29.10.2022

Manchmal hat man ja das Gefühl, man sei bei etwas ganz Großem dabei. Also nicht als Beobachterin, sondern mitten drin. In der Gestaltung. Heute ist nicht so ein Tag.

Heute hat Elon Musk irgendwie, naja, Sie wissen das alles selbst, wenn Sie hier im Internet lesen, er hat Twitter gekauft, und da ich momentan fachfremd Themen zeitlich nicht tiefer recherchieren oder verfolgen kann, sah ich die Schlagzeile beim Zähneputzen, oder wie ich es nenne: Me-Time, twitterte dann irgendwas aus der Lameng zum Thema „Gehen jetzt alle zu Mastodon“, ohne vorher auf Twitter gecheckt zu haben, ob überhaupt noch jemand da ist und wie der Stand der Debatte gerade ist, und dann war irgendwann Kaffeepause (wobei ich inzwischen keinen Kaffee mehr mag, das habe ich auch nie kommen sehen, dass ich mal keinen Kaffee mehr mag, ich glaube aber, dass ich einfach Zucker mochte mein Leben lang, und da ich davon viel in den Kaffee tat, dachte ich irrtümlicherweise, ich würde gerne Kaffee trinken) und alle zogen um zu Mastodon.

Freiwillig hätte ich da ja niemals dran teilgenommen, ich mag ja keine Veränderungen, aber im Prinzip, wenn ich etwas weniger faul orientiert wäre jetzt im Alter, wäre das ja genau meine Plattform gewesen. Was ich bislang verstanden habe: Alle sind da jetzt, im Moment, ich erkenne sehr viele Bildchen wieder. Außerdem ist mir die Open Source dezentral unabhängig-Idee ja sehr nah, ich habe in meinem ganzen Leben noch nie einen Rechner mit Windows-Betriebssystem privat besessen, und wann immer es beruflich in meiner Hierarchieposition möglich war, habe ich es auch dort verhindert. Nicht lückenlos erfolgreich, muss ich zugeben.

Mein erster beruflicher Rechner war eine Solaris Sun Station. Omma erzählt vom Krieg. Kennen Sie alle nicht, die, die die doch noch kennen, haben vermutlich wie ich irgendwas mit „Computational X“ in Titel oder Jobbeschreibung. Ich habe *Jahre* meines Lebens mit der Installation von Suse Linux und der manuellen Auflösung von irgendwelchen Paketabhängigkeiten verbracht, und als ich dann meine erste Stelle mit so einem Windowsrechner mit so richtiger grafischer Benutzeroberfläche antrat, habe ich es tatsächlich geschafft, im Rechenzentrum durchzusetzen, dass ich auf Apple wechseln darf. Initial mit dem Argument, ich sei „a computational communist“, was nicht auf direktem Wege zu Apple führt, ich weiß schon, aber da ich einen Großteil meines Handwerks ohne Kommandozeile nicht gut ausführen konnte, war ich mit dem unixbasierten Mac OS besser bedient als mit irgendwelchen Fenstern. Die harte Ansage im Rechenzentrum war damals: Wir binden keine Linuxrechner ein, das benutzen Gangster zum Datamining (buuuhuuu, Gangster), hier sei ja alles ordentlich, es gibt Windows, oder mit Extragenehmigung Mac. Ich habe damals also Mac gewählt und damit eine Lawine ausgelöst, da der gesamte Arbeitsbereich umschwang und merkte, wie viel einfacher die Welt ist, wenn man eine Kommandozeile hat und so Operationen machen muss, wie wir die nun mal machen mussten.

Ich spule vor, ich bin dann hängen geblieben. Heutzutage mache ich nichts mehr, wofür ich eine Kommandozeile bräuchte, und ich schreibe beruflich Sachen in Word, das wäre in den 2000ern in meiner Wissenschaftsdisziplin komplett ausgeschlossen gewesen. Also eigentlich bin ich keine Computerkommunistin mehr, dafür ist Apple auch zu teuer, ich habe einen Monitor gekauft, der exakt 10 mal soviel gekostet hat, wie der andere, der da steht, aber eine Sache, nein zwei, muss ich sehr laut dazusagen: Ich habe seit 2004 Apples, und noch nie, wirklich noch nie war einer kaputt oder hat nicht mehr funktioniert oder wie auch immer. Selbst der PowerMac G5 von 2004 läuft noch, aber so langsam sehe ich wirklich nicht mehr, was ich damit noch machen sollte, mein Handy kann inzwischen schneller rechnen als der (den haben wir dann alle gekauft damals, also die Uni, weil wir alle so schlimm viel Rechenkapazität brauchten. Little did we know.)

Jetzt bin ich also heute auf Mastodon, vielleicht bin ich da morgen auch noch, immerhin sind viele andere ja auch da, und wenn es sich wirklich abzeichnen sollte, dass das irgendwann kapazitär auch wieder hinhaut und sich nicht immer nur ein Rädchen dreht, dann bin ich ganz entgegen meiner Verachtung für Veränderung vielleicht emotional dafür offen.

Sie finden mich unter @herzbruch@mastodon.online

1 Gedanke zu „29.10.2022“

  1. Ah, ich wollte doch *zwei* Sachen laut sagen. Hab ich vergessen. Hier also die zweite Sache. Die Sachen sind alle sehr sehr schön und funktionieren sehr sehr gut. Immer.

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