Eine wichtige Komponente, wenn plötzlich die Mutter nebenan wohnt, ist, dass man seine Geschwister öfter sieht. In meinem Fall finde ich das sehr vorteilhaft, ich habe eigenwillige, aber sehr gute Schwestern. Heute kam also das Kind aus der Schule und hatte großen Hunger, ich war allerdings gerade erst aus einem Termin gekommen, es gab keine Lebensmittel in diesem Haushalt, alles war bereits aufgegessen, dann guckte er auf sein Handy und murmelte leise „Geh zu Oma“ und verschwand. Eine Stunde später kam er zurück, Oma und Tante, also Mutter und Schwester, im Schlepptau. Wir tranken Kaffee, also Oma (81) und Schwester (60), ich bin zu alt, ich kann nachmittags keinen Kaffee mehr trinken (45).
Nun war meine Mutter gestern schon zum Kaffee da, üblicherweise möchte sie „ja niemandem zur Last fallen“, daher steht sie sehr selten einfach so vor der Tür. Gestern erzählte sie sehr ausführlich, wie schön das alles mit Hase ist, heute war sie allerdings etwas verschnupft, woraufhin meine Schwester und ich sofort mit rationalen Argumenten auf sie einfeuerten, woraufhin sie bockig wurde, und dann zog meine Schwester ein As aus dem Ärmel, das uns alle kurz verharren ließ: „Boah Mama, wir erzählen dir doch nix vom Pony hier, wir haben nur einfach viel mehr Erfahrung als du.“ Ja. So ist das wohl. Männertechnisch können wir insgesamt deutlich mehr aufweisen als meine Mutter, aber wenn wir mit 81 noch so pubertär unterwegs sein sollten, wie sie, haben wir auf jeden Fall alles richtig gemacht.
Dann kam noch die Sache mit dem Nudelauflauf, die dazu führte, dass meine Mutter mir seit sie wieder zuhause ist bereits 5 Whatsapp Nachrichten mit Beweismaterial geschickt hat. Ich erzählte von dem Nudelauflauffest neulich, und dass ich das Rezept, das meine Mutter mir 2009 per Email geschickt hatte (also Rezept ist wirklich viel gesagt, es gibt eine Liste von Zutaten, überschrieben mit „Nudelauflauf“), endlich so modifiziert hätte, dass das jetzt lecker sei: Nudeln vorher kochen. „Aber NATÜRLICH muss man die Nudeln vorher kochen!“ „Das stand da nicht bei.“ „Aber das weiß man doch.“ „Ich weiß das nicht, Lasagneplatten koche ich auch nicht.“ „Das schmeckt doch dann gar nicht so viel Flüssigkeit ist doch gar nicht in der Soße.“ „RICHTIG! Meine arme Familie hat 13 Jahre lang Nudelauflauf gegessen, der nicht schmeckt.“ „Das hat die Mama doch nur gemacht, damit der Ona immer sagen kann ‚Bei Oma ist das alles viel leckerer.'“. „Erzähl doch nix vom Pony, das würde ich doch nie machen, der Ona weiß auch so, wie lecker ich koche.“ „Oh. Schon so spät?“
Wir haben uns sehr lieb. Und „Erzähl doch nix vom Pony“ sagen wir statt „Erzähl doch nix vom Pferd.“ Ist mir auch gerade erst aufgefallen.