So, ich sitze im Zug, und zwar in dem letzten für diese Reise, bei dem es wichtig war, dass ich ihn pünktlich erreiche, ab jetzt mache ich Freestyle.
Wenn Sie 7 Uhr Aufstehen schwierig finden: Don’t try 4. Ich bin in meinem ganzen Leben nur schlecht aus dem Bett gekommen, ich denke, die Schulzeit, 6.30h aufstehen, war nur aus diesem Grund die schlimmste Zeit meines Lebens. Ich habe konsequent auf ein Leben hingearbeitet, in dem ich aufstehen kann, wann ich möchte, und das ist auch genau richtig so.
Das erste Bein der Reise war mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof, wobei diese Teilstrecke einst dafür sorgte, dass ich nach zwei Wochen Test die tägliche Pendelei von Düsseldorf nach Bonn mit dem Auto erledigte, da ich ständig morgens auf dem S-Bahngleis stand, von dem aus ich übrigens mein Haus sehen kann, und dann kam immer keine Bahn und ich musste schnell wieder zurückrennen und mit dem Auto fahren. Das habe ich dann irgendwann einfach übersprungen. Heute morgen war die Bahn pünktlich und gemessen an meinem Gefühl, dass es mitten in der Nacht ist, wirklich absurd voll. Außer mir führte niemand einen Koffer bei sich, ich nehme also an, dass die Menschen zur Arbeit fuhren. Mitten in der Nacht. Meine Güte, wie schrecklich, die Armen!
Dann holte ich Brezeln, viele Jahre lang habe ich morgens keinen Hunger gehabt, neuerdings habe ich morgens sogar großen Hunger, und Brezeln sind ja super, ich konnte mich aber nicht entscheiden, außerdem steigt ja Frau N auch noch zu, also kaufte ich drei verschiedene, jeweils doppelt. Mein perfider Plan: Von der Kürbiskernbrezeln esse ich einfach sofort beide, sie wird es nie erfahren.
Unser Sitzplatz im ICE ist wirklich ganz fantastisch, wir haben uns aber auch viel Mühe gegeben beim Aussuchen. Doppelsitz gegenüber mit Tisch, ohne die Möglichkeit von Sitznachbar:innen. Wenn man so gendert, wie ich es tue, fällt die Wahl übrigens viel häufiger auf den Plural, um sich um die Doppelmarkierung von Substantiv und Determiner zu drücken, und das ist eigentlich auch schön, es fühlt sich sehr einladend an.
Auf der anderen Seite vom Gang sitzen zwei ältere Menschen am Vierertisch, die ich sehr schön anzusehen finde. Der (eine) Mann trägt eine schwarze Jeans, ein teures kariertes Sakko und elegante Turnschuhe, wenn es das gibt. Ihm gegenüber sitzt eine Frau oder ein Mann, es ist mit Maske nicht erkennbar und vielleicht heutzutage ja auch gar nicht mehr wichtig, man sagt dann „identifiziert“, aber genau das funktioniert ja nicht, aber jedenfalls sehe ich auch dort dunkelgraue Karos, ich glaube aber, dass es sich um einen Overall handelt, ich hoffe, die Person wird irgendwann mal zur Toilette gehen. Dazu Lackschuhe mit knallroten Schnürsenkeln, knallrote Socken und eine rote Baskenmütze. Die Person hat ein Tablet vor sich und spielt Hay Day. Vielleicht sind wir Freund:innen. Ich mag unsere Nachbarn. Hoffentlich fahren Sie auch ganz lange.
So, jetzt sind wir schon in Köln, ich habe in meiner Frankfurt-Pendelzeit ganze Jahre in Köln Messe Deutz verbracht, weil das ein Bahnhof ist, an dem immer etwas passiert.
Ah. Reise unterbrochen wegen Personenunfalls. Ich bestelle Frau N mal später ein. Köln Messe Deutz. I told you so.
Bei mir hat es früher aufstehen in der Schule dazu geführt, dass ich ein früher Vogel bin. Dass die Bahn wieder ihren inoffiziellen Ansprüchen genügt, war fast zu erwarten. Zum Glück ist es ja der letzte Zug. wünsche trotzdem ereignislose Weiterfahrt obwohl je mehr Ereignisse umso unterhaltsamer für uns Leser.