The model

Gestern (an einem Wochenendtag, verbeamtet!!) schickte der Rektor des Gymnasiums eine Mail an alle Eltern, und der Inhalt befand sich nicht in einem offenen Worddokument, nein, auch nicht in einem angehängten PDF, also doch, aber nicht nur. Der Inhalt der Email befand sich im Mailbody. Also da, wo wir durchdigitalisierten Leute Inhalte reintun. Bämm!

Und morgen hat Ona Videounterricht. In echt. Das erste Mal. Ever. Wir sind also jetzt an unserer Schule da angekommen, wo gefühlt jede bayrische Schule im April schon war. Und das finde ich gut.

Auch gut finde ich die Angebote der ARD. Dort gibt es jetzt ein wenig Schulfernsehen, und das finde ich allenfalls besser als alles, was er sonst gucken würde, ich habe nämlich nach wie vor nicht vor, Ona zu homeschoolen, und ja, das ist eine sehr luxuriöse Situation, er ist nämlich alt und klug genug, dass er bislang zumindest komplett zurechtgekommen ist, und das wird auch so bleiben müssen. Alternativ kann er gerne leistungsverweigern, aber das müssen wir ihm ja nicht vor Tag 1 schon sagen. Abgehängt wird er nicht, da mache ich mir wenig Sorgen. Was ein bisschen blöd auskommt ist die Tatsache, dass er eine Woche vor Weihnachten die Klasse gewechselt hat, nun hat er seinen Lernbuddy aus dem ersten Lockdown verloren, aber gut, dann ist das jetzt halt so.

Ich habe natürlich leicht reden. In dem Motzbeitrag, mit dem ich neulich die Blogpause unterbrochen habe und in das Befindlichkeitsbloggen einstieg, hatte ich noch den Verve einer Person, die nicht 10 Monate Pandemie in den Knochen hat. Das ist heute anders. Daher ist mir jetzt einfach alles egal, und in blindem Vertrauen auf mein Kind und seine Lebensbedingungen gucken wir jetzt mal, was dabei rauskommt. Motzen hilft ja nicht. Es ist eine ganz einfache Frage der Priorisierung. Möchte ich, dass 10 Millionen Kinder jeden Morgen durch die Gegend fahren und sich und andere infizieren? Nein. Also muss das anders geregelt werden. Dass das für die Eltern blöd ist: Point taken. Aber (live with it): Pandemie ist halt blöd. Ich weiß nicht, warum ich irgendwas Nichtblödes erwarten sollte. Vielleicht ist wieder die Brigitte schuld. Seit 11 Jahren lache ich ja darüber, dass man „alles haben kann“, die tolle Karriere, die glücklichen Kinder, das frische, vitaminreiche, selbstgekochte Essen. Nur jemand, der sehr schlecht in Mathe ist, kann sich das gut vorstellen, und ja, dass meistens die Mütter dann den Handschuh werfen und sich um die Kinder kümmern, ist ein Ungleichgewicht und muss geändert werden. Aber eine:r muss ja. Zwei dicke Karrieren plus selbstbetreute Kinder plus „Zeit für mich in der Wanne“ geht nur, wenn man Bundestagsabgeordnete ist und nicht hingeht. Soll es ja geben.

Also ist es jetzt noch mal richtig scheiße. Ich bin bereit. Ona hat mich eben gefragt, ob ich nicht einen kleinen Kurzurlaub machen möchte. Wenn mir alles zu laut, unaufgeräumt und anstrengend wird, mache ich das üblicherweise. Fahre einfach eine Woche alleine weg und komme dann gutgelaunt wieder. Aber naja, Sie können den Satz allein vervollständigen. Ich zähle jetzt runter. Ich zähle runter, bis ich wieder ein normaler Mensch bin. Ich zähle runter, bis ich wieder die Menschen sehen kann, die ich sehen möchte. Ich zähle runter, bis ich wieder Zeit auch mal alleine verbringen kann. So lieb ich mein Kind ja habe. 24 Stunden sind viele Stunden. In einer rbb Doku habe ich heute gelernt, dass im Mausmodell (genau genommen war es das Rattenmodell, aber Mausmodell ist momentan mein absolutes Lieblingswort) gezeigt wurde, dass – wenn Individuen auf engem Raum und ohne feste Aufgabenverteilung eingesperrt sind – Masturbation hervorragend hilft, Aggressionen zu überwinden. Ich muss das jetzt mal zuende denken. In den letzten Tagen habe ich versucht, diverse Aufgaben zu verteilen, da ich aber eher mit Anhängern des regelbefreiten Lebens zusammenlebe, werde ich die Berichterstattung an dieser Stelle abbrechen müssen.
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