Heute wollte ich mal nix machen. Und das aus gutem Grund. Ich hatte ja vor der Reise angeboten, dass ich für die Verpflegung der Reisegruppe sorge, Sie erinnern sich an den Airfryer, den Pürierstab, den ich fast mitgenommen hatte, weil ich indische Linsensuppe kochen wollte, das halbe Gewürzregal, etc. Das ist meine Aufgabe, zusätzlich zum Bock, auf dem ich tagsüber sitze, wenn wir einen Ausflug machen. Das ist alles schön, das mache ich alles gerne, das führt aber zu etwas weniger Quality Time in unserem spektakulären Haus, ich springe vom Bock, setze mich dann irgendwo hin und lese oder stricke, immer getrieben von dem Gedanken, dass ich gleich in die Küche aufbrechen muss. Heute morgen war also der Punkt erreicht, an dem ich feststellte: Ich möchte heute sitzen und aufs Meer gucken, quasi als Puffer für die nächsten Tage. Herr H hatte sich ja etwa 100 langweilige Museen (wirklich!) herausgesucht, die er sich mal angucken könnte, Ona wollte theoretisch in einen Reptilienzoo, und so schlug ich heute morgen vor, dass ich heute einfach sitze und lese, während der Rest dann überlegen kann, was theoretisch gemacht werden könnte als Alternative zum Sitzen und Lesen. Meine Bedingung war allerdings noch, dass nur doofe Sachen angeboten werden dürfen, sonst hätte ich FOMO und müsste mit einen Ausflug machen, ich wollte aber ja sitzen.
Dann war alles ganz einfach: Ich wollte sitzen, Frau und Herr N wollten dann auch nur sitzen, Herr H überlegte mit Ona, was man alles Langweiliges machen könnte, dann wollte Ona auch sitzen, und am Ende mietete Herr H sich ein Rad, kaufte auf meine Bitte hin einen Helm und fuhr die Insel ab. Ich saß derweil erst auf der unteren Ebene in einem Sessel, strickte eine Socke, hörte ein Hörbuch und bewachte das schlafende Kind, dann irgendwann wechselte ich auf die obere Ebene, strickte eine Socke, hörte ein Hörbuch und bewachte Frau N. Gesprochen wurde wenig, da wir alle etwas hörten und dabei aufs Meer guckten, nur der Hund war sehr gesprächig und brachte den Teenagern abwechselnd einen Stock oder einen Ball, je nachdem, ob sie ins Meer wollte oder im Von-der-Leyenschen Vorgarten Ball spielen. Für sie wird das auch schwer, wenn wir zurück müssen. Nur mit 3 Menschen leben halbiert ja die Wahrscheinlichkeit, dass jemand auf Knopfdruck aufsteht und was spielt, und ein Leben ohne Meer vor der Terrasse ist für einen Labrador ja sowieso eine Zumutung. Dass wir auch mal einen Tag einfach schweigend einfach nebeneinander liegen und aufs Meer gucken können, identifizierte Frau N als den Grund, warum sie mit uns in den Urlaub fährt. Ich dachte ja, es sei, weil wir so angenehm unterhaltsam seien.
Ich möchte noch kurz etwas teilen, was vielleicht ein schlechtes Licht auf mich wirft, nämlich, welche Bücher ich gerade höre. Ich hatte mir diverses mitgenommen, unter anderem „Machtverfall“ geschrieben und gelesen von Robin Alexander, welches ich als Buch auf Papier schon lange im Schrank stehen habe, ich kam nur nie dazu, es zu lesen. Das zweite, und jetzt bitte, no judgement, Sie waren ja bestimmt alle in „Barbie“, ist Spare, gelesen von Prince Harry himself. Und jetzt kommt die Überraschung: Machtverfall ist wirklich kaum zu hören, es ist ganz furchtbar, da Robin Alexander, der sonst ganz normal redet, vorher ein Sprechtraining absolviert hat, in dem er gelernt hat, dass er jeden Laut ganz artikuliert aussprechen muss. Das Resultat ist praktisch unhörbar, man hat das Gefühl, man würde einem Roboter lauschen. Prince Harry hingegen liest ganz hervorragend, und ja, die Latte meiner Erwartung lag tief, ich bin allerdings nach 8 Stunden aufs Meer gucken mit Spare im Ohr gar nicht genervt und gehe jetzt ins Bett und höre weiter. Das hätte ich auch nicht gedacht.
Danke für die Warnung. Ich finde dieses überakzentuierte Lesen auch unerträglich. Einzig noch furchtbarer: Wenn übermotiviert lesende Schauspieler Sachbuchtexte zu die Menschheitsgeschichte zentral entscheidenden Dramen aufplustern. Das kann mir selbst den interessantesten Inhalt verhageln.