Smells like teen spirit

Der Hund wird ja seit einem Monat höchst erfolgreich gebarft. Nicht-Fachleuten erkläre ich das gerne kurz: Barf steht für biologisch artgerechte Rohfütterung, und man tut einfach so, als sei der Hund ein erstzunehmendes Wildtier und verfüttert rohe Fleischbrocken mit püriertem Gemüse. Gemüse gibt es natürlich im Supermarkt, für die verschiedenen Fleischarten sowie Fisch gibt es einen Laden, der Frostfleisch für Hunde verkauft. Dort fahre ich also etwa alle 10 Tage hin, kaufe Fleisch, fahre nach Hause, schalte Frau N. und Frau C. per Videokonferenz zu und mache Barf, das scheint Menschen zu fesseln, und ja, der Moment, wenn ich den Mixer anschalte und noch nicht klar ist, ob ich schon wieder streichen muss oder nicht, ist jedes Mal ein kleiner Höhepunkt (Spoiler: Ich muss nicht streichen heute, außer eventuell die Wand vom letzten Mal, aber ich habe mich daran gewöhnt, im Wohnzimmer ist auch eine Wand natoolivgrün.) Der kleine Barfladen liegt in einem linksalternativen Viertel, direkt neben dem Zakk.

Ich kam also rein, die Chefin stand im Innenhof und rauchte. Ich winkte, nahm die Sachen, die ich brauchte (ganze Hühnerhälse, Muskelfleisch Rind und Huhn, Innereien Rind und Huhn, vier Rinderohren mit Ohrmuschel und Fell, alles sehr lecker!) und legte alles an die Kasse. Die Chefin kam in den Laden, guckte sehr alarmiert und sagte „einen Moment, ich muss eben was regeln“, rannte dann auf die Straße und murmelte dabei „dieses Mal rufe ich die Polizei. Ich ruf die Polizei.“ Dann stand sie auf dem Bürgersteig, sah irritiert nach rechts, links, oben, drehte sich einmal um sich selbst, drehte sich andersrum noch mal um sich selbst und kam dann wieder rein. Ich spürte eine leichte Spannung in mir aufkommen.

An der Kasse angekommen konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen, was denn los sei. „Riechen Sie das denn nicht?“ – „Nein. Was müsste ich denn riechen?“ – „Na, Gras.“ – „Gras?“ – „Gras!“

Mir schwante Böses. Hatte ich doch heute nach dem Duschen vergessen, den gestern neu gelernten Regentanz zu absolvieren, die Routine sitzt noch nicht, und mir folglich das neue, kompetente Parfum einfach so irgendwo hin gesprüht. Ein winziger Sprüh, aber wie gesagt, man hätte ja den Regentanz machen müssen. Also fragte ich die Dame: „Kann es sein, dass ich das bin?“ Der Blick war nur angemessen für jemanden, der von einer auf den ersten Blick vermutlich sehr normal wirkenden Kundin gefragt wird, ob sie nach Hasch riecht, dann winkte sie jedoch ab. Eventuell übergriffig hielt ich ihr ein parfümiertes Körperteil unter die Nase, um ganz sicher zu gehen.

Und ja, natürlich war ich das. Wir klärten im weiteren Verlauf ab, dass sie noch nie wirklich und bewusst Gras gerochen hätte, dass zwischen erdig-würzig und Hasch noch mal ein wirklich weiter Sprung ist, und wenngleich ich wirklich gerne gegangen wäre, um mit Frau N. und Frau C. zu barfen, musste ich noch sehr lange einem Monolog zum Thema Legalisierung von Drogen pro und contra lauschen.

Ich werde das allerdings beobachten müssen. Ich schätze sozialen Austausch in kommerziellen Transaktionen ja nun nicht. Ich möchte auch nicht so riechen, dass ich immer drüber sprechen muss oder die Polizei kommt. Morgen versuche ich den Regentanz.
Smells like teen spirit

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