Wie ich heute lernte, dass mein Hund nicht nur im Spaß dahergescherzt die Liebe meines Lebens ist.
Der Mitbewohner und ich wollten ein wenig durch den Wald laufen, der Hund wollte ein wenig schwimmen, also fuhren wir nach Gruiten, liefen durch das sehr hübsche Gruiten Dorf und dann in den Wald, wo die Düssel fließt und der Hund schwimmen kann. Dann liefen wir und liefen und liefen und alles war wie bei jedem einzelnen Spaziergang, so ein Hund ist ja auch nix für Leute, die Abwechslung suchen, aber ich suche ja nie Abwechslung, deshalb ist das genau richtig, und dann kamen wir an einem Imker vorbei und wollten Honig kaufen. Wir kamen mit der Frau vom Imker ins Gespräch, sie machen das schon seit 1983, lernten alles über Oxalsäure versus Ameisensäure, mir wurde langweilig, vielleicht war es zuviel Abwechslung, wer weiß das schon, also ging ich mit Fiene ein paar Schritte den Hang hoch, oben auf dem Plateau standen die Bienenstöcke, derer viele. Dann sah uns der Imker, rief, wir sollten ruhig hochkommen, da wären schon andere Besucher, wir liefen hoch und dann fiel mir ein, dass ich ja mal nach einer Bienenattacke zwei Tage im Krankenhaus lag und wollte wieder gehen, der französische Imkergehilfe in voller Schutzmontur winkte Herrn H. zu sich, ich blieb mit Fiene 50 Meter weiter vorne am Ausgang stehen, Herr H ging Bienen gucken, der Hilfsimker machte alle Häuschen auf und puschelte rum und machte wilde Sachen, die anderen Leute und Herr H standen beeindruckt, aber angstfrei (Fehler!) daneben, dann hatten die Bienen keine Lust mehr auf Gepuschel, wurden böse, stachen erst dem einen Mann mehrfach in die Glatze, setzten sich auf das in dieser Situation zum Glück mehr als volle Haupthaar von Herrn H, der – anders als der gestochene Mann – so eben noch ruhig blieb, dann große Panik, fremder Mann und fremde Frau fuchtelten und schrien, die Bienen hatten dann *echt* keine Lust mehr und flogen über die Einflugschneise davon, da standen aber dummerweise Fiene und ich, und dann setzten sie sich auf den Hund und stachen. Wie oft, kann nicht genau rekonstruiert werden, aber sehr klar zu oft dafür, dass wir überhaupt nicht an der Situation beteiligt waren. Nun kenne ich meinen Hund wirklich sehr genau, und ich weiß, dass sie die größte Pussy vor dem Herrn ist, die schon vor Schmerzen schreit, wenn wir nur in die Straße einbiegen, wo der Tierarzt ist, der sie immer impft. Ich sah jedenfalls mindestens vier Bienen an einem Hinterbein, ein paar an dem anderen, eine saß vorne an der Schulter, die ich noch verscheuchte. Der Hund war sehr, sehr pussyhaft, wir flüchteten runter zu dem Häuschen, dort gab es von der Imkersfrau ein Leckerchen, und dann wurde noch ein bisschen bedröppelt geguckt und dann dachte ich, die Situation sei im Griff. Was mich ein bisschen irritierte, im Nachhinein auch etwas verstimmt, war der Imker, der dann auch runterkam und sagte: „Kommen Sie doch einfach im Frühling noch mal, dann sind die nicht so aggressiv.“ Nun gut. Wir haben also heute gelernt, dass die Bienen sich bereits auf den Winter vorbereiten und deshalb mit allem, was sie haben, ihre Vorräte verteidigen, und dass das einem Imker, der das seit 1983 macht, nicht die Botschaft vermittelt, dass man dann vielleicht nicht so dumme Städter mit zum Stock nimmt und da rumpuschelt, und das Allerwichtigste, was ich heute gelernt habe: Wenn Sie dann das Gefühl haben, dass Sie da gerne nicht Teil von sein wollen, weil Sie allergisch auf Bienenstiche reagieren und deshalb einfach nicht mitgehen und einen kletschnassen Hund bei sich führen: Erkundigen Sie sich unter allen Umständen nach der Einflugschneise. Niemand in der ganzen beschissenen Situation wurde so viel gestochen wie der Hund in der Einflugschneise.
Gut. Wie das nun mal so ist mit echten Hypochondern, ging ich erst mal davon aus, dass alles gut ist. War es auch. Wir liefen 6 Kilometer zurück, etwa 5 Kilometer war der Hund davon im Wasser und spielte. Auf dem letzten Kilometer fing sie sich dann an zu kratzen, als wir in Gruiten Dorf ankamen, bekam sie Pocken um die Augen, dann legte ich einen Zahn zu, und als wir 10 Minuten später am Auto waren, war der Hund vollkommen zugeschwollen und malade. So malade, dass ich zu Herrn H sagte: „Du bist noch nie in deinem Leben schnell Auto gefahren. Heute ist der Tag. Ich zahle alle Knöllchen und wenn der Führerschein weg ist, fahre ich dich ein Jahr lang überall hin.“
Dann kam ein zügig gefahrener Ritt zur Tierklinik, die praktischerweise zwar nur 5 Minuten von uns zuhause entfernt ist, aber 30 Minuten von Gruiten, ich saß auf dem Rücksitz und guckte, ob der Hund atmet, dann kamen wir an, sie brachten sie weg, kamen nach 10 Minuten wieder und teilten mit, Fiene würde beatmet und bräuchte eine Infusion, dann 30 Minuten warten, dann kam irgendwann der sehr bedröppelte Hund wieder raus, müsst allerdings noch eine Stunde beobachtet werden. Dazu könnte sie gerne in den Kofferraum, wenn sie das schön findet. Das fand sie schön, hyperventilierte dort aber so, dass ich sie doch wieder reinbrachte, dann war sie kurz wieder weg, dann war sie ruhiger, wir blieben, noch mit dem Zugang im Bein, 30 Minuten im Wartezimmer sitzen bzw. liegen, dann kamen irgendwann wieder Leute und checkten die Vitalfunktionen, wofür sich der Hund praktischerweise unterm Stuhl verkroch, und dann durften wir wieder fahren, weil wir ja nur 5 Minuten Anreise haben, dann kann sie auch hier liegen. Ich zahlte die Rechnung, wir fuhren nach Hause, der Hund fraß bereitwillig ein Rinderohr und schlief dann ein. Wir öffneten ein Glas Haaner Honig und tauften es – wenn man die Klinikkosten draufrechnet – Skifreizeit.
So war das. Die Info mit der Einflugschneise. Die war wichtig.