Herzregen im Urlaub – Teil 7

7 ist eine schöne Zahl, eventuell ist das nämlich das Letzte, was ich hier schreiben kann. Frau N und ich leiden unter dem gleichen selbstverschuldeten Problem: Unser Abdominalbereich ist einfach komplett voll, wodurch sich unsere Zwerchfelle nicht mehr entfalten können, und das ist vermutlich sehr schlecht, wenn man ermattet einschläft.

Wir haben soeben das letzte (geplante) Erlebnis beendet, absurderweise ein Dinner, obwohl wir beide eigentlich schon nicht mehr essen konnten. Es fand auf einem Schiff statt, welches auf der Moldau rumfuhr, und das war ausnahmslos hervorragend. Hätten wir mehr Raum im Abdominalbereich gehabt, hätten wir sicher mehr gegessen, aber es gab Obst und Käse, und wie wir ja schon von Asterix wissen: Käse schließt den Magen.

Mein Magen ist auch jetzt wirklich final geschlossen, auf dem Rückweg brauchten wir für die 900 Meter länger, als das Handy uns angekündigt hatte, eine Situation, die so vermutlich noch nie eingetreten ist. Die Zeitangaben basieren auf den Werten von Menschen, die langsamer gehen als ich, und auch Frau N rennt immer nur wie eine Irre. Heute konnten wir allerdings nicht rennen, jeder Bürgersteig, auf den wir uns hieven mussten, war einer zuviel, ich musste zwischendrin stehenbleiben, um eine Position einzunehmen, in dem ich mein Zwerchfell entfalten kann, und irgendwann blieben wir stehen, um zu atmen und beschlossen, jetzt langsam zu laufen, so richtig langsam. Das hat natürlich nicht geklappt, weil wir auch beide den Wunsch verspürten, schnellstmöglich eine halbliegende Position in einer Hose ohne Knopf einzunehmen, also gingen wir doch wieder schnell, aber es lohnte sich, wir liegen jetzt. Bevor wir Sachen im Internet machten, besprachen wir noch schnell, dass wir zwischendurch sehr laut und leidend atmen müssen, dass das aber keinen Grund zur Besorgnis darstelle, und so ist es jetzt. In dieser Sekunde atmet Frau N gerade sehr laut und leidend aus.

Ich kann wirklich überhaupt nicht sagen, wann ich mich das letzte Mal überfressen habe. Vielleicht habe ich mich auch noch nie überfressen. Ich habe einen sehr gesunden Mechanismus, den ich mir auch über die Jahre erhalten habe: Ich esse sehr langsam, was früher Kolleg:innen, die mit mir in der Mittagspause essen gingen, sehr nervte, aber ich fand mich da immer im Recht und ließ das so. Zudem esse ich ab der Sekunde, in der mein Körper signalisiert, dass er jetzt satt ist, nicht mehr weiter. Das passiert häufig auch mal einen oder zwei Bissen, bevor der Teller leer ist, meine Eltern hielten das früher für unhöflich, den Bissen könne man jetzt auch noch essen. Ich mache das nie, ich sehe darin keinen Sinn. Was hier in Prag mit mir los war, ist noch ungeklärt. Jedenfalls bin ich komplett überfressen, aber alles hat ja einen Silberstreif, daher werde ich das jetzt für mich nutzen. Es ist nämlich so:

Ona mag kein Fleisch, das ist schon seit vielen Jahren so. Es gibt einzelne ausgewählte Produkte, die er isst, wenn sie im Essen sind, Würstchen in der Linsensuppe zum Beispiel, aber das allermeiste isst er nicht und fischt sich entweder den Teil mit Soße und Gemüse raus (Curry), oder er kocht sich eine Packung Nudeln. Herr H ist ja Öko und leidet ein wenig darunter, dass er eigentlich gerne Fleisch isst, hat aber einen Großteil auf vegane Produkte umgestellt. Ich esse Fleisch, und ich muss leider auch sagen, dass ich es gerne esse, aber ich habe durchaus ein Bewusstsein dafür, dass es a) gut sein sollte und b) wenig. Unterm Strich essen wir vermutlich schon deutlich weniger als noch vor ein paar Jahren, aber der Schritt zum Fleischlosen war noch in weiter Ferne. Aber dann waren wir ja in Prag, und ich meine, dass ich, zumindest fühlt es sich heute so an, jetzt final mit Fleisch abgeschlossen habe. Also werde ich das jetzt gamifizieren, das funktioniert ja immer besser, als wenn ich etwas einfach nur so mache. Zuhause gibt es kein Fleisch mehr, ich brate kein Fleisch mehr, ich koche kein Fleisch mehr, ich habe meinen Anteil am Weltfleisch in den letzten drei Tagen aufgebraucht. Wenn ich auswärts esse, wird es anders sein, aber ich will ja nicht Vegetarierin werden, ich will nur einfach kein Fleisch mehr zubereiten. Den Herren wird das gut gefallen, und daher startet am Dienstag ein vierwöchiger Probelauf. Da ich Ersatzprodukte Quatsch finde, werde ich jetzt – und das wird die Herren evtl nicht erfreuen – meinen 100% Fleischersatz ganz oft essen: Kürbis. Steak oder Ofenkürbis, das ist in meinem Kopf das gleiche Essen. Und dann sehen wir weiter.

Jetzt würde ich noch von der Reise erzählen, aber das kann man auch bei Frau N bestimmt lesen. Die schreibt ja die ganze Zeit irgendwas.

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