So abwegig ist das am heutigen Tag auch gar nicht, gibt es ja mindestens zwei Sondersituationen. Die erste lautet, dass ich ein kleines Kratzen im Hals habe. (Das muss man sich ja auch mal vorstellen, wie abgefahren es ist, als Mutter eines Schulkinds überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, dass man im November eventuell erkältet sein könnte. Das hätte uns mal präcorona einer sagen sollen, was hätten wir gelacht.) Aufgrund meines sozialisolierten Lebensstils halte ich es für recht unwahrscheinlich, dass ich mich irgendwo pandemierelevant angesteckt habe, im Großen und Ganzen halte ich es nahezu für ausgeschlossen, dass ich mich im Jahre 2020 mit *irgendwas* angesteckt haben könnte. Wie hätte das bitte passieren sollen? Viel naheliegender ist ja, dass wir uns jetzt in die Jahreszeit begeben, in der es fahrlässig ist, wenn man seine Haare nicht fönt und dann draußen im Wind rumläuft. Ich habe ja auch seit zwei Wochen wieder den Herbstnerv zwischen Wirbelsäule und Schulter eingeklemmt oder entzündet oder was auch immer da jedes Jahr seit vielen passiert, wenn die ersten kalten Tage kommen, ich draußen friere und die Schultern unbemerkt hochziehe und mich dann halt im November nicht gut bewegen kann und immer Kopfweh habe. Es tut übrigens sehr gut, auch mal wieder über andere Krankheiten zu sprechen. Sehr befriedigend.
Mit dem leichten Kratzen im Hals muss ich vermutlich auch nicht darüber nachdenken, ob ich heute mit Ona zum Nierchentermin gehe. Leser „von früher“ mögen sich erinnern, dass Ona (inzwischen nur noch) einmal im Jahr in der Uniklinik Essen seine Niere mal checken lassen muss, ein Routinetermin, der an sich vollkommen problemlos ist, den ich allerdings in den letzten Jahren an den Mann ausgelagert habe, da mir die Atmosphäre und die Umgebung zunehmend mehr aufs Gemüt schlugen und ich irgendwann beschloss, diesen Termin lieber nicht mehr selber machen zu wollen. Gestern, bevor ich am Telefon die Zeit so aus den Augen verloren hatte, reifte in mir der Gedanke, dass ich die Untersuchung heute mal wieder begleiten könnte, ich wäre ja sehr ausgeschlafen und fit gewesen und hatte nur morgens unausweichliche Termine. Nun habe ich ein Kratzen im Hals und werde nicht darüber nachdenken, ob das eventuell ein Uniklinkvermeidungskratzen ist oder echt, entscheide aber so, wie ich das von jedem Anderen erwarten würde, wenn ich zum Beispiel mit einem Kleinkind mitten in der Chemo im Wartezimmer sitzen würde: Ich bleib zuhause. 2021 wird mein Jahr.
Entsprechend kann ich mir jetzt alles sehr gut einteilen, das ist eine Situation, die ich so nicht kenne und die mich auch sehr überfordert, was man daran sehen kann, dass ich morgens früh blogge. Das ist ja Irrsinn. Ich trage übrigens auch noch einen Pyjama, da ich sehr schwer zum ersten Termin aus dem Bett kam, daher dachte, ich dusche einfach um 9, dann war aber um 9 klar, dass ich alle Aufgaben mit Sendungswirkung bereits erledigt habe und dass ich nicht zum Nierchentermin fahren werde, und dann kann ich ja auch einfach wieder ins Bett gehen. Das werde ich jetzt machen. Vorschlafen für heute Nacht, dann kommt die zweite Sondersituation, da werde ich natürlich sehr angestrengt fernsehen müssen. Kamala Harris hat gerade sehr überzeugend getwittert „Take a breath. Set your alarm. Try to get a good night’s rest. We got this“. Damn, do I hope she’s right. Und dann kommt Biden, seufz. Aber puh. Und morgen um 9 hab ich den nächsten Termin. Ich schlafe besser jetzt. Gute Nacht.
Peaches (The Presidents of the United States of America)