum Beispiel an Rapper. Nun hat Ziemiak nicht Jonathans Handynummer, aber bevor man so ein Interview annimmt, kann man ja mal ein paar andere von den Interviewern gucken, um sich vorzubereiten, und spätestens nach dem allerersten hätte man den Gag ja verstanden. Was ich nicht verstanden habe, war die gesamte Diskussion rundum das Thema „aber da werden ja Kinder instrumentalisiert, die haben doch gar nicht die Fragen selber ausgedacht, die sind ja noch klein.“ Dazu denke ich Folgendes, sollte es Ihnen auch so gehen: 1) Sie haben das Format nicht gut verstanden. Das ist nicht die Sendung mit der Maus, sondern ein Element in einer Late Night Show. Kennen Sie noch die dicken Kinder von Landau? Genau. 2) Maybrit Illner hat ihre Fragen auch nicht selber geschrieben. Es gibt kein Gesetz, das sagt, dass man seine Fragen selber schreiben muss. 3) Das Format an sich ist eventuell das einzige, das wir in der gesamten heißen Wahlkampf-Phase brauchten. Vielleicht noch ein Triell, für die Leute, die keine Lust hatten, Wahlprogramme zu lesen. Es ist nämlich so. Haben Sie jemals Scholz oder Laschet in irgendeinem Fragenformat eine Frage beantworten sehen? Nein? Ich auch nicht. Das ist nämlich überhaupt nicht vorgesehen. Googlen Sie mal die Bundestagsrede von Loriot. Es gibt eine ganze Armada von eingeübten Routinen, festen Formulierungen und einen Bauplan, wie man von Frage A zu auswendig gelernter Antwort B kommt. Und das ist jetzt nicht nur Laienwissen. Es gibt eine Reihe von Kernbotschaften, und das, was die echte Leistung in so einem Triell oder diesem *wirklich* schlimmen Format mit dem runden Studio und den Bürgern, die emotional Fragen stellen, ist das in kurzer Zeit Abwenden der Frage A und das unbemerkte Hinlenken zu Standardantwort B. Am schlechtesten und damit am besten macht das Annalena Baerbock, die einfach sagt, was sie machen würde, aber das will „der Wähler“ (cf Laschet) ja auch nicht hören und in Umfragen ist sie dann nett aber inkompetent. Schade. Und immens frauenfeindlich.
So ein satirisches Interview von zwei Kindern, die mit großen Rehaugen ganz kompromittierende Fragen stellen ist nicht die super Onkel-Opportunity, die das Laschet Wahlkampfteam sich ahnungslos vorstellte, sondern das eine Format, wo die Frage A zu Antwort B-Taktik nicht aufgeht. Und auch das hätte man vorbereiten können, Scholz hat das wohl gemacht. Und damit ist das für mich das absolute Wahlkampf-Gewinnerformat. Lanz, Illner, Plasberg und alle anderen können ja ganz knallhart 10 Mal unterbrechen und wie Bridget Jones, hard headed journalist, die Frage noch mal stellen, eine Antwort kommt nie. Nie. Das fällt vielleicht nicht so auf, weil sie so bestimmt rüberkommen, aber eine Antwort kommt nie. Mit Kindern geht das nicht, die haben sich ja nach 3 Sekunden Onkelmonolog ein Endgerät genommen, außerdem (das hat Laschet jetzt gelernt) muss man nett zu Kindern sein, und wenn die einen Knopf im Ohr haben, dann fragen die halt nach, wenn man rumonkelt, und dann müsste man eine vernünftige, kindgerechte Antwort geben. Oder man pöbelt sie dann an, aber das ist in der Außenwahrnehmung eigentlich auch nix.
Oh. Jetzt ist es doch noch mal mit mir durchgegangen. Jetzt esse ich Suppe, dann gucke ich eine Serie und dann gehe ich schlafen, damit ich morgen wieder ganz gesund bin. Ja. So mach ich das.