So gestalte ich neuerdings mein Leben, heute ist der 13. Januar und ich bin vorsatztechnisch noch voll im Plan. Die Arbeit läuft nach wie vor gut, ich habe mir alle Außenwirkungstermine auf morgen gelegt, dann muss ich mich nur einmal ganz schlimm anstrengen und dann ist schon Freitag. Kind macht brav alles selber und hält sich vornehm im Hintergrund, um niemandem die Frage zu entlocken, wie viele Endgeräte es gerade mit in seinem Zimmer hat, ich ertüchtige mich körperlich ganz brav, bin heute schon bei fast 25.000 Schritten, das Bein hält aber noch, eben war ich im Supermarkt (yay, und ich war sehr liebevoll gekleidet!) und habe mir eine Gesichtsmaske gekauft, und insgesamt mache ich jetzt bis zur postpandemischen Neunormalität nur noch Sachen, die gut für mich sind. Ich mache auch Pläne, das machen übrigens alle drei gerade, und sie sehen sehr ähnlich aus. Ich zum Beispiel werde in Urlaub fahren. Nach Undeloh. Das klingt albern, wird aber super, und ich kann die Fahrt sogar mit einem beruflichen Termin verbinden. Ich wollte vor dem Lockdown gerne nach Undeloh fahren, jetzt fahre ich nach dem Lockdown. Und da werde ich alleine sein. Und das finden alle in diesem Haushalt lebenden Menschen gut. Mann und Kind werden an die Mosel fahren, wahrscheinlich werde ich auch noch mal mit Kind und Hund an die Mosel fahren, insgesamt wird einfach sehr viel rumgefahren, und das ist toll. Wir sitzen quasi abends beim Essen und freuen uns darauf, mal für einen Moment räumlich getrennt zu sein, und das macht es auch schon wieder schön. Die größte Absurdität 2020 war für mich ja Weihnachten, die Zeit, in der Menschen wie ich, die im Normalleben sehr wenig Zeit zuhause verbringen, ganz besinnlich werden, sich dicke Socken anziehen und Zeit „mit den Liebsten zuhause“ verbringen. Wenn man bereits 10 Monate Zeit mit den Liebsten zuhause verbracht hat, stellt sich die Besinnlichkeit bei mir nicht so ein. Ich hätte deutlich besser alleine in Undeloh Weihnachten gefeiert und hätte mich ganz bestimmt anschließend auf Zuhause auch wieder gefreut.
Das Konzept des Befindlichkeitsbloggens habe ich mir neulich von einem Bloggerkollegen erklären lassen, und als jemand, der so sozialisiert ist, dass man immer super performt und nie klagt, war das ja eigentlich nix für mich. Ich muss jetzt aber feststellen: Es ist sehr erfrischend, auch mal zu sagen, wenn es gerade nicht so gut geht. Kannte ich nicht. Sehe ich im Internet aber jetzt allerorts, und auch wenn ich wirklich weit davon entfernt bin, mich über das Leid Anderer zu freuen, stimmt es mich meinem eigenen Leid gegenüber ein wenig milde zu sehen, dass auch andere Leute in den Seilen hängen. Wir hängen jetzt ein wenig gemeinsam, hören uns dabei gegenseitig zu, akzeptieren, dass Menschen hin und wieder irrational sind oder sich selbst eine Pause verordnen, die sie dann nicht einhalten, dann werden wir geimpft, und dann wird die Welt wieder besser und ich fahre nach Undeloh. Dann muss ich hier und auf Twitter auch nicht mehr konstant heulen, das wird super, ich freue mich jetzt schon auf das neue, postpandemische Ich. Ich nerve Sie? Naja, das ist dann halt so. Dazu kann ich sagen, dass ich am allermeisten mich selber nerve, und das ist für mich das größere Thema, als wenn ich Sie nerve. Bei Anderen gehe ich ja immer defaultmäßig davon aus, dass ich sie anstrengend finde, an mich selber habe ich hohe Ansprüche. Und das ist, was Corona mit mir macht: Ich muss mich damit abfinden, dass ich doof bin und das Internet super. Gut, dass es einen Impfstoff gibt.
Creep (kann man nicht oft genug wählen)