16.01.2024 – Exkurs Effiziente Gebäudesanierung in WEG

Seit etwa sechs Wochen beschäftige ich mich ja nahezu in Vollzeit mit dem Thema, was passiert, wenn in einem Mehrfamilienhaus die alte Heizung kaputt geht, und da ich leider gar nicht als Belohnung den Titel Energieberaterin verliehen bekomme, fasse ich mal für diejenigen, die hier mitlesen und eventuell in eine vergleichbare Situation kommen, das zusammen, was ich bisher alles gelernt habe. Wer nicht in einer vergleichbaren Situation ist: Gehen Sie bitte weiter, es wird etwas langweilig.

Das Haus

Wir haben hier folgende Situation: Mehrfamilienhaus, fünf Parteien, alle von den Eigentümer:innen bewohnt. Das ist schon mal sehr gut, Vermieter:innen haben ja manchmal andere Wünsche, als die Menschen, die dort leben. Zudem verstehen wir uns alle sehr gut, treffen uns auch so regelmäßig und liegen auch in den großen Fragen nie böse über Kreuz, wenngleich wir nicht immer einer Meinung sind. Uns gehört die Erdgeschosswohnung als Sondereigentum, der Garten ist Gemeinschaftseigentum mit Sondernutzungsrecht allein für das Erdgeschoss, und dann steht im Garten noch ein 30 m2 Bungalow-Anbau, der ebenfalls unser Sondereigentum ist.

Die Wohnungen werden allesamt über Gasetagenheizungen beheizt, leider alle in unterschiedlichem Zustand. Zwei Heizungen, davon eine, die unseren Teil beheizt, sind 30 Jahre alt, komplett unwirtschaftlich und in unserem Fall jetzt auch kaputt. Eine Heizung ist vor dem Verkauf vor 3 Jahren gegen eine Brennwerttherme ausgetauscht worden, die kann also noch lange laufen, zwei Heizungen sind mittelalt, es ist aber anzunehmen, dass sie noch 10 Jahre laufen können.

Der Dämmstandard ist ebenfalls sehr unterschiedlich. Das Haus ist von 1900 und die Erdgeschosswohnung hat 60 cm dicke Außenwände und das ist ja schon mal schön. Leider ist die Küche ein nachträglicher Anbau ans Wohnzimmer mit Flachdach, Wände und Dach sind komplett ungedämmt und verlieren extrem viel Wärme. Schlimmer noch das Gartenhaus: Einfachverglasung, Fenster von 1950, ungedämmtes Dach, Temperatur innen wie außen, man kann dagegen anheizen, aber viel Sinn macht das natürlich nicht. Die anderen Geschosse wurden 1944 zerstört und in den 50ern wieder aufgebaut, die Wände sind nicht gedämmt und absurd dünn, man hatte kein Material.

Das GEG

Nun ist es ja seit dem 1. Januar so, dass im Fall einer Havarie (theoretisch) keine Heizung mehr neu eingebaut werden darf, die nicht mindestens 65% der Wärme mit erneuerbaren Energien erzeugt. Das sagt das Gebäudeenergiegesetz. Für Ballungsräume wie zum Beispiel Düsseldorf, wo viele Menschen auf kleinem Raum leben und nicht jedes Mehrfamilienhaus überhaupt über Stellfläche für große Heizungsanlagen verfügt, ist natürlich die sinnvollste Variante, dass die einzelnen Häuser/Wohnungen an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden. Dummerweise hat Deutschland das ja in den letzten Jahren vergessen, also gibt es hier zu diesem Zeitpunkt kein Fernwärmenetz, wenngleich ich optimistisch fest davon ausgehe, dass das in den nächsten 10 Jahren für unser Viertel korrigiert werden wird. Das hilft uns natürlich zu diesem Zeitpunkt nicht, wir brauchen nämlich im nächsten Oktober eine Heizung, nicht 2034. Andere mögliche Lösungen, die die 65 Prozent-Erneuerbare Energien-Vorgabe erfüllen, sind zum Beispiel ein wasserführender Pelletofen, ein Blockheizkraftwerk, Infrarotheizungen (also Strom) und natürlich die Wärmepumpe.

