Um 17.30 Uhr werde ich heute eine Strumpfhose mit Naht hinten anziehen und ins Theater gehen, es gibt Cabaret mit Andre Kaczmarczyk, und da ich in den letzten 4 Wochen drei Sets Karten habe verfallen lassen, bin ich mehr als fest entschlossen, dass das heute stattfinden wird. In der Zeit zwischen heute früh und 17.30 Uhr werde ich das machen, was ich gefühlt seit Wochen mache: am Schreibtisch sitzen, und wenn es ganz gut läuft, werde ich noch einen Koffer packen, damit ich morgen um 5 Uhr in Urlaub fahren kann. Work hard, play hard. Unter der Dusche hatte ich die Idee, den Koffer beim Anziehen zu packen, da sind eh die relevanten Schubladen bereits geöffnet, und als erfahrene Dienstreisende kann ich ja in unter 5 Minuten für Auslandsreisen packen. Die Kleidung, die ich mitnehme, wollte ich noch von Frau N inspiriert wissen, die möchte aber ein Geheimnis daraus machen, also werde ich so packen, wie es sich am natürlichsten anfühlt: drei gleiche Jeans, drei Ringelpullis. Nicht zu warme Wolle, lieber kaufe ich mir noch einen Schal in Prag, das letzte Mal hatte ich mir einen sehr guten Schal in Prag gekauft.
Zu Mastodon ist vielleicht inzwischen alles gesagt, allerdings noch nicht von mir, das muss jetzt aber so bleiben, ich muss Deadlines halten. Nur soviel: Ich bin ja ganz weit vorne in der Bewegung derer, die sich über „die Politik“ oder „das System“ oder „die Leute“ aufregen, und in der Vergangenheit sah das in meinem Fall so aus, dass ich mich ein kleines Zeitfenster lang für mich sehr unangenehm innerlich aufrege, und dann bricht es irgendwann raus, und dann schreibe ich in unter 40 Sekunden einen 5.000-Zeichen-Blogeintrag mit Schimpfwörtern, und dann, naja, dann hat die Welt einen Blogeintrag mit Schimpfwörtern. Warum ich das mache, habe ich nicht hinterfragt, vielleicht ist das mein Weg. Ich bin ja auch einer Partei beigetreten, meine Ortsgruppe trifft sich alle zwei Wochen wirklich DIREKT vor meine Haustüre, aber ich habe es noch nicht dahin geschafft, oft musste ich Haarewaschen oder im Sessel Sitzen. Vielleicht bin ich die Fensterrentnerin vom Internet, ich rege mich in Wellen auf und schreie es dann raus. Moment, ich kriege die Kurve zu Mastodon noch. Damit verhält es sich für mich so: Ich wäre ja niemals vorgegangen, ich bin sehr bereitwillig in der Welle mitgeschwommen, und ich sehe, wie sehr das für mich passt. Ich bin nie auf Streit aus, ich möchte nicht Leute anpöbeln, ich teile aus, aber nicht als Hobby. Mastodon fühlt sich für den Moment zumindest völlig anders an als Twitter, und ich schätze das sehr. Überrascht bin ich, dass meine Bubble so unisono umgezogen ist, nicht immer klaglos, aber immerhin viele. Die meisten Leute, mit denen ich auf Twitter interagiere, fahren mindestens zweigleisig, und das finde ich höchst erstaunlich, habe aber eine Theorie dazu. Dies ist der goldene Moment, an den wir Fensterrentner, Herr Buddenbohm beschrieb das heute sehr schön, wie wir hier alle gemeinsam älter geworden sind, ich bin quasi der Prototyp, neulich noch Schwangerschaftscontent, heute Teenager, pflegebedürftiges Elternteil und Rücken, naja, jedenfalls ist das für uns, die wir uns vielleicht in den letzten Jahren in Wellen aufgeregt haben über Dinge, die wir nicht ändern können, der eine Punkt, an dem wir einfach doch etwas ändern können. Wir finden das alle schlecht, bedenklich, demokratiegefährdend und wollen das nicht mit uns machen lassen? Naja, dann lassen wir das halt nicht mit uns machen. Ich neige ja zur Insubordination, klar, aber dass das so in der Mitte der Blase angekommen ist, das ist doch ein sehr schöner Gedanke.