Mein Mann und ich haben vor langer Zeit aufgehört, uns Dinge zu schenken, da wir keine Treffer erzielen konnten und es auch nicht wichtig war. Ich brauchte keinen weiteren Akkuschrauber, auch Schwimmkerzen finden noch immer keinen Platz in meinem Leben, er erlaubt kein Plastik, aber auch keine Schneidebrettchen, die aus sehr hübschen aber aus einem komplett unbekannten Grund anscheinend unökologischem Holz sind und deshalb noch am gleichen Abend im Müll landen, lesen tut er auch nicht, es ist einfach insgesamt zu anstrengend.
Dieses Jahr war alles einfach. Ich hatte zum Lockdownbeginn natürlich kein eines Geschenk, daher mussten Themengebiete besorgt werden um die Versandlogistik zu schonen. Da die Umstellung auf feste Seife noch in diesem Jahr final abgeschlossen werden muss und Ona gleichsam komplizierte und konkrete Ideen hatte, womit er zukünftig duscht („Zimtseife wäre toll“), orderte ich komplizierte Seife und kam zu dem Entschluss, dass ich dem Gatten ja auch ein paar mitbestellen könnte. Dann passierte vermutlich irgendwas mit Flurfunk („die Mama hat ein Geschenk für dich“), und so kam es, dass er Heiligmittag zwei Stunden unabgemeldet in seinem Gartenhaus verschwand und wir uns ungeplant abends gegenseitig was schenkten (offensichtlich hat er heimlich die letzte Podcastfolge gehört und entschied sich spontan für ein Eventgeschenk).
Das erklärt natürlich auch, warum ich mir zu Weihnachten einfach selber was schenke. Ich werde nicht reichlich bedacht, möchte mich aber auch freuen, und keine weiß so gut, worüber ich mich freue, wie ich selber.
Ich muss jedenfalls ein wenig ausholen, um die Relevanz meines Weihnachtsgeschenks 2020 erklären zu können. Es ist ja bekannt, dass ich sehr für das Theater brenne. Das ist auch schon immer so gewesen, und die Evolutionsbiologie hat es ja so eingerichtet, dass man sich gerade zu Beginn einer Beziehung ganz besonders für die Themen der anderen Person interessiert, in diesem Fall also Literatur und Theater. Wir gingen drei Jahre lang bei allen sich bietenden Gelegenheiten ins Theater, wann immer ich etwas Interessantes fand, fragte ich kurz nach, „sollen wir da hingehen?“ – „Ja, super, toll, hurra, auf JEDEN Fall möchte ich die Dreigroschenoper in der 4 Stunden Version sehen“ und schon saßen wir in Reihe 1.
Auf wundersame Weise begab es sich aber, dass in der Sekunde, in der ich einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt, der Mann beschloss, dass er in diesem Leben nie mehr ein Theater von innen sehen möchte. Ich erzählte von Ildiko von Kürthy, gut, die Veranstaltung war wirklich schlecht, aber mich hochschwanger dort hinzukarren um dann vor der Tür zu sagen „och, geh doch lieber mit der mittelgeschätzten Schwägerin“ war gleichsam unelegant wie richtungsweisend. Dieses Kapitel haben wir vor 12 Jahren abgeschlossen, die Geschenke eventuell vor 10 oder 9.
Gestern schenkte mein Mann mir einen Gutschein für zwei Karten fürs Schauspielhaus. Postpandemisch. Verstanden habe ich das erst nicht, denn weder schenken wir uns etwas, noch gehen wir gemeinsam ins Schauspielhaus. So war es aber auch nicht gemeint. Ich soll mit jemandem ins Schauspielhaus gehen, mit dem ich ins Schauspielhaus gehen möchte. Und wenn ich niemanden finde, geht er zur Not mit mir. Fast poetisch.
Ich hab aber jemanden gefunden. Ich biete des Künstlers Frau die Gelegenheit, das einst von mir geschenkte Krimidinner zu tauschen gegen Krimi plus Dinner.
All I want for Christmas is my two front teeth