Ich liege im Bett mit einem Glas Sekt, einer Tafel Schokolade und einem Buch, auf das ich mich sehr gefreut habe. Ich habe es im Juli 2020 von Herrn H. zum Geburtstag bekommen, hatte seitdem aber nie genug Ruhe, nach 10 Stunden beruflichen Lesens abends noch irgendetwas zu lesen, was länger als ein Tweet ist. Jetzt zwinge ich mich, und da ich mein ganzes Leben gelesen habe, konnte ich dieses Gemütlichkeitsgefühl direkt wieder abrufen. Die meisten Bücher meines Lebens habe ich auf dem Bauch liegend gelesen, das kann ich mit dem Halswirbelsäulen-Hattrick aber nicht mehr so gut abbilden. Also liege ich Oberkörper leicht erhöht auf dem Rücken, aber so wirklich richtig fühlt sich das nicht an.
Das zweite Problem, das sich auf Seite 17 abzeichnet: Das Buch holt mich nicht so ab. Um es mal mit Pädagogiksprech zu sagen. Ich brenne für Architektur. Insbesondere brenne ich, wie schon mein fachnaher Vater, für Bauhaus-Architektur, für die Bewegung dahinter, für De Stijl und Dessau und – ja, ich weiß, ich werde sehe monothematisch – für die Frauengeschichten dahinter. Truus Schröder hat dieses großartige Haus gebaut, in dem mir 2008 plötzlich im Rahmen einer Eingebung klar wurde, dass ich schwanger bin, das schweißt natürlich zusammen.
Dass die Bauhaus-Frauen, Schülerinnen und Ehefrauen, sich abwendeten von ?Der Architekt denkt, die Hausfrau lenkt?, hat den Grundstein gelegt dafür, dass ich 100 Jahre später einfach sagen kann ?Haushalt mach ich nicht?. Klar also, dass die Biographie von Ise Gropius, geschrieben von einer Architekturprofessorin, mir erschien wie das perfekte Buch. Wäre es doch nicht als Roman geschrieben.
Ich kämpfe mich morgen ein Stück weiter, aber es stört mich auf Seite 17 schon sehr. Wenn ich einen Roman lesen wollte, würde ich eine andere Autorin wählen. Und das ist doch auch eine wertvolle Erkenntnis. Ich bin kein Fan von ?biographischen Romanen?. Ich möchte eine Geschichte erzählt bekommen, dann aber bitte in super, oder ich möchte eine Welt, Personen, Zeiten besser verstehen. Und dann bitte als sachliche Biographie. In Biographien, die ich lese, darf niemand schlendern, nichts darf lugen und kein Busen wogen. Gut, ist so noch nicht passiert, die bisherigen Seiten geben mir allerdings das Gefühl, dass jeder Zeit geschlendert, gelugt oder gewogt werden könnten. Und bevor es hinterher wieder heißt, ich könnte ja gar nicht Tempus gut, lese ich lieber einfach weiter.