07.12.2022

Oh Schreck, es ist ja schon Dezember. Das heißt, dass das Jahr demnächst rum ist, danach ist das nächste Jahr, da ist dann auch schon wieder direkt Dezember, dann ist das nächste Jahr, da ist dann auch schon wieder direkt Dezember, dann zieht mein Kind aus, und dann ist Rente. Ich fürchte, um ein Silver Surfer zu werden, muss ich vorher wirklich noch ordentlich reinhauen.

Mein dringlichstes Anliegen bezüglich meiner Rente, nein, gut, Altersarmut möchte ich ungern erleben, also mein zweitdringlichstes Anliegen ist, dass demnächst, also wenn ich anfange, tüdelig zu werden, Leute um mich rum sind, die mich dann und wann zur Seite nehmen und Sätze sagen wie: „Komm, lass uns lieber einen bösen Brief auf Papier an irgendeine Behörde schicken“, oder „Heute Abend ist Bingonacht in der Schattigen Pinie, sollen wir statt Bloggen lieber dahin gehen?“ oder etwas Ähnliches. Ich denke, Frau N wäre da die geeignete Person, vermutlich musste ich gerade an sie denken, wie sonst sollte ich auf die Idee kommen, Beschwerdebriefe an Behörden zu schreiben? Ich erinnere mich daran, dass Frau N einst plante, im Alter eine Wutrentnerin zu werden. Ich plane das für mich nicht.

Ich beobachte lediglich schon seit Langem, dass Menschen im höheren Alter intellektuell etwas biegsamer werden, und ich möchte mich ungern einer größeren Menge intellektuell biegsam präsentieren. Ich erinnere an Jopi Heesters, der ja kurz vor dem Tod noch auf Film gebannt wurde mit „der Adolf war ein guter Junge“, das ist natürlich nicht der Fall gewesen, der war kein guter Junge, und für Leute wie mich bleibt Jopi Heesters jetzt immer so ein 106-Jähriger mit Lätzchen um, der sagt „der Adolf war ein guter Junge“. Für Menschen wie meinen Sohn hingegen wird Alice Schwarzer immer so eine alte Frau im schwarzen Mumu sein, die permanent im Fernsehen eingeladen wird, um dann über Transmenschen zu schimpfen, oder mehr als hypothetische Deeskalationsstrategien für den Ukrainekrieg vorzustellen, gegen jeden Einwand von Leuten, die eventuell von Berufs wegen in der Lage wären, das richtig einzuordnen.

Da stellt sich ja auch direkt die Frage, wieso Alice Schwarzer, die, ach, so ein Zufall, auch ein neues Buch, ach nee, Film, ach egal eigentlich, von Jopi hab ich auch nix gelesen, überhaupt permanent in politische Gesprächsrunden eingeladen wird. Weil man die ausgewogene Stimme einer Mutter des Feminismus hören möchte kann es ja nicht sein. Damit ein bisschen mehr Rambazamba in der Hütte ist, und Welzer oder Precht hatte man ja letzte Woche schon, das kann es auch nicht sein, das wäre ja unseriös. Ich komme da zu keinem guten Ergebnis. Aber vielleicht bietet sich Frau N und mir da ja ein sehr gutes Fenster der Möglichkeiten. Vielleicht machen wir jetzt noch ein paar Jahre dieses Januar/Dezember/Januar/Dezember, und dann sind wir 80 und tingeln mit irgendeiner steilen These durch die Medien, und dann haben wir ja Zeit, dann machen wir den Biden und werden Bundeskanzlerin im Jobsharing-Modell, dann ist die Welt ja vermutlich so weit.

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