Die Pelletheizung als Etagenheizung haben wir uns sogar angesehen, waren auch für einen Moment der Meinung, dass das eine gute Idee sein könnte, zum Glück haben wir uns dann jedoch dagegen entschieden. In der Lösung steht der Kaminofen in einem Raum und beheizt diesen einerseits durch die Abwärme des Ofens, zudem wird im Ofen Wasser erhitzt und in den Heizkreislauf geleitet, also können in allen Zimmern die Heizkörper damit erwärmt werden (wenn der Ofen richtig dimensioniert ist). Ein Pelletofen in der Wohnung ist grundsätzlich übrigens nur eine Zusatzheizung neben einem primären Heizsystem, zum Beispiel einer Gasheizung (die dann aber nur noch 35% der Wärme erzeugen darf) oder einer Wärmepumpe (die im Bestand im Zweifelsfall nicht die Temperaturen erreichen kann, die benötigt werden). Dagegen sprachen letztendlich: Wir wollen nix verbrennen, auch keine gepressten Sägespäne, und außerdem möchte ich mir nicht mit 47 eine Heizung anschaffen, für die ich täglich 15-Kilo Säcke Pellets schleppen muss, geschweigen denn lagern, das möchte ich nämlich auch nicht. Pelletheizungen gibt es auch als die Vorgabe erfüllende Zentralheizung, dann muss man aber gewillt sein, einmal im Jahr eine Ladung von 5 Tonnen Pellets irgendwo zu lagern und die dann immer in die Heizung zu kippen, sind wir nicht bereit zu.

Da die kommunale Wärmeplanung für Düsseldorf noch nicht fertig ist und wir auch bis zum 30.06.2024 erst einmal nicht damit rechnen, dass die Stadt uns an dem geheimen Masterplan teilhaben lässt, greift eine Ausnahmeregelung. Bis zur Vorlage der Wärmeplanung darf nämlich weiterhin eine Gasheizung eingebaut werden, den Gedanken fanden wir aber Quatsch, zumal an unseren Kamin keine Brennwerttherme angeschlossen werden könnte, was also deutlich größere Kosten mit sich brächte, als den reinen Austausch der Heizung.

Über Blockheizkraftwerke haben wir uns nicht informiert, das schien uns nicht nötig, und Infrarotheizungen sind auch nur dann als 65%-Lösung anerkannt, wenn das Gebäude einen vorgegebenen Dämmstandard erreicht. Wir kamen also – insbesondere vor dem Hintergrund der momentanen Förderlinie, mit der wir, wenn wir es richtig überblicken, bis zu 55% Zuschuss zum Wechsel bekommen – zu dem Entschluss, dass wir eine Wärmepumpe einbauen lassen wollen, und unsere Wohnung sowie den Bungalow soweit energetisch zu sanieren, dass das am Ende auch warm wird. Bis dahin ist es eigentlich unkompliziert, aber jetzt kommt der Quatschteil: Wenn man in einer WEG wohnt, ist es nämlich so, dass die weiteren Schritte dann sehr genau geregelt sind, und hier wird es dann vermutlich in vielen WEGs recht doof. Es ist nämlich so.

GEG in WEG

Sobald die erste Heizung in einem Mehrfamilienhaus ausgetauscht wird, muss die Eigentümergemeinschaft auf verschiedenen Ebenen tätig werden und unterliegt zudem diversen Restriktionen. Das muss dann im Haus gut besprochen werden, wir haben das durch einen außerordentlichen Infotermin gefolgt von einer außerordentlichen Eigentümerversammlung getan.

