Wut, Scham, Trauer, Wut, Scham, Trauer, lassen Sie uns gemeinsam die Hymne 2021 skandieren. Heute habe ich mal wieder schulbezogene Wut, allerdings etwas distanzierter als letztes Mal, da ich selber, besser gesagt mein Kind, anders betroffen bin wegen geimpft. Ich habe heute sehr wenig Zeit im Internet verbracht, doch es wiederholte sich mehrmals: Twitter auf, Eltern verzweifelt, Twitter zu oder Twitter auf, Lauterbach verzweifelt, Twitter zu.
Ich leide mit den Eltern, die sich ratlos fragen, ob jetzt wirklich einfach die Schulen durchseucht werden sollen. Ich hatte vor Jonathans Impfung dazu eine klare Haltung, die hat sich nicht geändert. Geändert hat sich lediglich die eigene Situation, das Kind hat vollen Impfschutz, und das nehme ich wörtlich. Das nächste Wort übrigens, das die breite Masse jetzt fließend verwenden kann, ist ja „Impfdurchbruch“, und im Grunde bin ich sehr überrascht, dass eben dieser jetzt so skandalisiert wird, was genau war denn unklar bei der Angabe „Impfstoff XY schützt zu Z Prozent vor Infektion“, da stand doch nirgendwo 100, oder? Nichtsdestotrotz muss man da mal optimistisch bleiben, und ja, es gibt unterschiedliche Zahlen aus unterschiedlichen Quellen, keine einzige davon führt jedoch zu dem möglichen Ergebnis, dass Impfen auch nix hilft.
Zurück zu den Schulen. Was mir ja in der gesamten Pandemie so schwer zu schaffen gemacht hat, ist das Gefühl, keine Hoheit mehr über das Wohlbefinden des eigenen Kindes zu haben. Wenn in Leverkusen die Inzidenz unter den Kindern astronomisch ansteigt, kann ich mir sehr gut vorstellen, mit welcher Begeisterung die Eltern sie morgens zum Bus bringen. Oder was immer man in Leverkusen macht, um zur Schule zu kommen. Und das Verrückte daran ist doch: Die Kinder ab 12 können geimpft werden, es gibt viele sehr niederschwellige Angebote, in Jonathans Schule wird sogar vor Ort geimpft. Warum zum Teufel dann noch das Risiko? Und die Zeit, bis auch die Kleinen geimpft werden können, wird auch nicht mehr so furchtbar lang sein, Moderna und Biontech sind in der Phase 3 Studie für Kinder ab 6 Monaten so weit, dass eine Zulassung Ende des Jahres bereits passieren könnte. Das sind in Pandemiezeitrechnung gefühlte 3 Tage. Solange der Schutz noch nicht reingeimpft werden kann, müssen Eltern frei entscheiden können, ob sie die Kinder in Präsenz schicken wollen. Das gleiche gilt bei den Jugendlichen für die Zeit, bis voller Impfschutz gegeben ist. Das ist meine feste Überzeugung. Es ist doch absehbar. Und wir sitzen doch schon 34 Jahre im Homeoffice. Denjenigen, die sich Sorgen machen (ja, Herr Hüther, um mein Kind habe ich sogar Angst) muss die Entscheidung erlaubt sein, jetzt noch durchzubeißen, bis sie ihre Kinder mit einem besseren weil sichereren Gefühl in die Schulen schicken können. Oder irgendwas mit Lüftungsgeräten. Ja. I heard it.