Wir können das abkürzen. Wagner hat geliefert. Mir war bei der Buchung der Karten ja vollkommen klar, dass der erste Abend, Le Nozze di Figaro, Mozart, 3 Stunden, eher zugänglich und angenehm im Ohr werden wird, eventuell eine irreführende Vorbereitung für den zweiten Abend, Lohengrin, Wagner, vier Stunden, sein wird. Mit Wagner verhält es sich ja so: Ich mag die Musik nicht, ich mag die Geschichten meistens nicht, ich mag dieses Nazigefühl nicht, das die Texte und Bilder in mir auslösen, naja, und dann sind vier Stunden halt lang. Aber wir wollten das mal erlebt haben, und wir können hoch erhobenen Hauptes sagen: Wir haben uns erst in der letzten Pause 60 min vor Schluss rausgeschlichen, ich bin mit uns zufrieden.
In der ersten Pause dachte ich ja noch, ich könnte das vielleicht komplett gucken. Wir hatten die gute Situation, dass wir wieder die Billigplätze ganz hinten in der Loge hatten, dieses Mal saßen aber mir optisch und konzeptionell etwas unangenehme Menschen zu dritt ganz vorne, da fand sich nicht gut ein Loch zum Durchgucken, und in der zweiten Reihe saß nur ein Herr, der uns einlud, mit nach vorne zu kommen. Also setzte ich mich neben ihn, rutschte allerdings ein wenig zur Seite weg, was meine Sicht auf die Bühne etwa auf 1/3 minimierte, und dann kam irgendwann am Ende des 1. Aktes das noch viel größere Problem. In der Loge nebenan saß nämlich ein Scheinriese. Ein älterer Herr, der genau genommen gar nicht sehr groß war, nennenswerte Haare hatte er auch nicht. Anscheinend hatte er aber Probleme mit dem Rücken und legte sich irgendwann auf die Brüstung seiner Loge, was er natürlich darf, er hat 270 Euro bezahlt, um ganz vorne zu sitzen, er legte sich allerdings so auf die Brüstung, dass ich nun an keiner Seite mehr an ihm vorbeigucken konnte, direkt vor mir ja drei Menschen, die wenige Lücken ließen, ich war also schachmatt. Im zweiten Akt lauschte ich also 80 Minuten lang ausschließlich der Musik, und dann wollte ich etwas anderes machen, Frau N auch, sie sorgte sich um ihren Akku, hinten konnte sie ja sehr gut Pokemon Go spielen.
Na gut. Ich halte fest: Ich finde Oper schön, mir hat der Freitag gut gefallen, ich brauche aber etwas, das mich nicht langweilt und nervt, heißt: ansprechende Musik, etwas Bewegung auf der Bühne, nicht wie bei Lohengrin, also wir stellen 60 Leute in ein Bühnenbild und dann bleiben sie vier Stunden da stehen und singen langweilige Melodien, das tut für mich nix.
Jetzt müssen wir los zum Muttertagskonzert der Wiener Sängerknaben. Ich bin gespannt, wenngleich ich ja nie auf die Idee gekommen wäre, da hin zu gehen. Frau N hatte die als Ausgleich zu Pferd reinverhandelt. Und jetzt freue ich mich sehr darauf, es wird zum Beispiel viel kürzer werden als gestern.
Habe vor vierzig Jahren ‚Moses und Aron‘ von Arnold Schönberg in der Felsenreitschule in Salzburg gesehen. Das hat mir gut gefallen, es war ausreichend anders. Eine Leidenschaft für Opern wurde leider dadurch aber auch nicht entfacht.
Kennen Sie das Wiener Konzerthaus schon?