It’s a long way to the top (if you wanna Rock’n’Roll)

Jetzt habe ich etwa 80 Zeilen Text wieder gelöscht, weil die Details ja gar nichts zur Sache tun. Ich habe heute ungewollt aber alternativlos die Stimme erhoben und in einer Plenarsitzung mit 15 Männern Ü60, 5 Männern U60 und vier Frauen meines Alters drei Minuten am Stück gesprochen. Danach war Stille, und dann schickten Frauen mir Emails und Zertifikate. Dieses nämlich, ich fand es ganz lustig, wäre es nicht so traurig.

Die nächsten 80 Zeilen habe ich auch schon wieder gelöscht, weil das wirklich schlecht zu erzählen ist, wenn man eigentlich nix erzählen kann. Daher kommt nur noch die Ableitung. Die basiert jedoch auf Fakten.

Es gibt Menschen, denen macht es nichts aus, sich in den Wind zu stellen. Ich bin so jemand, und unter gewissen Bedingungen – ich weiß sehr genau, dass ich das Thema gut durchdacht habe, dass ich exzellente Argumente habe, im besten Fall habe ich meine Gedanken mit Menschen, deren Meinung ich schätze und deren Urteilsvermögen ich traue – zögere ich keine Minute. In der heutigen Plenarsitzung eines Gremiums, in dem ich Teil bin, war absehbar, dass Dinge eskalieren. Ich hatte einen Punkt und Recht, war aber emotional nicht (mehr) involviert genug, mich in den Wind zu stellen. Mehrere Kolleginnen whatsappten, ob ich nicht mal was sagen wollte, und irgendwann sprach ich eben die drei Minuten. Und ich hatte Recht.

Und dann passierte das, was ich erwartet hatte, was mich aber jedes Mal wieder in Rage bringt. Vorsitzender bedankt sich für den Redebeitrag und erklärt, dass natürlich jeder seine Meinung sagen darf, auch die junge Kollegin (44!). Dann mehrere Minuten Monolog zu dem Thema, dass das sehr schade sei, wenn Menschen Entscheidungen nicht mittragen könnten (ich!), anscheinend sei es nicht gelungen, die Sachlage so zu erklären, dass sie für alle begreiflich ist. Den habe ich noch gekontert mit einem freundlichen „Ich kann Ihnen versichern, dass meine Entscheidung, das neue Programm nicht mitzutragen, nicht daran liegt, dass ich es nicht verstanden habe, ich halte es aber für Quatsch.“ Danach stellte ich mich auf stumm und zwang mich, den Rest nicht mehr zu parieren.

Ich kenne das Spiel. Und ich hasse das Spiel. Und ich möchte wirklich, wirklich ergebnisoffen fragen, ob Männer das untereinander auch praktizieren, zumindest ist mir das nicht massiv aufgefallen.

Ich bin nicht die junge Kollegin. Wenn ich anderer Meinung bin, dann nicht, weil ich es nicht verstanden habe. Ich schließe nicht aus, dass ich manche Dinge nicht verstehe. Heute war nicht so ein Tag. Aber es ist halt einfach. Jung = unerfahren. Dagegen = nicht verstanden = dumm. Und was machen die Frauen?

Ich habe mich stumm gestellt, das war aber Teil meiner Agenda. Nicht provozieren lassen. Die anderen Frauen schrieben mir Emails und bedankten sich. Das ist nett, keine Frage, aber nicht hilfreich. Ich schlafe dennoch heute gut, aber wir kämen weiter, wenn wir nicht hintenrum Mails schrieben, sondern offen Stellung beziehen würden. Die Frauen, von denen ich spreche, waren die Strickchefin einer großen Deutschen Bank und die einer großen Versicherung. Keine jungen Kolleginnen. Aber wenn wir
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