Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Laschet, sehr geehrte Frau Ministerin Gebauer,
Sie wollen mich also erpressen? Wirklich? Fantastisch. Ich spiele gern mit.
Ich nenne Ihnen kurz meine Spielregeln: Sie bauen sich ein schönes System, das einerseits grundverkehrt und brandgefährlich ist, das es Ihnen allerdings ermöglicht, sich mit den Wirtschaftsbossen weiterhin prima zu verstehen (Schulen auf, koste es, was es wolle), andererseits durch einen nur mittelgut funktionierenden „Schutzmechanismus“ die medizinische mit der sozialen „Verantwortung“ so zu verbinden, dass die Eltern, die nicht gut zurecht kommen, wenn die Kinder nicht in der Schule sind (und für die habe ich großes Verständnis) sich das alles hervorragend schönreden können. Wird ja getestet, die Kinder sind sicher.
Als Gegenleistung erwarte ich von Ihnen ein Schlupfloch, durch das ich meinen ureigensten Job, auf mein Kind aufpassen und es nicht in riskante Situationen bringen, machen kann. Denn natürlich können wir das jetzt nicht so machen, dass Sie sagen, die Kinder müssen bis zu einer Inzidenz von 4000 in die Schule, und ich mach das dann. Das sehe ich nicht passieren. Der kleine Umweg über die Testpflicht kam mir zugegebenermaßen sehr gelegen. Ich hätte ja auch lügen können, oder ein Attest besorgen, mein Kind hat eine kleine Schwachstelle, aber nein. So ist es viel besser. Ich halte mein Kind nämlich gar nicht zuhause wegen seiner Niere, so ein Quatsch, sondern weil es vollkommener Unsinn ist, Kinder bis zu einer Inzidenz von 200 in Präsenz zu unterrichten. Das müssen wir schon gut unterscheiden.
Naja, liebe Frau Gebauer, wenn ich Sie in ihrer Pressekonferenz und das Schreiben des Rektors unserer Schule richtig verstanden habe, und ja, hab ich schon, wird mein Kind dann jetzt zur Strafe nicht mehr beschult. Richtig? Weil – so antworten Sie auf die Frage der Journalisten – das theoretisch natürlich möglich sei, praktisch gebe es aber keinen Anspruch darauf. Das ist auch die Auslegung der Schule: Quarantäne wegen COVID -> Distanzunterricht, Absenz wegen Testverweigerung -> Ausschluss vom Unterricht. Das ist ein grobes Foul.
Ich möchte kurz in ein anderes Genre wechseln. Sie sind erschreckend arme Würstchen. Wenn Sie auch nur eine Sekunde lang denken, ich würde mich dann jetzt anders entscheiden, haben Sie sich aber geschnitten. Dann wird mein Kind halt nicht beschult. Das ist Ihre Entscheidung, nicht meine. Und da ich ja Mathe kann, wissen wir, dass wir in Düsseldorf auch maximal von zwei Wochen sprechen. Aber.
Diese Erpressung ist hinterhältig und verachtenswert. Alle Kinder, denen das komplett Alleinelernen schwerfällt, werden so entweder abgehängt, leiden und sind verzweifelt und massiv überfordert, oder die Eltern knicken ein und schicken wider besseren Wissens ihre Kinder doch, weil sie ohne Beschulung Angst vor Nichtversetzung haben. Das haben Sie schlau gemacht. Wissen Sie, wer genau so entscheidet? Tesla, wenn sie nur eine Batterie bauen und die in der Hälfte der Fälle dann absichtlich drosseln.
Sie KÖNNEN Distanzunterricht anbieten, das tun die Schulen nämlich parallel auch für die Quarantäne Kinder. Dass Sie es in 13 Monaten nicht geschafft haben, ein Konzept für diesen Fall zu entwerfen, das etwas weiter über den Tellerrand hinausdenkt als „Bio in der 6b macht Herr Müller“, das ist tragisch. Die Aufgabe ist für Fachleute erstaunlich niederkomplex. Dass Sie sich entscheiden, diese Konzeptlücke dadurch zu schließen, dass sie all die Eltern, die das tun wollen, was Christian Drosten, Sandra Ciesek, Karl Lauterbach und nicht zuletzt Lothar Wieler lautstark fordern, in die Situation bringen, dass sie sich entscheiden müssen, ob sie lieber die Gesundheit ihrer Kinder gefährden oder die Chance, schulisch den Anschluss zu halten, macht Sie zu verachtenswerten, kleinen Menschen.
Aber Sie wollen das so machen? Gut. Wir machen das so. Mein Kind bleibt zuhause, ich erlaube keine Tests. Dann halt kein Unterricht. So. Sie sind am Zug.
Und wissen Sie, was ich mir wünschen würde? Auch wenn ich weiß, dass aus vielen verschiedenen Gründen das so nicht sein wird? Ich würde mir und vor allem Ihnen wünschen, dass all die Eltern, die Präsenz bei Inzidenz 199 Mist finden, sich so entscheiden wie ich jetzt. Dann wäre es nämlich auch schon wieder ganz einfach. Wenn die Hälfte der Kinder nicht beschult wird, hahahahaha, ich denke es gerade zuende, möchte aber nicht spoilern. Doch. Ein bisschen spoilere ich doch: Es würde genau zwei Wochen dauern, bis Sie zurückrudern müssten und es natürlich sehr wohl ein Hybridmodell geben würde, selbst, wenn es ja scheinbar dafür kein Konzept gibt. Darum wünsche ich Ihnen das. Damit Sie die Quittung dafür kriegen, dass Sie Eltern erpressen und zu zwingen versuchen, ihre Kinder einer Situation auszusetzen, von der jeder laut denkende Mediziner außer Habdennamenvergessen sagt, sie sei extrem gefährlich.
Und die zweite Hälfte meines Wunsches besprechen wir bei der nächsten Wahl.
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Nachtrag. Vielleicht erinnern Sie sich, dass ich mich ja vor ziemlich genau einem Jahr schon einmal sehr echauffiert habe. Nur noch mal kurz zur Auffrischung des Gedächtnisses.