Chasing Cars

Ich müsste jetzt aufstehen und in den Supermarkt laufen, aber ich sitze im Sessel und arbeite, und die Sonne steht jetzt exakt so, dass sie mich voll anstrahlt, und irgendwie tippe ich, dass das gut fürs Gemüt ist. Andererseits werde ich dann sehr glücklich verhungern, oder mein Kind kommt nach Hause und findet kein Essen vor, und dann isst es vermutlich einfach zur Not mich, ich möchte das nicht ausschließen, ich taste mich an die Gefühls- und Erlebniswelt eines 12Jährigen noch in kleinen Schritten heran.

Morgen endet eine zweiwöchige autofreie Testphase. Ich hatte ja im Februar ein Auto bestellt, das im Juli fertig zusammengeschraubt und ausgeliefert werden sollte, das hat aber nie stattgefunden, also wurde ich auf August, dann September, dann Oktober vertröstet, jetzt ist November, es wird gar nicht mehr vertröstet, sondern nur mitgeteilt, dass das Auto nicht da ist, und dass ich Anrecht auf einen Überbrückungswagen hätte, leider gibt es in ganz Deutschland gar keine Überbrückungswagen mehr. Mich langweilt das Thema so sehr, dass ich es gar nicht in Worte fassen möchte, also kürze ich ab und sage: Morgen kann ich in einem mir nicht bekannten Teil Deutschlands einen Überbrückungswagen abholen, und dann habe ich nach zwei Wochen ohne Auto doch wieder eins und kann Hundefutter kaufen gehen.

Mein Fazit nach den zwei Wochen: Mein Leben ist nicht wirklich auf Autolosigkeit ausgerichtet, allerdings wäre es sehr leicht, das herbeizuführen. So richtig hat das Auto immer nur dann gefehlt, wenn Kinder durch die Gegend gefahren werden müssen, Handballtraining-Fahrgemeinschaft, zum Beispiel. Da fällt man dann plötzlich weg, und das ist sicherlich nicht dramatisch, auf Dauer könnte das bei anderen Eltern jedoch auf Reaktanz stoßen. Im Sommer wäre das allerdings auch kein Problem, es gibt ÖPNV, mit dem die Halle mittelkompliziert zu erreichen ist (also: mit Umsteigen, wir wohnen allerdings so gut angebunden, dass wir alle Umsteigen hassen, daran kann man jedoch arbeiten), allerdings trainiert Ona inzwischen so spät, dass die Rückfahrt einfach mit dem Auto deutlich besser ist.

Herr H, das war aber schon immer der Plan, wird sich kein Auto mehr zulegen und hofft darauf, dass er immer meins leihen kann, und da ich ja wenig fahre, kann er Glück haben, unter Einhaltung starker Benimmregeln.

1) Nicht im Auto essen – Sein Arbeitgeber, ein großes Unternehmen, hat für alle Mitarbeiter*innen Essverbot in den Firmenwagen ausgesprochen, nachdem man in von Herrn H genutzten Autos immer so viel Croissantreste gefunden hatte.

2) Wenn man die Autotür gegen eine Backsteinwand haut, muss man den Lackschaden bezahlen. Das vorherige Leasingauto, das ich im Oktober zurückgegeben habe, hat eine Schlussrechnung von knapp 1000 Euro für Macken, von denen ich keine verursacht habe, aufgerufen, da müssen wir noch mal sprechen. Und

3, das ist im Rahmen der Elektromobilität noch viel wichtiger als mit einem Verbrenner) Wenn man ein volles Auto übernimmt, muss man ein volles Auto wieder abgeben. Ich sehe hier *sehr* viel Raum für Konflikte. Besser sofort eine Regel etablieren, auf die man dann bei Leihantritt direkt verweisen kann.

Unterm Strich betrachtet hat das Auto wirklich nur punktuell gefehlt, und das ist vielleicht ein Signal. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass selbst ich, also die Person, die seit sie 18 ist ein eigenes Auto hat und sich nie scheute, es zu nutzen, in der nächsten Runde, also in 3 Jahren, dann gebe ich das neue Auto wieder ab, noch mal zu gucken, wie dann die Infrastruktur für Carsharing aussieht, das könnte ich mal versuchen. Derzeit bin ich da noch nicht, aber ich bin auf dem Weg.

Somit haben jetzt also 2 von 3 Leuten ein ÖPNV-Dauerticket, zudem wird noch ein E-Roller angeschafft, den Herr H für die letzte Meile ins Büro nutzen möchte, das verkürzt die Reisezeit ins Büro dann täglich um fast 2 Stunden, und ich habe noch ein Auto, mit dem ich Getränke, Hundefutter und Kinder transportiere. Und mich, für kurze Wochenendreisen. Und da muss ich eine Sache hinzufügen. Ich hätte nämlich am vergangenen Wochenende zu Frau N fahren sollen, wir hatten uns alle sehr gefreut. Aber ich hatte ja kein Auto. Natürlich kann ich mit der Bahn fahren, aber das kostet – Obacht – 163,80 Euro, und das finde ich für die kurze Strecke (1:21h Zugfahrt, ich bitte Sie) zu wenig Erlebnis für die Investition.

Sie können mir jetzt natürlich in den Kommentaren vorrechnen, wie teuer so ein Auto im Monat ist, etc etc, aber das wird an meinem Gefühl nichts ändern, dass ich allein für eine Runde in der Küche Sitzen und eine erwettete Flasche Veuve Clicquot nicht 163,80 Euro zahlen möchte, wenn es doch auch so gute virtuelle Lösungen gibt, sich nahe zu sein. Außerdem wäre mein Kind ja am Boden zerstört gewesen, wenn ich alleine gefahren wäre, und der Satz „du kannst dir das Mitfahren ja zu Weihnachten wünschen“ ist auch verrückt.

Da ist noch manches im Argen. Morgen kommt das Übergangsauto, und dann kann ich wieder machen, was ich möchte, und dann hat Deutschland noch drei Jahre, in denen ich (vorwiegend) elektrisch rumfahre und Parkraum beanspruche, Zeit, sich mal ein richtig gutes System zu überlegen, wie das alternativ gut klappt. Für mich fehlt nicht mehr viel. Und das will schon was heißen.

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