  1. Jede weitere Heizung, die nach dem Austausch der ersten Heizung (die ja theoretisch noch eine Gasheizung sein könnte) erneuert werden muss, unterliegt automatisch der 65%-Vorgabe.
  2. Die Eigentümergemeinschaft muss innerhalb einer Frist von 5 Jahren einen Beschluss fassen, ob das Gebäude weiterhin mit Etagenheizungen oder mit einer Zentralheizung beheizt werden soll. Dazu muss innerhalb von 6 Monaten der Bezirksschornsteinfeger alle verbleibenden Etagenheizungen untersuchen und Alter, Leistung und voraussichtliche Lebensdauer erfassen und irgendwohin (vergessen!) übermitteln. Politischer Wille ist (vernünftigerweise) die wirtschaftlichere Variante der Zentralheizung. In unserem Fall haben wir die verschiedenen Lösungen prüfen lassen, und in dem momentanen Dämmzustand der oberen Geschosse ist eine Wärmepumpe alleine als Zentralheizung nicht denkbar (es gibt natürlich noch die Variante Hybridheizung, Wärmepumpe plus Gasheizung), zudem wäre die Umrüstung aller Einzelheizungen auf ein zentrales Heizsystem maximal invasiv und sehr teuer, da sehr viele Wände kaputtgemacht werden müssen. Das haben wir also verworfen. Hier jetzt zwei Anmerkungen: Wenn die WEG nicht fristgemäß die Weiterführung der Etagenheizungen beschließt, muss automatisch auf eine Zentralheizung umgerüstet werden. Zweitens, und das ist denkbar schlecht geregelt, wird aber sicherlich zu so viel Theater führen, dass sich eine sinnvolle Lösung durchsetzen wird, die ist jetzt aber nicht bekannt, ist es so. Wenn die erste Heizung ausfällt, rüstet vermutlich in den meisten Fällen die Partei auf eine neue Etagenheizung um. Meistens wird das der Austausch der Gastherme sein, in unserem Fall wird es der Umstieg auf eine Wärmepumpe sein. Die geschätzten Kosten (inklusive aller Arbeiten rundrum) liegen für uns bei 40.000 bis 60.000 Euro (vor Förderung). Was nun natürlich theoretisch passieren könnte, ist, dass im nächsten Schritt die WEG beschließt, dass auf eine Zentralheizung umgerüstet werden soll. Dafür reicht die einfache Mehrheit, und wir haben brav den Fachanwalt dazu befragt, weil das natürlich dann bedeutet, dass man entweder seine Wärmepumpe wieder ausbaut (was natürlich Quatsch wäre und daher unrealistisch), oder dass man die eigene Heizung drinlässt und die Zentralheizung dann von den Hausrücklagen (logischerweise) bezahlt wird, inklusive aller dazugehörigen Arbeiten, und das kostet dann sogar in unserem kleinen Fall bereits über 100.000 Euro (grobe Schätzung Handwerker und Energieberater), die man dann mit dem eigenen Anteil der Rücklagen mitzahlt, während man seine eigene Heizung alleine bezahlt. Gehen wir jetzt worst case von 30.000 Euro für die eigene Wärmepumpe und 30.000 Euro für den eigenen Anteil an den Hausrücklagen aus, ist das natürlich doof. Spoiler: Ist aber so. Wir haben an dem Punkt die Variante gewählt, ganz ergebnisoffen mit den Miteigentümern über die Optionen zu sprechen, und da niemand an einer zentralen Lösung Interesse hat, gehen wir jetzt mal davon aus, dass wir dieses Problem nicht haben werden. Gut geregelt ist das allerdings nicht, der Anwalt sah eine Flut von Klagen, zumal ich genug WEGs kenne, die sich nicht so freundlich über Dinge verständigen, wie wir das tun.

Die Anderen

Gehen wir jetzt mal von folgendem Szenario aus: Wir sanieren brav Küche und Gartenhaus komplett, Dächer, Wände, Fenster, alles, und bauen dann eine Wärmepumpe ein, dann wird hier ja alles gut werden, hoffe ich. Doch was machen die anderen Parteien? Das ist unterschiedlich kompliziert. Die Partei mit der neuen Heizung ist natürlich völlig entspannt, zurecht, die Heizung könnte theoretisch noch bis 2045 laufen, und dann muss eh jede Gasheizung raus, dann darf nämlich niemand mehr mit Gas heizen. Die beiden Parteien mit den mittelalten Heizungen müssen ein bisschen auf Lücke spielen, da es derzeit für nicht gut gedämmte Altbauwohnungen kaum gute Lösungen für die Erfüllung der 65%-Vorgabe gibt. Infrarot ist nur dann erlaubt, wenn gut gedämmt ist, klassische Wärmepumpe als Etagenheizung gibt es nicht, zumal die ja auch in unserem Garten stehen müssten, und da waren sich alle Parteien einig, dass wir lieber einen Pool haben, als einen Garten voller Wärmepumpen (auch da wichtige Information: Im Garten, der Gemeinschaftseigentum mit Sondernutzungsrecht ist, muss niemand eine fremde Wärmepumpe aufstellen), dann bleibt der wasserführende Pellet-Kaminofen als Ergänzung zur neuen Gasheizung oder eine Luft-Luft-Wärmepumpe, also im Prinzip eine Klimaanlage, die allerdings auch nur dann schön warm machen würde, wenn man eine energetisch effiziente Wohnung hat (zumal ich diese Klimadinger in den Wänden hier optisch auch nicht ertragen könnte). Die beiden Parteien mit den mittelalten Thermen warten jetzt also ab, bis die Stadt das Haus an die Fernwärme anschließt, und wenn das nie passiert, weil die AfD regiert und wir alle Öl verheizen sollen, dann müssen wir neu überlegen, im Moment wäre ich zuversichtlich, dass das etwa 2030 passieren wird.

