Seit wirklich vielen Jahren verdiene ich meinen Lebensunterhalt mit Nachdenken, in den letzten vielen Jahren mit einer sehr starken organisatorischen Komponente. Ich mache einen guten Job. Ganz hin und wieder kann ich die angewandten Skills nicht in mein Privatleben überführen.
Wie Sie ja wissen, spielt mein Kind Handball und wohne ich direkt am Waldrand. Irgendwann vor Monaten las ich die Planung für diese Saison, sah, dass am 27. März ein Auswärtsspiel stattfindet, im Stadium oben im Wald, sonntags ganz früh, und dann dachte ich kurz: Och, das ist doch nett, dann ist Frühling, theoretisch könnten doch dann alle Jungs nach dem Spiel einfach kurz zu uns runter laufen, und dann könnten wir im Garten, dann dachte ich nicht weiter, dann dachte ich irgendwas mit „Grillwürstchen“, dann dachte ich wieder nicht weiter, dann fragte ich Kind und Mann, wie sie das fänden, sie fanden das gut, dann saß ich irgendwann auf der Tribüne und erzählte meinen Lieblingseltern von der Idee, dann fanden die die gut und sagten „Wir können ja einen Salat oder Kuchen mitbringen“, dann dachte ich „Ja, das klingt ja total unkompliziert, man muss ja nur kurz zu uns runterlaufen“, und dann dachte ich nie mehr wieder daran. Bis zu dem Moment, als die Lieblingsmutter mich letztes Wochenende fragte, ob es denn dabei bliebe, dann fiel mir das alles wieder ein, ich sagte natürlich ja, dachte „ach, das ist ja total unkompliziert, man muss ja nur kurz zu uns runterlaufen“, und dachte dann wieder an andere Dinge. Dann fand ich auf irgendeinen Weg heraus, dass just an dem Tag die Zeitumstellung in die schlecht Richtung stattfindet, dann war ich kurz sehr angestrengt, das Spiel ist nämlich um 8.45 Uhr in der echten Welt, also um 7.45 Uhr in meiner Welt, und das fand ich zu Beginn der Saison total unkompliziert, man muss ja nur kurz zur Halle hochlaufen, dann fiel mir auch noch ein, dass natürlich neben die 10 Kindern auch noch mindestens 20 weitere Personen kommen, und den Rest muss ich vermutlich nicht mehr erklären. Morgen also 7.45 Uhr meine Zeit Handball, im Anschluss 30 Leute mit Grillwürstchen im Garten. Dieser ist jedenfalls seit gerade eben tippitoppi in Ordnung, Rückschnitt, mähen, fegen, Möbel sauber machen, neuen Grill kaufen, da der alte marode war, nachdem letztes Jahr ja nie gegrillt wurde wegen Wetter und ich das Thema verdrängt hatte (immerhin besitze ich jetzt so einen richtigen Grill, wie so eine erwachsene Person, so ein Ding, für das ich früher Spießer ausgelacht hätte, aber hey, hier wird morgen für 30 Leute gegrillt, fürchte ich, 10 von denen wachsen), und dann noch die ganze Laufwege-Aufräumen-Extravaganza. Aber: Es ist geschafft.
Wir haben sechs Jahre lang den Garten neu gestaltet, und es gab genau zwei Ziele: 1) Wirklich nahezu alles muss winterhart und mehrjährig sein, damit man nicht jedes Jahr alles neu machen und kaufen muss und 2) Alles muss insektenfreundlich sein. Der erste Lockdown hat noch mal einen wirklich großen Schub gebracht, wenn drei Menschen gemeinsam eingeschlossen sind und außer dem Obi Gartenmarkt alles geschlossen ist, dann kann man schon mal ein halbes Jahr was mit Pflanzen machen.
Insgesamt kann ich heute begeistert sagen: Alles hat den Winter überlebt, auch der kleine Birnbaum und die Babykirsche, der große Apfel Jonathan sitzt voller Knospen, die paar Blühstauden, die ich heute gekauft habe als einzige Garteninvestition des Jahres, um es morgen noch netter als eh schon zu haben, sind wie jedes Jahr blau, ich wollte wirklich mal was anderes machen, aber hey. Wenn es doch Pflanzen wie Vergissmeinnicht und Australisches Gänseblümchen gibt, warum sollte ich dann andere Pflanzen kaufen, ich habe auch vielleicht erstmals seit immer keine Ranunkeln gekauft, ich liebe Ranunkeln, ich habe aber in meinem nicht so kleinen und sehr diversen Garten nie einen Standort gefunden, an dem Ranunkeln länger als eine Woche lebten, langer Rede, kurzer Sinn: Alles hübsch jetzt. Ich geh jetzt mal schlafen, es wird sehr früh.
Note @jawl: Ich hab wieder Sachen geändert, Tippis und so, und dann war es geändert, und jetzt ist alles wieder weg. Ein Mysterium, aber ich liege da nachts nicht wach von.