07.10.2024

Meine Güte, was man sich heutzutage für Gedanken machen muss. Soeben saß ich mit Herrn H. beim Abendessen, und dann trauerten wir über den Abgang von Kevin Kühnert. Dass der hohen Unterhaltungswert mitbringt, ist vermutlich allen klar, aber ich muss sagen, dass ich ihn wirklich gerne mochte, und das fällt mir nicht so leicht, ich bin ja nicht so Sozi. Traurig, ich hoffe, dass er schnell wieder gesund wird, und mit 35 ist er ja noch ungefähr 40 Jahre jünger als Fritze Merz, und der möchte ja auch jetzt sein erstes echtes Amt antreten. Da ist also noch sehr viel Zeit, ich mache mir keine Sorgen. Eventuell ist meine These nicht zu halten, das wäre natürlich schade, sage ich doch seit ein paar Jahren schon, dass er 2029 Bundeskanzler werden wird. Das ist übrigens auch schade, ohne Kühnert machen Interviews wieder viel weniger Spaß, ist ja schon lustig, zu sehen, wie der Interviewte immer und bei jedem in der Vorhand ist. Ich bin gespannt, wie der neue Generalsekretär, dessen Namen ich direkt schon wieder vergessen habe, sich schlagen wird. Oder vielleicht ist es mir auch egal, mit ein paar Jahren Verspätung habe ich neuerdings auch Politikverdrossenheit.

Ich möchte mich aber noch einmal kurz loben, und zwar für meine Prognose aus dem November 2021, die nach wie vor erschreckend nah an der Realität ist. Da war meine Theorie, dass in den vier Jahren Ampel alle nur verlieren, mit Ausnahme von Christian Lindner. Wenn man jetzt mal auf aktuelle Wahl- und Umfrageergebnisse ansieht, könnte man sagen, dass ich da falsch lag, wenn man Lindner ansieht, scheint er mit sich und der Welt total im Reinen zu sein. Okay, ich gucke aus der Ferne und warte mal ab, wie das weiter geht, APO können die ja auch, da muss man sich nicht sorgen. Und ja, in meiner Prognose steht da als nächster Punkt, dass die Bundestagswahl 25 erdrutschartig von Söder gewonnen wird, und auch da könnte man jetzt sagen, dass das nicht so aussieht, aber ich würde da noch nicht zu weit Abstand nehmen. Erinnern Sie sich einfach an die Prognose, wenn die Wahl vorbei ist, ich kann mich gar nicht in einen mentalen Zustand versetzen, in dem so ein sehr alter konservativer Mann erste Regierungserfahrung als Kanzler eines ernstzunehmenden Landes sammelt, und wenn man sich etwas nicht vorstellen kann, sollte man es lassen. Söder ist natürlich auch schrecklich, aber Scholz ist halt auch schrecklich, in den USA nennen Wahlforscher:innen Leute wie mich „Double Haters“. Ja, das bildet mich gut ab. Naja, und wie kam ich darauf? Richtig, 2029 kommt dann Rot-Grün unter Kanzler Kühnert. Ich hoffe, dass er bis dahin wieder topfit ist, ich würde es ihm wünschen, auch wenn ich lieber Kanzler Habeck hätte, aber da möchte ich lieber keinen Veuve Clicquot drauf wetten.

Und was ich ja eigentlich schreiben wollte, weil es so absurd ist, dass wir eben beim Abendessen über Migration sprachen. Mein Kriterium für die eigene Migration ist erfüllt, wenn wir so ein Ergebnis wie in Thüringen bei einer Bundestagswahl erreichen. Dann wäre ich weg, spätestens. Und vielleicht auch einfach schon etwas zeitiger, vielleicht will man ja gar nicht warten, bis Wagenknecht uns aus der NATO abgemeldet hat und ein Bündnis mit Putin eingeht, dann nimmt einen ja auch kein gutes Land mehr. Und während wir so diskutierten, wohin man denn gehen wolle, kamen wir dann wieder zur Besinnung und facepalmten uns, ist ja Deutschland hier, hier kommen keine Nazis an die Macht, und dann fiel uns Thüringen wieder ein, und dann waren wir uns nicht mehr so sicher. Will niemand weg, aber ist ja immer gut, wenn man schon mal frühzeitig doomscrollt und sich Gedanken macht. Meine Güte. Das hätte ich niemals gedacht.

10 Gedanken zu „07.10.2024“

  1. Tja, Kanada und Australien. Und man muss früh genug los, dass man noch zumindest sein Geld mitnehmen und fliegen kann. Wenn die Schiffe vollgepackt sind und man einer von Zehntausenden ist, ist es sehr viel schwerer in einem anderen Land Fuss zu fassen. Allerdings hab ich noch nicht recherchiert, wie deren AFD, wahre Finnen, graue Wölfe, PiS-Partei usw. aussieht.
    Also vielleicht mal überlegen, wann der Punkt erreicht ist, an dem man die Eltern im Stich lässt, um das Kind zu retten.

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  2. mein vorschlag: uns geht es gut, und wir können zusammen mit gleichgesinnten viel erreichen. ich jedenfalls bin um jeden menschen froh, der/die sich hier einsetzt, mit zuversicht den mund aufmacht und für unsere vorstellungen einsteht. wie heißt es in dem lied: „du, lass dich nicht verhärten…“, wir sind viele. sogar in thürigen haben über 70 % nicht blau gewählt. trainieren wir unsere phantasie um salz ins rechte getriebe zu streuen.

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    • Vielen Dank für diesen Kommentar. <3
      Ich glaube ja auch, dass viel selbsterfüllende Prophezeiung in diesem Orakeln um den Untergang Deutschlands im AfD-geführten vierten Reich ist. Es reicht nicht, gegen die AfD zu sein, man muss auch für etwas anderes sein – und da ist in der Tat unsere optimistische Fantasie gefragt, damit wir uns auf allen Ebenen gemeinsam für eine offene, bunte Gesellschaft einsetzen.
      Dabei muss man auch in Kauf nehmen, dass alle demokratischen Parteien auf unterschiedliche Weise fehlbar und unzulänglich sind. Ohne sie geht es trotzdem nicht.

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      • Absolut richtig, und ich nehme für mich in Anspruch, dass ich sowohl viel tue (Schöffin, Parteisoldatin), als auch in Kauf nehme, dass auch die eigene Partei nicht unfehlbar ist – wer mal bei so einem Grünen Ortsverband war, weiß, wovon ich spreche. Ich kenne vermeintlich nicht einmal Menschen, die nicht wählen, oder die nicht links der Mitte wählen, das findet in meinem eigenen Wirkungskreis gar nicht statt. Um so sehr darf man doch erschrecken, wenn plötzlich in manchen Bundesländern jede:r zweite undemokratische Parteien wählen. Schön ist das nicht. (Und ja, ich bleibe dabei, dass das BSW keine demokratische Partei ist.)

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