Ich wollte eigentlich heute aus purer Erschöpfung nichts mehr schreiben, aber dann dachte ich über Dinge nach, und jetzt muss ich kurz eine Ode an meinen Schreibtisch schreiben. Kurz zur Einordnung der Situation: Ich habe soeben in einem 85% fertigen Büro den Arbeitsplatz eingerichtet, die Möbel noch „von früher“, die Deckenlampe funktioniert auch nicht mehr, aber morgen kommt mal wieder der Elektriker, es gibt nämlich noch an mehreren Stellen Probleme, Deckenleisten sind an einer Wand und in der Wandschranknische dran, sonst halt nicht, Fußleisten sind gekauft und stehen im Flur, kommen aber auch erst dann dran, wenn das Regal geliefert ist, da dahinter nämlich keine Leiste sein kann und ich die gerne bündig anschließen haben möchte, Schalter gibt es keine mehr, nein, die zwei von den elektrischen Rollos sind provisorisch wieder dran, und naja. Immerhin kann ich arbeiten, und lustigerweise stehen die Dinge so, wie sie in meinem ganzen Erwachsenenleben immer standen, und das macht den Abschied vom Kinderzimmer des eigenen Kindes wieder einfacher, irgendwie ist es ja so, als sei ich selber wieder jung.
Als ich das eben so hinstellte und überlegte, wann denn jetzt der neue Schreibtisch kommt, fiel mir auf, dass dieser Schreibtisch mich länger begleitet als fast alle Dinge in meinem Leben. Ich habe ihn seit 1994, meine Sandkastenfreundin malte ihn nämlich für mich zu meinem 18. Geburtstag. Damals fanden alle Keith Haring gut, wir auch, vielleicht ich sogar insbesondere, und da sie sehr gut malen und zeichnen kann, kaufte sie eine Tischplatte und lackierte sie mit Männchen. Und seitdem ist er mein Schreibtisch. Und um mir das eigene Alter noch mal kurz vor Augen zu halten: Seit über 28 Jahren sitze ich an diesem Schreibtisch.
Aber im hohen Alter ändern sich die Ansprüche, die an einen Schreibtisch gestellt werden, doch noch einmal, und da habe ich beschlossen, Keith in sein Altenteil zu verabschieden. Er wohnt demnächst im Souterrain, weg kommt er natürlich nicht, und vermutlich wird er dann bei irgendwelchen Parties oder zur Taufe von Onas Kindern wieder hochgebracht, um das Buffet darauf anzurichten.
Keith! Schön war’s. Die nächsten vier Wochen machen wir es uns noch mal richtig nett!