So. Da ist es. Heute morgen stand ich auf, und obwohl die Welt insgesamt eher schlecht war (Montag, nicht autorisierte Paypal Zahlung, etc.), kam ich ins Wohnzimmer und war sehr zufrieden. Insgesamt.

Mein Verhältnis zu Inneneinrichtung ist ein nahezu erotisches, doch ich merkte in den letzten Jahren, dass die Bildung eines eigenen Geschmacks doch etwas ist, das reifen muss. Aufgewachsen bin ich in einem Haus ohne braunes Holz. Komplett. Mein Vater – von ihm erbte ich die Begeisterung für einfache Formen – hatte jede Variante braunen Holzes verbannt, stattdessen gab es das Corbusier Sofa, viel Glas, viel Chrom, viel Schwarz. Im Nachhinein betrachtet eigentlich grauenvoll. Als meine Mutter Anfang der 90er begann, Pierrots zu sammeln und diese dekorativ irgendwo hinzustellen, wäre mein gesamtes Leben beinahe entgleist.

Als ich zuhause auszog, hatte ich keinen Weg gelernt, mich mit Holzmöbeln zu arrangieren, also begann ich mit 19, mir Boden für Boden ein Chrom-Regalsystem zusammenzusparen. Was ich noch von meinem Vater gelernt hatte, war der Wunsch nach Qualität. Lieber wenig und gut als viel und schlecht. 15 Jahre lang kaufte ich mir Stück für Stück das Regalsystem zusammen, immer mit der Argumentation: „Wenn ich das irgendwann nicht mehr im Wohnzimmer stehen haben will, kann ich es perfekt noch im Keller brauchen.“ Das Regal ist in Teilen inzwischen 26 Jahre alt und sieht trotz einer zweistelligen Anzahl Umzüge aus wie neu.

Als ich mit meinem Mann zusammenzog, wurde es kurz schwierig. Sozialpädagogensohn, sozialisiert in Astkiefer (für mich bis heute der Untergang der Zivilisation. Astkiefer.) Zudem – und das klingt jetzt böse, wir haben das aber offen so analysiert – keinen nennenswerten Geschmack, dafür aber immens viel Meinung. Das gestaltete die Auswahl neuer Möbelstücke schwierig. Da es allerdings so war, dass Herr H nur ein einziges Möbelstück überhaupt mitbrachte, einen riesengroßen, dunklen Vitrinenschrank von Achtzehnhundertirgendwas, ein Familienerbstück, für das ich unterm Strich eine sehr, sehr lange Gewöhnungsphase brauchte, saßen wir sehr lange in den Möbeln aus meinem Studium. In der ersten gemeinsamen Wohnung musste noch Territorialverhalten an den Tag gelegt werden, also sprach er ein Veto gegen das „kalte“ Regalsystem aus, ich sprach ein Veto gegen irgendwas aus, was ich inzwischen verdrängt habe, und er kaufte 6 Meter Birkenbilly für die Bücher. Long story short: Auf einer Ebene mit Astkiefer steht schlechtes Furnier, und so zogen die Birkenbillys ein Jahr später nicht mehr mit in die nächste Wohnung.

Mein 90er-Jahre-Chrom/Milchglas Ausziehesstisch, das dümmste übrigens, was man haben kann, wenn man ein kleines Kind großzieht, wurde dann vor vielen Jahren gegen mein erstes Holzmöbel ausgetauscht: einen massiven, großen Eichentisch. Der fühlte sich sehr gut an, es gab auch nichts, was abseits der Farbe optisch hätte stören können, so schlicht ist er, und die Farbe passte zum Fußboden. (Holzboden fand ich, anders als mein Vater, immer sehr schön.) Als nächstes kaufte ich (das war noch im alten Haus und es gab in der Küche eine Sitzsituation, die man auf die Art und Weise aufwerten konnte) zwei Barhocker von Hee Welling. Die waren mein Einstieg in die Welt der geseiften Eiche, kombiniert mit Weiß. Den Barhockern folgten Stühle für den Esstisch, dann kauften wir Wohnraum, der praktischerweise auch einen Eichenboden hatte, und dann war der Zug nicht mehr aufzuhalten. Mein Vater ist übrigens inzwischen verstorben, er muss nicht mehr mit ansehen, wie sein Kind mehr und mehr Eichenmöbel kauft.

Als ich das erste Mal meine Wohnung betrat, hatte ich sofort vor Augen, welche Möbel wegmüssten (von der Vorbesitzerin: ALLE!) und was

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