30.03.2023

Ich habe heute etwas gemacht, was ich sonst nie mache, und ich weiß nicht einmal, warum, das verunsichert mich ein wenig. Mein Kind spielte eine maßgebliche Rolle darin, das verunsichert mich ebenso, aber ich bin jetzt zu beschwert, also innerlich, um das zu Ende denken zu können. Ich habe übrigens neulich im Internet gelernt, dass das Wort zuende nicht existiert, ich war zeitlebens, also seit ich digital schreibe, darüber erbost, dass das immer in zünde autokorrigiert wird. Man schreibt es auseinander. Zu Ende. Das erbost mich noch viel mehr, für mich sind zuende und zu Ende semantisch zwei völlig unterschiedliche Dinge, und statt das H beim Thunfisch zu streichen, hätte man da ja mal drüber nachdenken können, aber Rechtschreibung muss keiner linguistischen Logik unterliegen, das wissen wir spätestens, seit irgendeine Kommission befand, dass Albtraum mit b und nicht mit p geschrieben werden muss, Auslautverhärtung hin oder her. Jedenfalls ist es so, dass ich das Wort zuende sehr häufig benutze, das sagt wahrscheinlich mehr über mich als über den Duden, und wenn Sie demnächst das Wort in einem meiner Texte sehen, dann wissen Sie, dass folgendes passiert ist: Ich schreibe: zuende ach nein, das Wort gibt es ja gar nicht, so ein Unsinn, aber gut, Rechtschreibung ist an vielen Stellen Unsinn, zu Ende.

Jedenfalls hatte Herr H heute Bürotag, und Ona und ich fuhren zu einem Gartenmarkt, weil er irgendeine ganz besondere Erde brauchte, weil er meiner Freundin einen Monstera-Ableger ziehen sollte, das klappte nicht, dann recherchierte er und kam zu dem Entschluss, dass er irgendein Zeugs dafür braucht, das etwa soviel kostet wie eine Monstera, und dann kauften wir das natürlich, dabei überlegten wir, was man abends essen könnte, und da wir beide Hunger hatten, wäre wirklich jedes Ergebnis möglich gewesen, dann zählten wir uns gegenseitig Mahlzeiten und ihren ernährungsphysiologischen Wert auf, dann erzählte ich aus meiner Kindheit, als die Wahl der Gerichte durch meinen Vater getroffen wurde, dem wirklich vollkommen egal war, ob die anderen Menschen das auch heute essen wollten, und wie viel besser unser System ist, und dann sollte ich Gerichte „von früher“ aufzählen, und dann ging Ona zum Training und ich musste stundenlang Frikadellen mit Erbsen und Erbsen und Möhren und Kartoffeln kochen. Ich habe noch nie Frikadellen gemacht, und als ich las, wie man die herstellt, war ich etwas abgestoßen, stellte aber fest, dass das Kneten ja einfach die Küchenmaschine übernehmen könnte, danach war die gesamte Küchenmaschine mit rohem Ei und Hack versaut, wirklich überall, und das Ergebnis sah vollkommen unansprechend aus, im Speisefön dauerte das dann Stunden, ich hätte bis morgen früh in der Küche gestanden, wenn ich nicht entschieden hätte, einfach 16 Frikadellen im Ofen zu machen, denn Braten mit Spritzfett und allem sah ich für mich nicht.

Dann bekam ich auf Mastodon den Hinweis, man müsse unbedingt das rohe Hack mit den Händen kneten (ausgeschlossen wegen bah), ganz zur Not könne man auch ein Handrührgerät benutzen. Ich sehe es so: Ich kann natürlich einfach beschließen, dass ich mit 46 das erste und das letzte Mal in meinem Leben Frikadellen gemacht habe. Das ist jetzt erst einmal die naheliegendste Lösung. Ganz zur Not könnte ich natürlich ein Handrührgerät benutzen, aber die Not könnte ich mir ausschließlich so vorstellen:

Armageddon. Die Welt steht am Abgrund, alles ist weg, wahrscheinlich Klimawandel oder Atomkrieg. Überlebt habe ich, vielleicht noch ein paar andere Menschen, und Schweine und Rinder, damit man gemischtes Hack herstellen kann. Nein, das ist schon gar nicht realistisch, wenn es nur noch Schweine und Rinder gäbe, würde ich als letzte Überlebende nicht entscheiden, daraus Hack zu machen. Also noch mal neu: Es gibt nur noch gemischtes Hackfleisch, weil alles kaputt ist, bis auf eine sehr, sehr große Industrielocation, in der sich mehrere Tonnen gefrorenes und vorportioniertes gemischtes Hackfleisch befinden. Ich werde auf die Situation aufmerksam, und da es keine Pflanzen oder Tiere mehr gibt, weiß ich, dass das einzige auf der ganzen Welt, das ich noch essen könnte, dieses Hack ist, und da es keine Nudeln gibt und keine Burgerbrötchen, entscheide ich, Frikadellen zu machen. Und dann – ja, dann – würde ich wahrscheinlich die Entscheidung treffen, die Frikadellen mit einem Handrührgerät zu kneten. Den Gedankenstrang stört jetzt ein wenig, dass ich ja ein altbackenes Brötchen und Ei bräuchte, und wenn ich das hätte, würde ich vermutlich einfach das essen, keine Frikadelle, aber gut, das jetzt mal beiseite gelassen. Das wäre jedenfalls eine Situation, da würde ich diese Option ziehen.

9 Gedanken zu „30.03.2023“

  1. Sollte ich dabei sein, könnte ich das Kneten übernehmen. Seit Jahrzehnten Vegetarierin, aber ich erinnere mich, dass ich das als Kind gern gemacht habe. Und in so einer Situation muss man sich doch wohl sein Vergnügen holen, wo es sich bietet.

  2. Mein Mitleid zum Putzen der Küchenmachine! Wenigstens haben Sie dem Sohn nichts von Leber mit Kartoffelbrei erzählt. 🙂
    Rohe Leber schlägt Hackfleisch um Längen bezüglich des haptischen Erlebnisses.

  3. Milch. Weichen Sie das altbackene Brötchen in Milch ein.
    Das Knetgefühl von altbackem Brötchen in Milch lässt das Hackfleisch ganz hinten anstehen.

  4. Ich hatte letztes Frühjahr eine riesige Monstera zerhackt und die (teils immer noch 2 m in alle Richtungen großen) Stecklinge ein paar Monate lang in einer Regentonne im Schatten im Garten stehen lassen. Hatte auf vielleicht einen funktionierenden Ableger spekuliert, aber die sind alle was geworden (habe die anderen 5 verschenkt). Ein paar lose Blätter und Luftwurzeln hatte ich auf den Kompost getan, Sie dürfen raten, was da im Herbst wuchs.

    Fazit: Monsteras wird es es noch geben, wenn es sonst nur noch Frau Herzbruch und ihr Gemischtes-Hack-Lager gibt. Das mit der Spezialerde halte ich für ein Gerücht.

    • Ah, das werde ich mal weitergeben. Wir finden ja im Kompost regelmäßig Avocadobäume und freuen uns dann immer…

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