28.04.2023

Ich kam soeben aus dem Theater, und zwar in ungefähr der umgekehrten Stimmung im Vergleich zu Dienstag. Während ich Dienstag nämlich noch dachte, dass ich mal recherchieren müsse, wie man Souffleuse wird, die ganze Existenz hinter mir lassen und ein neues Leben als Souffleuse am Düsseldorfer Schauspielhaus müsste, saß ich heute ganz hinten, also sehr weit entfernt von meiner Lieblingssouffleuse, die auch promt dreimal einspringen musste, und dann habe ich Minuten gezählt. Ein bisschen habe ich auch geschlafen, allerdings ist meinem Begleiter das aufgefallen, dann habe ich mich wieder wach gemacht, das war aber falsch, zwei Stunden ohne Pause, und wenn man in Minute fünf schon ahnt, dass das nix mit mir und dem Stück oder der Inszenierung, ich weiß gar nicht genau, woran es lag, wird, dann ist schlafen eigentlich die bessere Variante. Regelmäßig muss ja der Teenager mit, und wenn er es gar nicht aushält – Gott von Ferdinand von Schirach war so ein Fall, wo er eigentlich nur weg wollte – darf er heimlich einen Podcast hören. Bitte nicht weitererzählen.

Jedenfalls ist es jetzt geschafft, ich möchte nicht mehr Souffleuse werden, was sicherlich einfacher ist, als die jetzige Berufstätigkeit abzuwickeln, und ich gehe ins Bett, morgen muss der Garten konfirmationsfein gemacht werden, die Nachbarn machen mit, danach wird angegrillt. Vorher noch ein bisschen lesen, was das Internet so hergibt.

Frau N schrieb eben über ein Thema, zu dem ich auch viel zu sagen habe, daher kapere ich das Thema kurz. Kündigungen. Kenne ich aus beiden Perspektiven, als diejenige, die kündigt (intransitiv), und diejenige, die kündigt (transitiv). Zur transitiven Kündigung schließe ich mich vollumfänglich an, es gibt keinen guten Weg, jemandem die Existenz zu nehmen, ich habe dem nichts hinzuzufügen. Zur intransitiven Kündigung vertrete ich zumindest für mich eine sehr andere Meinung. Ich habe zweimal gekündigt und die Kündigung anschließend zurückgenommen. In beiden Fällen war das falsch. Allerdings war in beiden Fällen auch der Grund, dass ich mit Strukturen/Umständen im Unternehmen so unzufrieden war, dass ich einfach nicht mehr dort arbeiten wollte. Beim ersten Mal war das Unternehmen klug und schickte mir den Gesellschafter, den ich wirklich gerne mochte und der in allen Belangen das Gegenteil von dem vertrat, was ich dort hasste, um mich zu überreden. Es ging gar nicht um Geld, es ging um Aufgaben, Inhalte, Menschen, und dann hörte man sich all meine Punkte an, die ich vorab schon sehr oft angeprangert hatte, und reagierte angemessen, also blieb ich. Ich stellte aber recht schnell an mir selber fest, dass mit dem Kündigungsschreiben auf dem Tisch in mir selber etwas passiert war, das ich nicht mehr zurückdrehen konnte. Ich hatte für mich selber entschieden, dass ich einfach gehen könnte, und bei jeder angestrengten Situation, wenn wieder Dinge in dem Laden schlecht liefen (und we’re talking really schlecht), dachte ich als erstes „oder ich kündige“. Irgendwann verließ der Gesellschafter, den ich so mochte, aus den gleichen Gründen, die mir querlagen, das Unternehmen, und dann dauerte es noch etwa eine Woche, bis ich kündigte.

Das zweite Mal war ich in einer deutlich exponierteren Position, die Gründe, aus denen ich kündigte, waren aber auch deutlich schwerwiegender. Ich konnte mich mit geschäftlichen Entscheidungen des Mutterhauses zu einem Grad nicht mehr identifizieren, dass ich zu dem Ergebnis kam, dass ich lieber mittellos morgens in den Spiegel gucke, als als Rad in einem System, das ich nicht mittragen kann. Ich habe dieses Mal länger gewartet, weil ich wusste, dass ich nicht zurückrudern könnte, irgendwann reichte ich die Kündigung ein, und dann kamen Menschen mit dem Flugzeug und Geld, und ich nahm die Kündigung zurück. Falscher Grund, wie ich jetzt weiß. Ich habe danach noch fast ein Jahr ausgehalten, aber die Gründe waren ja nicht weg, im Gegenteil, ich bekam nur viel mehr Geld für meine Bauchschmerzen. Der Grund, warum ich am Ende ging, hatte auch mit Kündigungen zu tun, viele Menschen wurden aus allen falschen Gründen entlassen, viele Gespräche übernahm ich, am nächsten Tag entließ ich mich selbst. Dieses Mal war die Reaktion noch erratischer, Menschen kamen aus den USA mit dem Flugzeug. Um mit mir (und der Kollegin auf der gleichen Ebene, die auch gekündigt hatte) zu sprechen. Die Person, die eingeflogen kam, hatte sehr viel Entscheidungsspielraum, mir war aber klar, dass nichts auf der Welt mich zum Bleiben bewegen könnte. Ich eröffnete das Gespräch im Restaurant mit „If you want to talk money, I’ll get up and leave right away.“ Das Angebot kam noch, aber naja, der Rest ist Geschichte.

Ich glaube nicht, dass das universell ist, aber für mich ist die Rücknahme einer Kündigung keine Option. Im Moment kann ich ja auch gar nicht kündigen, ich bin meine eigene Arbeitgeberin, und somit wäre das ja für beide Seiten wirklich doof. Sollte ich irgendwann mal das Bedürfnis verspüren, mich noch mal irgendwo anstellen zu lassen, ist jedoch klar. Third time’s the charm – nicht für Kündigungen.

2 Gedanken zu „28.04.2023“

  1. Wir sprechen aus unterschiedlichen Sichtweisen. Du sagst aus Arbeitnehmerinnensicht, dass es die falsche Entscheidung war, die Kündigung zurückzunehmen. Aus Arbeitgeberinnensicht hat es mir aber Zeit verschafft und dadurch meinen Handlungsspielraum erweitert.

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