21.03.2022

Man darf ja nie Sachen aufschreiben, wenn man Sachen aufschreibt, sind sie sofort kaputt, ich habe das auf die harte Tour mit dem Satz „also mein Kind macht das nie“ gelernt und würde überhaupt nie mehr irgendetwas sagen oder gar aufschreiben, was gut ist. Gestern schrieb ich ja, dass ich nie mehr irgendetwas Neues kaufen muss, weil ich ja immer das gleiche Zeug kaufe, da wusste ich aber noch nicht, dass ich zu einem Ball gehe und ja, die Max Mara Wollpullis sind wirklich fantastisch, aber so komme ich nicht am Türsteher vorbei.

Also habe ich jetzt noch grob gerechnet fünf Wochen, um 20 Probleme zu lösen, die dann im Nachhinein vielleicht einfach final erledigt sind, andererseits weiß man ja von Angela Merkel, wie hinter ihrem Rücken in Bayreuth geflüstert wurde, wenn sie schon wieder das gleiche Kleid anhatte. Ich fühle alles, was Angela Merkel fühlte. Ich bin ja eigentlich genau gleich. Sie hatte eine Hose mal 20, ich habe eine Hose mal 20, sie hatte einen Blazer mal 50, ich habe einen Pulli. Und nein. Nicht mal 50, aber oft. Ich bin mir sicher, dass Merkel sehr selten morgens überlegt hat, was sie anzieht, so wie ich nie morgens überlege, was ich anziehe, weil ich alles gut finde und alles zueinander passt. Als Merkel dann ein Ballkleid für Bayreuth kaufen musste, wird sie ordentlich geflucht haben, und als dann noch alle flüsterten, dass das Dekollete zu tief sei, wird sie sich bestimmt geärgert haben, und dann musste sie *schon wieder* ein neues Kleid kaufen, und ja. Das verstehe ich. Nochmal macht man das dann auch nicht mehr.

Ich habe ja noch nicht mal das erste Kleid gekauft, und ich habe voller Selbstbewusstsein keine Angst vor Dekollete, ich könnte das Oktoberfest komplett alleine bespielen. Stillen konnte ich lustigerweise nicht, ich weiß nicht, was die Natur sich da ausgedacht hat. Aber alles, was ich in den letzten 24 Stunden gesehen habe, hat mich nicht begeistert. Ob des Dekolletes gibt es Abstriche in der Kleiderauswahl, vieles muss ich nicht bestellen, ich weiß nämlich bereits, dass ich den Reißverschluss nur bis Hälfte Rücken zu kriege. Und dann bleiben die Sachen, in denen man aussieht wie ein Baiser. Ich werde niemals irgendwo hingehen, aussehend wie ein Baiser. Das letzte Mal war ich in einer so misslichen Lage, als ich mir überlegt hatte, mich gemeinsam steuerlich veranlagen zu lassen, und da brauchte ich auch irgendwas, aber immerhin waren nur ich und Gott an entscheidender Position, und ich habe den Kompromiss gemacht, mal nix Schwarzes zu tragen, aber so einen Baiser sah ich natürlich auch nicht, also gab es einen Gehrock über einem gleichen Etuikleid, ich erinnere mich an den Gedanken „und nach der Hochzeit lasse ich das umfärben, das kann man ja sehr gut noch weiter tragen“. Nicht passiert, natürlich. Jetzt ist aber Black Tie, also muss bodenlang her, und ich habe bislang nichts gefunden, das ich mir vorstellen könnte. Also werde ich umschwenken. Ich habe so einen festlichen Strampelanzug bestellt, der ist natürlich auch bodenlang, und mit ein bisschen Glück fällt das am Eingang gar nicht auf, dass es zwei Hosenbeine gibt.

Die größte Frage ist natürlich, was man untenrum macht. Und das hat eben schon sehr geschmerzt. Absätze waren ein Jahrzehnt lang ja nicht wirklich etwas, worüber ich jemals nachgedacht hätte, das ist nun aber anders. Strampelanzug mit Hacken wäre super, aber die halbe Nacht laufen auf Hacken ist eher nicht mehr abbildbar. Mal sehen. Momentan spekuliere ich auf die halbe Höhe, wie so eine alte Frau. Dafür aber mit Glitzer. Und Tanzen ist eh nicht. Das können andere Leute machen.