27.11.2023

Herr H. ist heute Morgen um 5 Uhr zu einer Dienstreise aufgebrochen. Ich möchte an dieser Stelle kurz schildern, wie ich mich verhalte, wenn ich morgens um 5 Uhr zu einer Dienstreise aufbreche, was in unserer gemeinsamen Zeit sehr oft vorgekommen ist:

Am Vortag packe ich meinen Koffer, und zwar so, dass er dann fertig gepackt ist. Er steht dann neben der Haustür, oben drauf liegt meine Hand- und Laptoptasche, darin sind alle unterlagen, Tickets, Karten, was auch immer ich benötige, natürlich alles zwanghaft doppelt geprüft, ich lerne ja am besten aus Fehlern, und erst neulich stand ich ja ohne Ausweis am Flughafen, das kann mir also vermutlich nie mehr passieren. Die Kleidung, die ich morgens anziehe, lege ich bereits raus, ich weiß ja schon, was ich anziehe, und ich habe keine Lust, das morgens um 5 alles zusammensuchen zu müssen. Während ich das mache, stelle ich mir immer kurz vor, wie es wäre, wenn ich ein Mensch wäre, der sich jeden Abend die Kleidung für den nächsten Tag rauslegt, und komme immer zu dem Entschluss, dass das meinem Leben keinerlei Komfort zufügen würde, ich lege Kleidung nur vorher raus, wenn ich sie morgens um 5 Uhr anziehen muss. Schuhe stehen auch im Flur, im Badezimmer steht ja eh immer alles da, wo ich es brauche, genauso wie in der Küche, da muss nichts vorbereitet werden. Wenn ich also um 5 Uhr das Haus verlassen muss, klingelt mein Wecker, ich stehe auf, wanke in die Küche, mache schnell einen doppelten Espresso, gehe dann ins Bad, dusche, ziehe die rausgelegte Kleidung an, föne meine Haare und male mein Gesicht an, dann zack Schuhe, Koffer und Taschen stehen ja schon an der Tür, und dann kommt schon das Taxi oder wie auch immer der weitere Verlauf geregelt ist.

Wenn Herr H. morgens um 5 das Haus verlassen muss, werde ich um 4.30 Uhr wach, weil im Wintergarten, der sich auf der anderen Seite des Hauses befindet, Koffer hin- und hergeschichtet werden, dann rollt ein Rollkoffer durchs Wohnzimmer, stößt gegen jeden Türrahmen, der sich auf der Strecke befindet, bei jeden RUMMS wird geflucht, aber betont leise, dann fällt im Wohnzimmer der Keramik-Zahnputzbecher runter, dann werden alle Schranktüren 40 Mal geöffnet und geschlossen, wenn dann irgendein Kleidungsstück nicht gefunden wird, wird wieder sehr leise geflucht, dann Schuhe an, dann mit Schuhen noch 40 mal durchs Wohnzimmer stöckeln, dabei am Türrahmen stoßen, fluchen, dann Tür zum Wintergarten wieder zu, RUMMS, leise fluchen, dann wieder stöckeln durchs Wohnzimmer und raus aus der Wohnung, oh, Tür aus Versehen sehr laut zugefallen, fluchen, und dann kommt das Taxi.

Ich dachte kurz, er möchte noch kernsanieren, habe aber nichts gesagt, weil a) wir ein sehr reich gefülltes Wochenende hatten, was eventuell dazu führte, dass er gestern abend zu müde zum Packen war, und b) ich mir sicher bin, dass er viel viel leiser gewesen wäre, wenn er nicht versucht hätte, leise zu sein. Mittags schrieb er traurig, er hätte sich so auf das Konferenzbuffet gefreut, weil er so viel Hunger hatte, und dann gab es Kürbissuppe und halbe Minibagels, und er traute sich nicht, *sehr* viele Minibagels zu nehmen, also hatte er den ganzen Tag Hunger. Ich war hingegen den ganzen Tag müde. So ist es halt manchmal.

2 Gedanken zu „27.11.2023“

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