Closet

Ein Tag Sonne, Gartenbüro und Vitamin D-Produktion und zack, wieder vorbei. Damit ist der Frühling wohl offiziell dieses Jahr ausgefallen, und das ist insofern schade, dass ich ja nur im Frühling optimistisch und zugewandt bin. Naja, dann fällt diese Periode 2021 auch aus.

Immerhin scheint das Liebesleben meiner Mutter wieder geordnet, der Hase war via WhatsApp (und dann soll mal eine sagen, die Generation 80+ kann nicht mit Medien umgehen) aus der Gemeinschaft ausgestiegen, dann ist er per Telefon wieder eingestiegen, und da meine Mutter grundsätzlich optimistisch und zugewandt ist, ist er sogar damit durchgekommen. Anders als ich, ich habe ein anderes Medium bedient, die Aktion war allerdings ähnlich, und damit ist die Geschichte durch. Ich habe dazu eine Theorie: Es liegt am Alter. Mit 80 lebt man vielleicht in dem Bewusstsein, dass nicht mehr so wahnsinnig viel kommen mag, und dann muss dafür gesorgt werden, dass jeder Tag zählt. Aus dem Grund isst meine Mutter seit einem Jahr nur noch Dinge, die sie essen möchte, sie hat 60 Jahre Wirsing gekocht wegen der Vitamine, das findet sie nicht mehr wichtig. Mit 44 muss man noch gut auf sich aufpassen, wer weiß, was noch alles kommt. Oder wer.

Heute morgen las ich ein Interview über Mode in Zeiten der Pandemie. Ich besitze ja auch in Pandemiemonat 16 noch immer keine Loungewear, und wenn ich mal so inventarisiere, wie tiefgreifend mein Leben und meine Einstellungen sich in den letzten 1,5 Jahren insgesamt verändert haben, komme ich zu dem Schluss, dass da auch nichts mehr kommen wird. Ich habe Dinge adaptiert, Loungewear bedient scheinbar keinen Punkt in meinem Leben, der bedient werden müsste.

Viele Punkte aus dem Interview teile ich vollkommen, die Lücke, die die Notwendigkeit des Umziehens gerissen hat, ist beachtlich. Ich stehe nach wie vor morgens auf, dusche und ziehe mich ordentlich an, wobei alles, was unbequem ist oder gebügelt werden muss, in der täglichen Rotation allerdings nicht mehr stattfindet. Manchmal verspüre ich den Wunsch, mich noch ordentlicher anzuziehen, dann gehe ich mit schicken Schuhen und loungewearuntauglicher Kleidung in den Supermarkt und kaufe Falafel. Ansonsten ist eigentlich alles wie immer. Ich habe Liebligsstücke, die kaufe ich einfach mehrmals, und nach einem kurzen Exkurs in die Welt der Farben trage ich seit bestimmt 2 Jahren wieder ausschließlich schwarz, an verrückten Tagen dunkelblau. Ich bin aufgewachsen in einem Haus, in dem nur Schwarz durchging, für meinen Vater gab es dazu keine Alternative. Nicht, dass er mir gesagt hätte, was ich tragen soll, aber auf wundersame Weise färbte das wohl ab. So trug ich also von 14 bis 35 ausschließlich Schwarz, manchmal Schwarzweiß, dann kam eine Phase, in der ich nahezu ausschließlich Dunkelblau trug, dann erweiterte ich in Richtung Altrosa und Hellblau als Bluse für berufliche Anlässe, und irgendwann stand ein großer Schlussverkauf mit Frau N an, und da kaufte ich dann „bunte“ Sachen. Lustigerweise kann ich mich überhaupt nicht daran erinnern, die jemals getragen zu haben, immerhin habe ich sie gekauft, das steht fest.

Seit zwei Jahren kaufe und trage ich also wieder nahezu ausschließlich schwarz, im Büro ab und an eine weiße Bluse, aber man geht ja gar nicht mehr ins Büro, alles Bunte habe ich Frau N geschenkt. Vermutlich sehe ich jeden Tag gleich aus, aber das täuscht. Ich achte sehr auf Kleinigkeiten, und zu jeder der zig schwarzen Blusen habe ich eine eigene Meinung. Und – und das macht vielleicht den Grund aus, warum ich keine Loungewear brauche – ich freue mich jeden Morgen neu, dass ich jetzt XYZ anziehe. Beim Umräumen der Schrank-Liegeware von Winter auf Sommer ergab sich also folgendes Bild:

Die Hängeware wird nicht umgeräumt, Blusen und anverwandte Oberteile trage ich ganzjährig. Da sieht es jetzt so aus:

Und wenn Sie ganz aufmerksam schauen, dann können Sie vorhersagen, welches Teil beim nächsten Ausmisten auch die Besitzerin wechseln wird.

Consent Management Platform von Real Cookie Banner