Ich kann mir diesen Fressflash der letzten Tage aus mehreren Komponenten zusammengesetzt ganz gut erklären, was jedoch nicht heißt, dass ich das jetzt so weiterlaufen lassen kann. Hinterher kann ich postpandemisch nicht mehr raus, weil ich die drei Treppenstufen zum Bürgersteig nicht alleine bewältigen kann, ohne, dass meine Knochen unter dem Gewicht bersten. Ich kenne das Gefühl berstender Knochen. Ich bin kein Fan.
Also geht es heute zurück zu dem üblichen Regime, mit dem ich lange Monate gut gelebt habe, nur mit dem Unterschied, dass ich sekündlich Hunger haben werde.
Dafür werde ich heute erstmals die neue Wanderrouten App ausprobieren. Das Internet hat mir ja nahegelegt, die anzuschaffen, und wenngleich ich ja da wohne, wo der gesamte Umkreis zum Spazieren hinfährt, ist mir langsam mal nach weg. Ich sehe auch am Hund, wie sehr sie sich aufregt, wenn sie alle 4 Wochen mal was anderes sieht als den eigenen Wald. Den sie natürlich toll findet, aber sie kennt alles und jeden. Fast.
Hin und wieder treffen wir ja Menschen im Wald, und obwohl ich seit langer Zeit immer Kopfhörer mit irgendwas auf den Ohren habe, komme ich manchmal nicht daran vorbei, mit Anderen zu sprechen. Frau N hatte das ja mal beschrieben, ich habe einen leicht einschüchternden Basisblick (oder vielleicht ist es etwas, das über mir hängt, so sagt sie), der dafür sorgt, dass ich nicht angesprochen werde. Das ist bewährt und gewollt, ich möchte ja auch nicht angesprochen werden, lebe damit also hervorragend. Ganz hin und wieder sind Leute so veranlagt, dass sie an der Stelle keine Antennen haben, und dann verfüge ich über zwei mögliche Reaktionen: Ich gehe einfach weiter, oder ich antworte kurz und prägnant, sodass das Gespräch automatisch nicht weitergeführt wird. (Manchmal bin ich übrigens auch sehr sehr nett. Gab es auch schon.)
Gestern lief ich einfach weiter, ich habe nicht einmal mit dem Kopf geschüttelt, als eine sehr alte Frau mit einem fuchtelnden Finger ein paar Meter hinter mir herlief und rief: „Hallo! Hallo! Ihr Hund hat meinem Hund das Stöckchen weggenommen.“
Ich bin ja nie auf Spielplätze gegangen, als Jonathan klein war, da ich diese Diskussionen unter Eltern nicht zu schätzen wusste. „Ihr Sohn hat Jan-Luca sein Förmchen weggenommen“, „Ihr Sohn hat Mathilda-Paula geärgert“, alles nicht meine Baustelle, fand ich immer alles unangemessen anstrengend. So kamen wir irgendwann an ein Haus mit großem Garten. Als Ersatz für Spielplatzaufenthalte. Nun zeichnet sich mit den Jahren ab, dass so ein Hund auf sehr vielen Ebenen ein guter Kindersatz ist, man führt zumindest vergleichbar anstrengende Gespräche. Während man aber im Förmchenstreit mit Mathilda-Paulas Eltern nicht einfach weggehen kann, geht das natürlich sehr gut, wenn der Hund im Wald einem anderen Hund… Sie wissen schon. Auch anders als früher auf dem Spielplatz ist ja, dass mein Hund in der Regel der ist, der besser hört als der Hund der Gegenpartei, einfach, weil sie so ein Hund ist, der gut hört. Sie können den Satz im Kopf selbständig weiterführen.
Dann hatte ich gestern angekündigt, noch über Kreide zu schreiben. Ich hasse Kreide, Kreide ist schlimm, und außerdem habe ich nicht mehr viel Blogstamina für heute. Ich habe viele Jahre in Hörsälen mit Kreidetafeln unterrichtet, und da war alles schlimm. Die Hände fühlten sich furchtbar an, die Kleidung sah furchtbar aus, da ich nie die Geduld hatte, zu warten, bis irgendwas trocken ist, habe ich immer nur trocken gewischt, das führte zu Staublunge und viel, viel Kreide auf der Kleidung. Irgendwann hatte ich mal eine Freundin in einer Veranstaltung sitzen, die nach ein paar Minuten sehr eigenartige Verrenkungen machte, die ich nicht gut zu deuten wusste. Am Ende der 90 Minuten verließen alle den Hörsaal, und als wir alleine waren, sagte sie: „Du hast eine Hand auf der Titte.“
Ja. Wörtlich, wir waren sprachlich nicht so elegant. Und tatsächlich, ich hatte mir wohl beim Anschreiben irgendwie so an die Brust gefasst, dass ich einen gesamten Handabdruck auf dem schwarzen Shirt hatte, ungefähr so, wie die Uruk Hai im Herrn der Ringe.
Wenn man keine Lust hat, die Geschichte aufzuschreiben, ist sie leider gar nicht lustig. Ich geh duschen. Ist ja Wochenende und ich bin bis 17 Uhr schlecht gelaunt.
Tits