Bleibt die letzte Partei, die mit einer ähnlich alten Therme da sitzt. Die müssen jetzt nachdenken, aber um das Denken zu erleichtern, haben wir noch mal gemeinsam ins Gesetz geguckt, und da steht ja nun, dass ohne kommunale Wärmeplanung die erste Heizung noch ohne Auflagen ausgetauscht werden kann, also zum Beispiel gegen eine Brennwerttherme, und dann die folgenden das Ziel erfüllen müssen. Wir erfüllen es ja mit der Wärmepumpe, und vielleicht ist es an dem Punkt dann gut, mal Zweite zu sein. Aber das müssen die Nachbarn sich überlegen, wir haben unseren zeitlichen Fahrplan besprochen und sind im Austausch, ich wüsste, was ich in ihrem Fall tun würde.

So, und jetzt braucht es nur noch sehr viel Zeit, sehr viel Geld und sehr viele Nerven, und dann drücken Sie uns alle die Daumen, dass hier nächsten Oktober niemand im Kalten sitzt.

11 Gedanken zu „16.01.2024 – Exkurs Effiziente Gebäudesanierung in WEG“

  1. Zwar nicht im Mehrfamilienhaus sondern im Doppelhaus (WEG) von 1937 lebend, war das erhellend und verständlich – vielen Dank!

  2. Vielen lieben Dank für den ausführlichen Bericht. Ich bekomme Zähneklappern wenn ich an unsere WEG (Mischverhältnis Eigentümer/ Mieter, 2x Heizungen) denke, ich befürchte, dass wird nicht so harmonisch.

  3. GsD lebe ich in USA, was viele Nachteile hat, inkl. Angst vor der nächsten Wahl, weil eigentlich keine, zwischen zwei alten Männern zu wählen, ist keine, aber so umständliche heizungsaprobleme haben wir nicht.

  4. Danke für die interessanten Ausführungen! Als Mieter in einem Haus mit einem Besitzer bin ich von solchen Fragen zum Glück nicht betroffen, aber ich lerne immer gerne dazu und wer weiß, was noch kommt?
    Die Daumen sind gedrückt!

  5. Vielen Dank für die große Mühe uns das alles zu erklären. Ich hoffe, dass Sie am Ende eine erträgliche und bezahlbare Heizung bekommen.
    Die verschiedenen Lösungen sind genauso unerfreulich, wie ich es mir vorgestellt habe. Wie ich vor ein paar Tagen bereits geschrieben hatte, ist unser Haus ca 140 Jahre alt, 14 Parteien, die meistens nicht hier wohnen, denkmalgeschützt, wenig isoliert, zwar mit doppelten Fenstern aber noch nicht wirklich isolierte Fenster. Die Zuleitung für eine Fernwärmeanbindung wurde auf der ersten Hälfte der Straße gestoppt, wir wohnen auf der zweiten Hälfte. Unsere Eigentümerversammlung Ende des Jahres war not amused und andererseits hoffnungsvoll, dass die Etagengasheizungen vielleicht einfach noch ein bisschen durchhalten. Aber es wurde über unserem Dach eine Drohne freigelassen, diese hat uns Aufnahmen geliefert und nun wird geprüft, ob eine Solaranlage vielleicht eine Teillösung liefern könnte. Ansonsten haben wir uns lieber erstmal vertagt…

    • Och doch, aber wir haben uns halt nach sechs Wochen Zusammentragen für eine Variante entschieden, die wir für passend halten. Nicht alle, die wir ausgeschlossen haben, sind hier genannt. Für die oberen Geschosse sieht es aber schlechter aus, das stimmt.

  6. Ich liefere zum Thema „Waermepumpe kann bei niedrigen Temperaturen nicht…“ usw usf einen Erfahrungsbericht: Ich lebe in Kanada, es sind momentan -21C, und unsere Waermepumpe heizt das Haus brav auf 20.5C. (Allerdings nicht mit Heizkoerpern, weil halt Kanada — wir haben forced air heating, ein Grauen vor dem Herrn, aber was soll man machen. Dafuer macht die Waermepumpe dann auch Klimaanlage im Sommer, und weil es da ja haeufiger waermer als +35C sind, ist das gar nicht uebel.)
    Kurzfassung: ich liebe unsere Waermepumpe.

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